top of page

Was hat es mit dem imposanten Helm auf sich?


Nach dem Tod des Kinderkönigs Antiochos’ VI. (um 142/41 v. Chr.) wurde Tryphon - der Vormund und Beschützer Antiochos VI. seit 144 v. Chr. - von seinem Heer, dem er viel Geld versprochen hatte, in Apameia oder Phönikien zum ΒΑΣΙΛΕΥΣ ΑΥΤΟΚΡΑΤΟΡ, zum „Heerkönig aus eigener Machtvollkommenheit“, ausgerufen. (Kay Ehling, Untersuchungen zur Geschichte der späteren Seleukiden (164–63 v. Chr.), Vom Tode des Antiochos IV. bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius, Stuttgart 2008, S. 180). Bald darauf ließ er in Antiocheia am Orontes Silber- und Bronzemünzen prägen. Wie die nachfolgenden Abbildungen veranschaulichen, trugen seine silbernen Tetradrachmen und Drachmen ebenso wie seine Bronzemünzen auf ihren Vorderseiten sein nach rechts gewandtes Porträt mit Diadem und rückseitig einen imposanten Helm. (siehe Abb. 1-3)

Tetradrachmon (um 142/41–138 v. Chr.), 15,76 g, Ø 29 mm. Bildquelle: Künker, Auktion 236 (7. Oktober 2013), Los 139.

Drachme (um 142/41–138 v. Chr.), 3,93 g, Ø 17 mm. Bildquelle: MA-Shops, Münzen & Medaillen GmbH (Oktober 2012).

Kleinbronze (um 142/41–138 v. Chr.), 5,23 g, Ø (Höhe Vs.) 17,83 mm. Bildquelle: Kölner Münzkabinett Tyll Kroha, Auktion 102 (5.-6. Dezember 2014), Los 119.

Allerdings war dieser imposante Helm keine Neuschöpfung, sondern zierte bereits die Drachmenmünzen des Kinderkönigs Antiochos´ VI., die Tryphon um 142 v. Chr. eingeführt hatte. Um was für einen Helm es sich hierbei handelt und warum Tryphon ausgerechnet dies Motiv des Helms für die Rückseite der besagten Drachme und später auch für seine eigenen Münzen wählte, darüber gehen die Meinungen nach wie vor auseinander. Während Numismatiker wie Klose, Houghton und Lorber den Helm als makedonisch und das Horn als das eines Steinbocks (Capra ibex) bezeichnen, sieht Hoover den Helm ebenfalls als makedonisch an, beschreibt das Horn aber als das einer Wildziege. Ehling dagegen interpretiert den Helm als kretisch (ägäisch) und das Horn als das einer Bezoarziege (Capra aegagrus), die in der Antike als Sinnbild Kretas galt. Da er diesen Helm zudem für das mögliche Emblem „jener kretischen Truppen, die im Jahr 147 mit Demetrios II. und Lasthenes nach Syrien gekommen waren und dann um 142 zu Antiochos VI. überliefen,“ (Ehling, ebd., S. 181) hält, suggeriert er, die Veränderung der Drachmen-Rückseite könnte dem Überlaufen dieser Truppen und ihrem Emblem geschuldet sein. Houghton und Lorber dagegen sehen in diesem Helm so etwas wie das persönliche Wappen Tryphons, das die Münzstätte in Antiocheia am Orontes in offensichtlicher Erwartung von Tryphons Machtusurpation auf der Drachmen-Münze vorgestellt habe. Ihrer Ansicht nach starb Antiochos VI. nämlich nicht an den Folgen einer Operation, sondern wurde von Tryphon absichtlich beseitigt. Ehling wiederum interpretiert diesen Helm auch nach Tryphons Machtübernahme nicht als persönliches Wappen, sondern als Symbol der Verbundenheit zwischen Tryphon und Antiochos und sagt: „Tryphon stellte sich als Heerkönig aus eigener Machtvollkommenheit dar, der zwar mit Antiochos VI. verbunden blieb - denn [er] führte als Hauptrückseitentyp seiner Münzen den unter Antiochos VI. eingeführten böotischen Helm mit Horn weiter (Fußnote 570) -, ansonsten aber aus der seleukidischen Tradition heraustrat, und, wie seine eindrucksvollen Münzporträts zeigen, an Alexander den Großen anknüpfte.“ (Ehling, ebd., S. 180). Diesen Helm als Symbol der Verbundenheit zwischen Tryphon und Antiochos zu sehen, kann Ehling allerdings nur deshalb, weil er Tryphon nicht für den Mörder des Kinderkönigs hält. „Ich glaube ..., dass Antiochos VI. tatsächlich an den Folgen einer unglücklichen ärztlichen Operation verstorben ist und der König nicht mit Absicht beseitigt wurde.“ (Ehling, ebd., S. 179). Eine Überzeugung, die im Übrigen auch der Numismatiker Oliver Hoover teilt. „... the successful reign of Antiochos VI was cut short in 142/1 BC, when he died during a medical procedure.“ (Oliver D. Hoover, Handbook of Greek Coinage Series, Bd. 9, Lancaster/London 2009, S. 202).


© Copyright 2024 Battenberg Gietl Verlag
bottom of page