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Der Mittelpunkt der Welt auf einem Elektronstater


Betrachtet man den Elektronstater aus Kyzikos etwas eindringlicher, so erkennt man auf seiner Vorderseite ein verziertes bienenkorbähnliches Gebilde, auf dem zwei Adler stehen. Darunter findet sich ein nach rechts schwimmender Thunfisch, das Wappentier von Kyzikos.

Kyzikos (Mysien), Stater (um 430-400 v. Chr.), Elektron, 16,01 g, Ø [Höhe] Vs. 20 mm. Bildquelle: Numismatica Ars Classica, Auktion 92, Teil 1 (23. Mai 2016), Los 192.

Wem die griechische Mythologie und die Geschichte Delphis etwas vertrauter sind, der denkt in diesem Zusammenhang allerdings nicht an einen Bienenkorb, sondern an den Omphalos (griech. „Nabel“), den heiligen Kultstein, der sich im Opisthodom (einem zum Säulenumgang geöffneten Raum hinter der Tempelcella) des Apollon-Tempels von Delphi befunden haben soll und der den alten Griechen als Erdmittelpunkt (als „Nabel der Welt“) galt. Wie eine hellenistische oder römische Marmorkopie veranschaulicht, soll dieser Omphalos mit einem Netz kunstvoll geflochtener wollener Bänder bespannt gewesen sein.

Omphalos. Hellenistische oder römische Marmorkopie eines älteren griechischen Originals. Standort: Archäologisches Museum Delphi. (Bildquelle: Rama, Wikimedia).

Der mythologischen Überlieferung zufolge ließ Zeus, der wissen wollte, wo der Mittelpunkt der Erde liegt, vom äußersten Westen und vom äußersten Osten je einen Adler auffliegen, und da diese sich in Delphi trafen, war klar, der Erdmittelpunkt bzw. der „Nabel der Welt“ lag in Delphi. Aus diesem Grund sollen sich auf der Spitze des ursprünglichen Omphalos auch noch zwei goldene Adler befunden haben - Adler, die der abgebildete Elektronstater in der Tat auch zeigt.


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