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Goldenes Notgeld von Akragas


Trotz der Niederlage, die Akragas 445 v. Chr. gegen Syrakus erlebte, ließ es sich nicht in die innersizilischen Kriege der nächsten Jahrzehnte verwickeln, die ihm die Gelegenheit geboten hätten, sich an Syrakus militärisch zu revanchieren. Sowohl im Krieg von 427-424 v. Chr. – in dem sich Syrakus, Himera, Gela und Selinunt einerseits und Leontinoi, Kamarina, Katane, Naxos und eine kleine Streitmacht Athens andererseits gegenüberstanden – als auch im Krieg von 415-413 v. Chr. – in dem Athen als Reaktion auf den Hilferuf Segestas in Sizilien intervenierte und mit einem gewaltigen militärischen Aufgebot versuchte Syrakus zu erobern – blieb Akragas neutral. Eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als überaus klug erwies, wenn man bedenkt, dass die Stadt ihre Finanzmittel nicht in kostspieligen Schlachten mit ungewissem Ausgang verschleuderte, sondern diese für Prachttempel, luxuriöse Profanbauten und ihr eigenes Wohlergehen ausgeben konnte und dass Syrakus die beiden erwähnten Kriege gewann.

Doch der Friede, der auf den syrakusanischen Sieg folgte, währte nur kurz. Denn bald nachdem die Athener Sizilien verlassen hatten, startete Selinunt einen gnadenlosen Krieg gegen Segesta, den Verbündeten der Athener. Segesta, das befürchtete, von Selinunt vernichtet zu werden, rief 410 v. Chr. die Karthager zu Hilfe. Diese begannen 409 v. Chr. eine großangelegte militärische Offensive, im Zuge derer zunächst Selinunt und Himera, 406 v. Chr. auch Akragas und 405 v. Chr. dann Gela und Kamarina eingenommen, geplündert und zerstört wurden. Die Einwohner von Akragas, Gela und Kamarina flohen nach Leontinoi. Der Krieg mit Karthago hatte jedoch in Syrakus einen jungen Strategen namens Dionysios an die Macht gebracht, der Syrakus vor der Eroberung durch die Karthager bewahren konnte, einen Friedensvertrag mit Karthago schloss und sich bald darauf zum Tyrannen von Syrakus und zum mächtigsten Mann des griechischen Sizilien aufschwingen sollte. Was Akragas betrifft, so konnte seine Bevölkerung, dem erwähnten Friedensvertrag entsprechend, wieder in die Stadt zurückkehren, durfte diese allerdings nicht mehr befestigen und musste Karthago Tribut zahlen. Ein Schlag, von dem sich die Stadt nie wieder erholte. Zwar wurde Akragas unter Timoleon ab 338 v. Chr. zum Teil wieder aufgebaut und erlebte unter dem Tyrannen („König“) Phintias (287-279 v. Chr.) auch wieder eine gewisse Blüte, doch erreichte es den Reichtum, den Wohlstand und die Machtstellung, die es bis zu seiner Zerstörung durch die Karthager besessen hatte, nie mehr.

Akragas (Sizilien), 2 Didrachmen = 1 Tetradrachmon, um 406 v.Chr., Gold, 1,34 g, 10 mm. Bildquelle: H. D. Rauch, Auktion 95 (30. September 2014), Los 31.

Doch das friedliebende Akragas hatte seiner Eroberung durch die Karthager 406 v. Chr. keineswegs pazifistisch oder gar resigniert entgegengesehen, sondern sich im Gegenteil zu wehren versucht. Hierfür hatte es Söldner angeheuert, die die belagerte Stadt befreien bzw. entsetzen sollten. Söldner, die es dann mit goldenen Notmünzen entlohnte. Münzen, die auf der einen Seite einen Schlangenadler zeigen, der gerade im Begriff ist eine Schlange zu töten und auf der anderen das Stadtwappen von Akragas, die Krabbe, tragen. Unter der Krabbe findet sich der Name des Münzbeamten SILA/NOS (die letzten drei Buchstaben retrograd [rückwärts] geschrieben). Auf der Vorderseite unter dem Adler und der Schlange sehen wir zudem zwei Wertkügelchen, über deren Bedeutung sich die Fachwelt lange Zeit uneins war. Während Head beispielsweise die beiden Kügelchen als Hinweis auf zwei attische Obole interpretierte, sah Reinach in diesen den Verweis auf zwei silberne Didrachmen bzw. eine silberne Tetradrachme von Akragas.

Concordiatempel von Akragas (heute Agrigent) um 440-430 v. Chr. Bildquelle: Wikimedia Commons, Wolfgang Pehlemann DSC07490.

Eine Interpretation, die auch viele Numismatiker unserer Tage teilen. „Reinach´s opinion has been both accepted and discarded, but it is, in my view, the correct explanation, as it refers to the value of the coin and not to the weight.“ („Reinachs Ansicht ist sowohl akzeptiert als auch verworfen worden, aber sie ist, meiner Ansicht nach, die korrekte Erklärung, da sie sich auf den Wert der Münze und nicht auf das Gewicht bezieht.“) (Ulla Westermark, The Coinage of Akragas c. 510-406 BC, 2 Bde., Uppsala 2018, Bd. 1, S. 178).

Unglücklicherweise waren die Söldner, die mit diesen Goldstücken bezahlt worden waren, letztlich aber nicht in der Lage, die Stadt zu entsetzten und so fiel Akragas im Dezember 406 v. Chr. nach 8-monatiger Belagerung in die Hände der karthagischen Eroberer.


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