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Eike Müller: "Im europäischen Goldmarkt gibt es momentan eine Kaufzurückhaltung."

Eike Geriet Müller, Diplom Kaufmann und Leiter des Goldhandels in der Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG, hat Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing studiert. Nach einem Studentenjob bei Künker fragte er im Frühjahr 2001 an, ob er sich etwas Geld für eine längere Reise nach dem Examen verdienen könne. Das konnte er. Damals wurde gerade die Restitution von Goldmünzen vorbereitet, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Münzkabinett Gotha entwendet wurden. Die Broschüre, die Eike Müller dazu erstellte, hat im Haus großen Anklang gefunden. Fritz Rudolf Künker stellte ihn ein. Müller baute die Marketing-Abteilung der Firma auf, erstellte eine Firmenbroschüre, vereinheitlichte die Anzeigen. Für die Goldabteilung sprach er Kunden an, die bei Auktionen leer ausgegangen waren und unterbreitete Ihnen aus den Lagerbeständen der Firma heraus ein speziell auf Ihr Sammelgebiet zugeschnittenes Angebot. So wechselte er in den Goldhandel, der damals lediglich aus vier Personen bestand. Ihm fiel auf, dass einige moderne Anlagemünzen schon eine Geschichte haben. Ein Krügerrand der ersten Prägejahre etwa wird heute zu deutlich höheren Preisen gehandelt als ein später ausgegebener, der in einer höheren Auflage erschien. Dasselbe trifft auf einige chinesische Anlagemünzen zu, die schon nach kurzer Zeit als Raritäten galten. Indem er derartige Trends im Handumdrehen erkannte, erschloss Müller der Firma einen neuen Sammlermarkt und machte sich einen Namen. Im Jahr 2014 übernahm er schließlich von Horst-Rüdiger Künker die Leitung des Goldhandels.


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Eike Müller (links) mit Horst-Rüdiger Künker

Bildquelle: Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG


Münzen-Online: Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte im Goldhandel?


Eike Müller: Der Goldhandel erwirtschaftet etwa die Hälfte des Unternehmensumsatzes in unserem Haus. Davon deckt reine Bullionware, also der Handel mit Barren und klassischen Anlagemünzen, rund ein Viertel des Umsatzes im Goldhandel ab. Wir möchten aber nicht als reiner Bullionhändler wahrgenommen werden. Ein wichtiger Bereich ist der Handel mit Numismatik und Halbnumismatik, der Schnittmenge zu den Bullionmünzen. Viele dieser historischen Goldmünzen sind auch für den Anlagezweck geeignet, da sie in großen Mengen geprägt wurden und auch nah am Goldpreis gehandelt werden. Aber auch der Handel mit den Sammlermünzen spielt eine wichtige Rolle. Der Übergang ist da fließend. Wir bieten als Großhändler im B2B Bereich ein breites Spektrum dieser Münzen in Gold, aber auch in Silber an. Daneben bedienen wir unsere Kunden im B2C Bereich erfolgreich über unseren Onlineshop. Was früher in unseren Lagerlisten angeboten wurde, findet heute im Online-Shop seinen Platz. Hier finden alle Kunden, die nicht an einer Auktion teilnehmen möchten, ein umfangreiches Angebot von der Antike bis zur Neuzeit. Das Online-Geschäft ist auch der Bereich, in dem ich in Zukunft noch viel Potential sehe.


Münzen-Online: Unter den numismatischen Angeboten im Online-Shop sehe ich selten einen Hamburger Dukaten. Woran liegt das?


Eike Müller: Wir versuchen unsere Online-Angebot möglichst breit und interessant zu halten. Dennoch können Sie nicht das gesamte Spektrum der Numismatik in so einem Shop anbieten. Die Ware muss ja verfügbar sein und die Erhaltung muss passen. Oft sind solch beliebte Stücke auch durch den Großhandel vergriffen, z.B. wenn Münzen für besondere Anlässe oder auch Firmenjubiläen abgefragt werden.


Münzen-Online: Wie muss man sich einen Ankauf bei Ihnen vorstellen? Nehmen Sie die ganze Sammlung oder ist das selbst für Sie ein bisschen zu viel?


