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Michael Kurt Sonntag

Wer ist der Dargestellte?


Aus Kyzikos, der mysischen Stadt, die für ihre zahlreich produzierten Elektronstatere und Elektronhekten bekannt und berühmt war, stammt ein Elektronstater, der auf seiner Vorderseite einen nackten bärtigen Mann zeigt, dessen Unterleib schlangenförmig ist und der mit seiner Rechten ein Olivenbäumchen hält. Unter dem zweigestaltigen Mann findet sich ein nach links schwimmender Thunfisch als Wappen von Kyzikos.

Kyzikos (Mysien). Stater (um 460-440 v. Chr.), Elektron, 16,00 g, Ø [Höhe Vs.] 19 mm, Münzstätte Kyzikos. Bildquelle: Dr. Busso Peus Nachfolger, Auktion 380 (3. November 2004), Los 470.

Die numismatische Fachliteratur bezeichnet dieses Mischwesen als Kekrops. Aber wer ist Kekrops? Nun, „bei Apollodoros ... und im Marmor Parium ... wird Kekrops als erster König Athens genannt, ferner findet sich in den Königslisten ein später ersonnener Kekrops II. als Nachfolger des Erechtheus.“ (Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. 6, Sp. 381). Philochoros zufolge kann der Regierungsbeginn des Kekrops auf das Jahr 1607 v. Chr. datiert werden. Seine Regierungszeit dauerte anschließend 50 Jahre. Als „Urkönig“ soll er – so die antiken Quellen – zahlreiche zivilisatorische Errungenschaften begründet haben. So soll er beispielsweise die Einehe, die Totenbestattung, das Alphabet sowie die Verehrung des Zeus Hypatos und des Kronos eingeführt haben. Ihm wird auch das erste Hermes-Bild zugeschrieben. Auf politischer Ebene soll er die 12 attischen Städte zu einem Gemeinwesen zusammengeführt und die erste Volkszählung durchgeführt haben. Nach ihm nannte man die Bewohner Attikas Kekropiden und die Stadt und die Landschaft Kekropia. Im Wettstreit der Athena mit Poseidon, um die Vorherrschaft in Attika, ist Kekrops Schiedsrichter und stimmt ebenso wie die Athner, allen voran aber die zahlreicheren Athenerinnen, für Athena. Denn im Gegensatz zu Poseidon, der den Athenern auf der Akropolis eine Salzwasserquelle mit seinem Dreizack erschließt, lässt Athena am gleichen Ort einen Ölbaum (Olivenbaum) wachsen, ein Geschenk, das von den allermeisten als wertvoller empfunden wurde und das die attische Ölkultur begründete. Deshalb ist Kekrops auf der gezeigten Münze auch mit einem Olivenbäumchen in der Rechten abgebildet.

Mit Aglauros, seiner Gattin, hatte Kekrops drei Töchter, Aglauros, Pandrosos und Herse und einen Sohn, Erysichthon. Weil Erysichthon aber bereits zu Lebzeiten des Kekrops starb, folgte ihm statt des eigenen Sprosses, Erichthonios auf den Thron. Bestattet und kultisch verehrt wurde Kekrops auf der Akropolis von Athen.

Übrigens, dies Münzbild des Kekrops gibt es nicht allein auf ganzen Stateren, sondern ebenso auf motivgleichen Elektronhekten, die zudem auch häufiger sind.


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