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Der Schatz des Moctezuma


Rückeroberung des großen Tempels in Tenochtitlán. 1521 [Wikimedia, Leutze]

Als Hernán Cortés am 8. November 1519 in Tenochtitlán einzog, der Hauptstadt der Azteken, wurde er von Kaiser Moctezuma erwartet: „Inmitten einer Menge indianischer Edelleute, denen drei Würdenträger mit goldenen Stäben in den Händen vorangingen, erblickten sie die von blankem Golde funkelnde kaiserliche Sänfte. Sie wurde von Edelleuten auf den Schultern getragen, und darüber breitete sich – von vier anderen Edelleuten gehalten – ein Thronhimmel aus buntem Federmosaik, mit Juwelen übersät und mit Silber eingefasst.“ [1] Rasch eigneten sich die Spanier den über Generationen gehorteten Schatz der Azteken an, bestehend aus kunstvoll gearbeiteten Objekten aus Gold, verziert mit Perlen und Edelsteinen: „Das Ganze belief sich auf 162.000 Pesos de oro, ohne den feineren Zierrat und Schmuck, dessen Wert Cortés auf weitere 500.000 Dukaten schätzt. Außerdem waren noch 500 Mark Silber dabei, hauptsächlich in Tellern, Trinkbechern und anderen Luxusgegenständen.“ [2] Die Retourkutsche der aufgebrachten Azteken ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Am 1. Juli 1520 wurden die im Schutze der Nacht aus der Stadt flüchtenden Spanier von den Einheimischen vernichtend geschlagen. Die am schwersten mit Gold beladenen Söldner starben zuerst. Jene, die sich retten konnten, warfen das auf der Flucht hinderliche Gold später weg. Als die Spanier im Frühjahr 1521 mit frischen Kräften zurückkehrten und ein Blutbad unter den Azteken anrichteten, war ein großer Teil des Goldes weg. Selbst unter Folter hütete Kaiser Cuauhtémoc, der Nachfolger von Moctezuma, das Geheimnis.


Mexiko. 20 Pesos von 1917. 900er Gold, 16,7 g, 27,5 mm [Walmart]

Numismatische Zeugnisse der Azteken sowie ihres Krieges gegen die Spanier finden sich vor allem auf den mexikanischen Münzen der Neuzeit. Schon das 1822 eingeführte Staatswappen nimmt einen indianischen Mythos auf: Es zeigt einen Adler auf einem Kaktus, einer Opuntia. Er sitzt auf einem Felsen in einem See und hält eine Schlange in den Krallen. Das Wappen bezieht sich auf eine Legende der Azteken zur Gründung von Tenochtitlán. Demnach hatte ihnen ihr Gott Huitzilopochtli prophezeit, dass sie einen Adler erblicken würden, der eine Schlange zwischen Krallen und Schnabel festhält. An jener Stelle sollten sie siedeln und eine Stadt gründen. Schon auf den ersten nach der Unabhängigkeit geprägten Münzen ist dieses Wappen zu finden. Knapp einhundert Jahre später, in der Zeit des Goldstandards, folgte ein weiteres Symbol der Aztekenzeit: „Die 20-Peso-Goldmünze wurde 1917 wieder eingeführt und mit dem Gewicht und Feingehalt geprägt, die der Reform von 1905 entsprachen. […] Auf der Rückseite ist der so genannte Azteken-Kalenderstein abgebildet. Dieser riesige Stein ist drei Fuß dick und hat einen Durchmesser von zwölf Fuß und wiegt Tausende von Pfund. Es wird angenommen, dass sich der Kalenderstein bei der Eroberung Mexikos durch Cortés im Jahre 1521 im großen zentralen Tempel der Stadt befand. Als die Spanier den Tempel zerstörten, wurde er heruntergeworfen und verschüttet. Im Jahre 1790 entdeckt man ihn wieder. Heute ist er im Museo Nacional de Antropología ausgestellt. Obwohl es sich nicht im eigentlichen Sinne um einen Kalender handelt, hat er seinen Namen von einem Kreis aus zwanzig Tagessymbolen, welcher den Kopf des Sonnengottes umgibt.“ [3] Die Münze, die umgangssprachlich den Namen Azteca erhielt, entwarf der mexikanische Künstler Jorge Enciso.