Eike Müller: Grundsätzlich versuchen wir den Kunden eine Gesamtlösung anzubieten. Oft beinhalten große Sammlungen eine Kernsammlung, die ihren Weg in die Auktion findet. Daneben gibt es dann häufig historische Münzen in Gold oder Silber, die für eine Auktion nicht geeignet sind. Hier machen wir den Kunden ein attraktives Direktangebot, wie auch für die Bullion Münzen oder Barren, die wir zum aktuellen Tagespreis ankaufen. Es liegt nicht im Interesse des Kunden, nur die hochwertigen Teile der Sammlung zu verkaufen. So ist auch der Goldhandel neben dem Auktionsgeschäft entstanden.


Münzen-Online: Wie wirkt sich der hohe Goldpreis auf das Kaufverhalten aus?


Eike Müller: Der hohe Goldpreis hat natürlich erheblichen Einfluss auf die Umsätze in unserem Unternehmen. Ein gewisser Teil der Steigerung ist sicherlich auf den reinen Preisanstieg zurückzuführen. Daneben gibt es spürbare Auswirkungen auf das Kauf- und Verkaufsverhalten der Kunden. Wir werden zur Zeit mit einer Fülle an Verkaufsanfragen konfrontiert. Kunden, die alte Bestände oder Geerbtes bei dem hohen Kurs zu Geld machen möchten. Auf der Käuferseite sehen wir kursbedingt zur Zeit eine gewisse Zurückhaltung, besonders bei Neuanlegern. Dennoch wird Gold immer noch als „sicherer Hafen“ gesehen, gerade bei derzeitigen Problemen wie der geopolitischen Lage und der Inflations- und Zinsentwicklung. Wir bedienen beide Seiten, daher ist das Geschäft in den letzten zwei Jahren sehr erfolgreich verlaufen.

 

Münzen-Online: Wie läuft ein normaler Arbeitstag bei Ihnen? Was sind die Schwerpunkte?


Eike Müller: Ganz einfach, Ankauf und Verkauf! Herr Künker ist eher telefonisch unterwegs. Er telefoniert sehr viel mit den Kunden. Ich kommuniziere eher per e-Mail, mit einigen Händlern auch per WhatsApp. Wir erstellen mit unserem Team Angebote und wickeln auch die Ankäufe ab. Es ist weniger so, dass wir zu den Kunden fahren und Münzen vor Ort ankaufen. Dies passiert heute überwiegend per Wertelogistik oder individuellen Abholungen. Wir schauen uns die Sachen dann hier vor Ort an. Da haben wir auch die gesamte Prüftechnik wie RFA usw. zur Verfügung, die manchmal nötig ist. Und es ist für jeden Bereich der Numismatik ein Experte vertreten. Daneben sind zwei Kollegen für uns im nord- und süddeutschen Raum unterwegs, die direkten Kontakt zu Händlern halten und unsere Kunden mit großen Sammlungen besuchen, wenn sie Rat bei Einlieferung oder Verkauf benötigen. Wir sind natürlich auch auf vielen Messen unterwegs, auf den großen immer auch mit einem eigenen Messestand. Eines der größten Events im Jahr ist sicherlich die World Money Fair in Berlin. Neben der weltgrößten Münzenmesse findet dort im Hotel Estrel auch eine unserer wichtigsten Auktionen im Jahr statt.


Münzen-Online: Gibt es Fälle, in denen unklar ist, ob eine Münze in die Auktion gehen sollte oder besser über einen Direktankauf vergütet wird?


Eike Müller: In den meisten Fällen nicht. In der Auktion zahlt der Einlieferer eine Provision, die ihm vom Zuschlag abgezogen wird. Die liegt bei ca. 20%. Der Käufer zahlt hingegen ein Aufgeld auf seinen Zuschlag, je nach Bereich 15-25%. Da wird schnell klar, dass ein Krügerrand oder auch ein 20-Mark-Stück von Wilhelm II. in Uniform nicht für die Auktion geeignet ist. Der Kunde bekäme deutlich weniger ausgezahlt als im direkten Verkauf. Kunden meinen oft, sie bekommen in der Auktion mehr für Ihre Münzen. Da müssen wir sie dann in einem Beratungsgespräch auf die Besonderheiten hinweisen. Es gibt Münzen, die aufgrund von Erhaltung oder Seltenheit und Auktionsaufkommen preislich schwer einschätzbar sind. Hier wäre ein vorsichtiger Ankaufspreis wahrscheinlich, wenn der Kunde darauf bestünde. Wir raten hier in der Regel zur Einlieferung. Letztlich schauen wir uns also jedes Objekt unserer Kunden genau an und entscheiden gemeinsam den besten Vermarktungsweg für seine Münzen.


Das Interview führte Dietmar Kreutzer


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