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Michael Kurt Sonntag

Die goldenen Statere Pharnakes´ II.

Nachdem Mithradates VI. von Pontos um 65 v. Chr. in den Kimerischen Bosporus zurückgekehrt war und sich in Pantikapaion seine Residenz eingerichtet hatte, begann er erneut zu rüsten. Ob er tatsächlich beabsichtigte, mit einer großen Flotte die Donau aufwärts zu ziehen, um dann von Norden her die Alpen überquerend in Italien einzufallen, wie einst Hannibal, ist bis heute umstritten.


Während die einen diesen Plan für durchaus real halten, verweisen ihn andere ins Reich der Legenden. Nun, wie dem auch sei, Tatsache ist, dass die immer drückender und rücksichtsloser werdenden Rüstungen die Bosporaner schließlich so sehr gegen ihren König aufbrachten, dass die Städte Phanagoreia, Theodosia, Nymphaion, Chersonesos und Panitkapaion der Reihe nach von ihm abfielen, sich sein Lieblingssohn Pharnakes sogar an die Spitze der Aufständischen stellte, sich zum König ausrufen ließ und seinen Vater auf diese Weise zum Selbstmord zwang. Weil das Gift, das Mithradates stets im Knauf seines Schwertes mit sich führte, bei ihm aber nicht wirkte – sein Körper war bereits zu sehr an Gift gewöhnt –, ließ er sich von einem treu ergebenen keltischen Offizier seiner Leibwache mit dem Schwert durchbohren (63 v. Chr.).


Sein Sohn Pharnakes lieferte die Leiche an Pompeius aus, der ihn daraufhin als König im Amt bestätigte, zum „Freund und Bundesgenossen des römischen Volkes“ erklärte und die Leiche des Mithradates in der Königsgruft von Sinope beisetzen ließ. Doch das Reich des Pharnakes, das hiernach ein römischer Vasallenstaat war, hatte nicht länger die gewaltigen Ausmaße des ehemaligen pontischen Reiches seines Vaters, sondern war auf den Kimerischen Bosporus reduziert worden. „Da Rom jedoch mit seinen eigenen Angelegenheiten – den Bürgerkriegen, dem Kampf gegen den Getenkönig Burebista u. a. – beschäftigt war und auch Pharnakes trotz allem die ehrgeizigen Ambitionen hatte, das Erbe seines Vaters anzutreten, gelang es nicht, das Bosporanische Reich in völlige Abhängigkeit zu bringen.“ (Jochen Fornasier, Burkhard Böttger [Hrsg.], Das Bosporanische Reich, Mainz am Rhein 2002, S. 31).


Während der späten 50er oder frühen 40er v. Chr. schaffte es Pharnakes Phanagoreia, das 63 v. Chr. von Pompeius aus dem Bosporanischen Königreich herausgelöst worden war, zu annektieren und als 48 v. Chr. der Bürgerkrieg zwischen Pompeius und Caesar ausbrach, hielt er die Zeit für gekommen, sein Reich auf ehemals mithradatisches Gebiet auszuweiten. Zu diesem Zweck ernannte er Asandros zu seinem Gouverneur im Bosporus und drang in feindliches Gebiet vor. Dann schlug er die vereinigten Heere des Ariobarzanes III. von Kappadokien, des Deiotarus von Galatien und des Gnaius Domitius Calvinus, des Legaten Caesars und riss anschließend Kolchis, Kappadokien, Kleinarmenien und Teile von Pontos an sich. Doch seine Erfolge währten nur kurz, da Caesar den Bürgerkrieg schneller als erwartet beenden konnte und Pharnakes 47 v. Chr. in der Schlacht bei Zela (auf pontischem Gebiet) besiegte.


Es war dies übrigens die Schlacht nach der Caesar erklärte: „veni, vidi, vici“ (ich kam, sah [und] siegte). Pharnakes floh anschließend nach Sinope, ergab sich jedoch nach kurzer Belagerungszeit den Römern, die ihn bald darauf „nach Hause“ entließen. Da Asandros während seiner Abwesenheit die Macht im östlichen Bosporus an sich gerissen hatte und auch die Städte Pantikapaion und Theodosia von ihm abgefallen waren, eroberte Pharnakes Pantikapaion und Thedosia mit Hilfe skytischer und sarmatischer Truppen zurück und wandte sich dann gegen Asandros. Dieser aber besiegte und tötete ihn in der Schlacht (47 v. Chr.) und übernahm die Macht im gesamten Reich – doch das ist eine andere Geschichte.

Zu den eindrucksvollsten Münzen des Bosporanischen Reiches gehören die goldenen Statere des Pharnakes, die er zwischen 55/54 v. Chr und 51/50 v. Chr. in Pantikapaion prägen ließ. Diese zeigen vorderseitig seinen nach rechts gewandten Kopf im königlichen Diadem und rückseitig den mit nacktem Oberkörper nach links thronenden Apollon, der sich mit seiner Linken auf eine Kithara stützt und in der ausgestreckten Rechten einen Lorbeerzweig hält, vor dem sich wiederum ein Dreifuß, die heilige Gerätschaft des Apollon, befindet.


Geprägt wurden diese datierten Goldstatere im reduzierten attischen Münzfuß (ca. 8,15 g/Stater). Betrachtet man sie etwas eindringlicher, so erkennt man recht schnell, dass sie vorderseitig die Goldstatere Mithradates VI. nachahmen und nur rückseitig eigenständig sind. Doch weshalb tragen diese Statere die „großspurige“ Legende, die mit „[Münze] des Königs der Könige / des Großen Pharnakes“ übersetzt werden kann? Nun, nach dem Tode seines Vaters Mithradates VI. (63 v. Chr.) hatte Tigranes II. von Armenien, den Titel König der Könige angenommen. Nach dessen Ableben 55/54 v. Chr. nahm Pharnakes diesen Titel an, um zum einen zu zeigen, dass er sich als legitimer Nachfolger des Tigranes sah, der übrigens sein Schwager gewesen war, und zum anderen auch gegenüber dem parthischen Konkurrenten König Orodes II. zu demonstrieren, dass er sich als prominenter Monarch des Ostens empfand. Doch nachdem Orodes II. die römische Armee unter Crassus 53 v. Chr. geschlagen und in den Jahren darauf auch das römische Syrien angegriffen und dadurch viel Ruhm und Prestige im Osten erfahren hatte, änderte Pharnakes seine Einstellung gegenüber Orodes, der nun selbst Anspruch auf den Titel König der Könige erhob. In der Hoffnung auf eine militärische Allianz mit Orodes gegen Rom, verzichtete Pharnakes nach 50 v. Chr. auf den Titel eines Königs der Könige und gab auch die prestigeträchtige Goldstaterprägung auf.

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