Mexiko. 5 Pesos von 1947. 900er Silber, 30,0 g, 40 mm [Numismatic Guaranty Company]

Einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg erschien das Porträt von Cuauhtémoc, des letzten aztekischen Herrschers, auf den regulären Umlaufmünzen. Zunächst wurde ein Fünf-Peso-Stück mit dem Porträt des Herrschers im kriegerischen Kopfschmuck versehen, später in zwei verschiedenen Darstellungen die Fünfzig-Centavos-Stücke. Im Jahre 1963 erschien eine Goldmedaille mit dem Gewicht, der Legierung und den etwaigen Abmessungen eines Fünfzig-Pesos-Stückes aus der Zeit des Goldstandards. Auf der Vorderseite zeigt sie ein Hochrelief-Porträt von Hernán Cortés, auf der Rückseite von Cuauhtémoc.


Mexiko. Medaille von 1963. 900er Gold, 41,8 g, 40 mm [Sedwick Coins, Treasure Auction 33/1292]


Mexikanische Anlagemünzen wurden auch in jüngster Zeit mit Azteken-Motiven versehen. In der Reihe Präkolumbianische Hochkulturen etwa erschienen mehrere Serien von Silbermünzen mit Götterbildnissen der Azteken. Als mexikanische Symbolfigur für reguläre Umlaufmünzen ist der spanische Eroberer freilich ungeeignet. So findet sich sein Porträt eher auf Agenturmünzen. Ein attraktives Beispiel hierfür ist das 50-Dollar-Stück der Franklin Mint, das im Jahre 1988 im Namen der Cook-Inseln ausgegeben wurde. Die Münze aus der Reihe Große Entdecker zeigt auf der Vorderseite ein Brustbild von Hernán Cortés in voller Rüstung, das Schwert in der Hand. Links neben ihm ist eine dreiköpfige Gruppe von Azteken abgebildet.


Cook-Inseln. 50 Dollars von 1988. 925er Silber, 20,9 g, 39 mm [Numista, Rojomano]

Ein großer Teil des verloren gegangenen Schatzes der Azteken wird bis heute vermisst. Vor über 100 Jahren meinte ein Amerikaner namens Freddie Crystal ihn im Städtchen Kanab (US-Bundesstaat Utah) ausgemacht zu haben. Eine fixe Idee! Aber womöglich wird im Laufe der Zeit das eine oder andere Objekt noch entdeckt. Dass die Flucht der Spanier wie überliefert stattgefunden hat, ist immerhin erwiesen. Dies konnte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel schon vor mehreren Jahrzehnten vermelden: „Ein dramatischer Moment der Geschichte ist nun archäologisch belegt. Die Noche Triste, jene fürchterliche Nacht zum 1. Juli 1520, in der Spaniens Konquistador Hernán Cortés nach der Ermordung des Azteken-Herrschers Moctezuma II. aus der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlán – einer Sumpf-Insel auf dem Gebiet des heutigen Mexiko-Stadt – mit knapper Not entkam. Überliefert ist, dass Cortés bei den Kämpfen in Dunkelheit und Regen zwei Drittel seiner Krieger, neun Zehntel der indianischen Hilfstruppen und das gesamte geraubte Gold verlor. Beim Aushub für einen Neubau der Banco de Mexico an der Avenida Hidalgo kam jetzt ein leicht gebogener, etwa 25 Zentimeter langer, spannenbreiter und daumendicker Goldbarren zutage; in diese Form, berichten Chroniken, hatten die Spanier aztekische Schmuck- und Kultgegenstände gießen lassen, um das Gold besser in Stiefeln und unter ihren Rüstungen verstauen zu können.“ [4] Der knapp zwei Kilogramm schwere Barren stammt nachweislich aus der Zeit von Moctezuma. Er ist heute im Museo Nacional de Antropología in Mexiko-City ausgestellt.


Quellen

  1. William Prescott: Die Eroberung Mexikos. Leipzig 1972, S. 117.

  2. Ebd., S. 158.

  3. Theodore V. Buttrey, Clyde Hubbard: A Guide Book of Mexican Coins. Racine 1971, S. 221 .

  4. "Azteken-Gold unter Bank-Neubau", in: Der Spiegel, Ausgabe 29/1981.

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