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Die vier Währungen des Salomon Oppenheim

Als die französischen Truppen Anfang Oktober 1794 in Richtung Köln vorrückten, spielten sich in Bonn, der Residenzstadt des Kurfürsten Max Franz, dramatische Szenen ab. Der Fürstbischof ließ eiligst zur Flucht rüsten. Zahlreiche Fuhrwerke erwarteten ihn auf der Bonn gegenüber liegenden Rheinseite. Die Schätze sollten dagegen zu Wasser abtransportiert werden:

„Die große Masse der Effekten, die Silberkammer, die kostbaren Möbel aus den Schlössern, die Bibliothek, ein Teil des Naturalienkabinetts, der Vorrat an Weinen usw., wurde auf Schiffe verladen und zu Wasser nach Ruhrort oder Niederwesel verbracht, von wo sie dann zu Lande weiter teils nach Münster, teils nach dem Herzogtum Westfalen, teils nach dem Vest Recklinghausen geführt wurde.“ (1)

Vor seiner eigenen Abreise kehrte Max Franz noch einmal von seinem Zwischenquartier ins Schloss zurück, um sämtliche Kassen zu kontrollieren:

„Max Franz fand tatsächlich im letzten Augenblick 13.000 Reichstaler, die man in der Aufregung vergessen hatte.“ (2)

Seine Flucht führte ihn über Dorsten, Mergentheim, Leipzig, Frankfurt/Main, Ellingen bis nach Wien. Er sollte nie wieder zurückkehren. Im Juli 1801 starb der von den Habsburgern abstammende Fürst in Hetzendorf bei Wien.


Konventionstaler (Jülich-Berg, 1774, 833er Silber, 28,1 Gramm, 40 mm)

– Bildquelle: Münzzentrum Rheinland, Auktion 188, Los 3278.


Zur gleichen Zeit verlegte ein junger Mann namens Salomon Oppenheim jun. den Geschäftssitz seiner wenige Jahre zuvor gegründeten Firma nach Köln. Ohne den Kurfürsten hatte er mit seinem Kommissions- und Wechselhaus seiner Heimatstadt Bonn nicht mehr viel zu tun. Der Bankier war vor allem im Getreide- und Produktenhandel sowie im Wechsel- und Kreditgeschäft tätig. Die Geschäfte in Köln entwickelten sich zunächst nicht besonders gut. Bisher hatte der Reichstaler in Kurköln als Recheneinheit gegolten und der Konventionstaler als geprägte Münze. Seit der Fürstbischof von Köln keine eigenen Münzen mehr prägte, waren vor allem die Münzen der benachbarten Herzogtümer Jülich und Berg umgelaufen. Die Franzosen brachten die sogenannten Assignaten mit, also Papiergeld, das sich schnell entwertete. Erst mit der Einführung des Franc stabilisierte sich das Geschäft in dem zeitweise zu Frankreich gehörenden Köln. Im Jahr 1802 begann Salomon Oppenheim in Großvorhaben zu investieren:

„Bereits damals beteiligte sich sein Haus an der Finanzierung Kölner Infrastrukturprojekte, nämlich dem Bau des Freihafens und des Sicherheitshafens im Kölner Norden, in dem Schiffe im Winter bei Eisgang Schutz fanden.“ (3)

Salomon Oppenheim junior (1772-1828) – Bildquelle: Wikimedia, Weber.


Im Jahr 1809 war der Kaufmann in der Lage, in Köln ein Stadtpalais mit Möbeln für 27.000 Francs zu erwerben. Ein Jahr später wurde das Haus Oppenheim mit einem Eigenkapital von einer Million Francs an zweiter Stelle unter den Kölner Bankhäusern geführt. Ein preußischer Taler hatte einen Wechselkurs von 3,54 Francs.


Assignat über 500 Livres vom 8. Februar 1794 – Bildquelle: Numiscollection.


Der Triumph über Napoleon wurde auf dem Münzgeld der Sieger gefeiert:

„Britische Guineas hatten den Franc mit dem Caesarenhaupt Napoleons besiegt, und fortan zeigte das schwere englische Fünf-Schilling-Stück einen St. Georg zu Pferde, der den Drachen ersticht. In Köln aber brauchte der Taler noch lange, um sich gegen den Franc durchzusetzen.“ (4)

Jahrelang rechnete man im Rheinland noch nach dem Franc zu 100 Centimes und nicht nach dem preußischen Taler zu 24 Guten Groschen oder 260 Pfennigen. Zusammen mit dem Berliner Bankhaus Mendelssohn konnte Oppenheim den Auftrag für den Transfer einer von Frankreich zu zahlenden Kriegsentschädigung in Höhe von 52,5 Mill. Francs erhalten. Laut Vertrag vom November 1818 hatte sich das Bankhaus Sal. Oppenheim jr. & Cie. verpflichtet,

„die in Paris zur Verfügung der Generalliquidations-Commission bereitliegenden Gelder dort in bar zu erheben und binnen 14 Tagen in den erhaltenen Münzsorten zur Generalliquidations-Commission in Aachen einzuzahlen gegen ¾ Prozent für Kosten der Einkassierung, der Garantie bis Aachen, der Provision etc.“ (5)

Das preußische Münzgesetz vom 30. September 1821 verpflichtete die Bevölkerung  des Rheinlandes letztlich zur Rechnung und Zahlung mit Talern. Auf einer bewegten Sitzung der Kölner Handelskammer protestierten Kölns führende Banken erfolglos. Zum 1. Juli 1822 waren auch die Bücher von Sal. Oppenheim jun. auf die Talerrechnung umzustellen.


5 Francs (Frankreich, 1812, 900er Silber, 25 Gramm, 37 mm) – Bildquelle: Jean Elsen & ses fils, Auction 148, Lot 1027.


Am 28. November 1828 starb der inzwischen als Wirtschaftsfachmann hoch geachtete Salomon Oppenheim jun. mit nur 56 Jahren. Er war inzwischen zum Bourgeois aufgestiegen, der sich sogar eine wertvolle, von Kunden als Sicherheit gestellte Gemäldesammlung zulegen konnte. Wie sich sein Erbe zusammensetzte, ist dem „Capital-Conto“ gemäß einem Inventarium vom 1. Januar 1829 zu entnehmen:

„Der Vermögensstand der Erben Salomon Oppenheims wurde mit mehr als 170.000 Talern angegeben; dazu kamen die Gemäldesammlung mit 3.846 Talern und fünf Silbergroschen, das Klettenberger Gut, auf dem die Familie gern die Sommer verbrachte, mit 15.686 Talern und das auf 16.000 Taler geschätzte prachtvolle Wohnhaus in der Großen Budengasse, dessen Mobiliar, wie in vornehmen Familien üblich, nahezu noch einmal zum selben Wert veranschlagt war.“ (6)

Jedem der zehn Oppenheim-Kinder stand als Bankeinlage ein Betrag von 23.261 Talern und 24 Silbergroschen zu. Allerdings gehörte zum Gesamtvermögen zu dieser Zeit noch die Einlage eines Mitinhabers namens Samuel Wolff über 500.000 Francs, von der noch 456.399 Francs in den Büchern standen, umgerechnet 121.221 Taler. Bis zum Jahr 1838 konnte sie vollständig zurückgezahlt werden:

„Damit gehörte das Bankhaus nach fast 50 Jahren zum ersten Mal den Oppenheim allein.“ (7)

Taler (Preußen, 1822, 750er Silber, 22,3 Gramm, 34 mm) – Bildquelle: Künker, eLive Auction 71, Lot 1176.

    

Dietmar Kreutzer


Quellenangaben:

  1. Thomas Reich: 1794 – Frankreich treibt Köln nach Westfalen; in: Westfälische Zeitschrift, Ausgabe 168, 2018, S. 37.

  2. Ebenda, S. 38.

  3. Gabriele Teichmann: Mehr als eine Bank – Oppenheim in Köln; Köln 2014, S. 16.

  4. Michael Stürmer, Gabriele Teichmann, Wilhelm Treue: Wägen und Wagen – Sal. Oppenheim jr. & Cie. – Geschichte einer Bank und einer Familie; München 1989, S. 42f.

  5. Ebenda, S. 49.

  6. Ebenda, S. 66f.

  7. Ebenda.

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