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Massachusetts silver 1652–1682/3


Der „Pine Tree Shilling“ ist wohl die bekannteste Kolonialmünze Nordamerikas. Sie gehört zu einer Gruppe von Münzen, die auch unter dem Namen „Massachusetts silver“ bekannt ist und wurde zwischen ca. 1667 und 1682/3 in zwei Serien hergestellt, bei der zum einen große und dünne Schrötlinge verwandt wurden und zum anderen kleinere und dickere.

Offizielle Prägungen waren diese Münzen aber keineswegs – den Kolonisten war es schließlich nicht erlaubt, ihre eigenen Münzen zu prägen, auch wenn sie diese aus vielen Gründen benötigten: Es zirkulierte ein Wirrwarr aus verschiedenen Währungen mit ständig fluktuierenden Werten in der Massachusetts Bay Colony. Neben englischen Münzen waren dies z. B. holländische Dukaten, Gulden, Rijksdallder etc. oder spanische Dublonen, Reales, etc. oder der portugiesische Reis bzw. Joannes usw. Um diesem Wirrwarr und den ständig, wenn auch zeitversetzt, vorkommenden Münzentwertungen ein Ende zu setzen, wurde in Boston 1652 entschieden, dass es eigener Münzen bedarf. Ein großer Unterschied zu den Münzen der englischen Krone war der Silbergehalt der geprägten Kolonialmünzen, dieser wurde um ca. 22% heruntergesetzt. Damit sollte verhindert werden, dass die Münzen die Kolonie in Richtung Europa verließen.

Der Goldschmied John Hull (1624–1683) und sein Geschäftspartner Robert Sanderson (1608–1693) wurden vom Massachusetts Bay General Court beauftragt, eine Münzstätte zu eröffnen – wie gesagt, ohne die Erlaubnis des englischen Mutterlandes. England war 1652 jedoch keine Monarchie, in der dem König die Münzgewalt oblag. Das vom 2. Bürgerkrieg (1642–1648) zerrüttete Land war nach der Hinrichtung des Stuarts Charles I. (1600–1649) eine Republik geworden. Somit war man dort innenpolitisch mehr als ausgelastet, als dass man Zeit hatte, sich der münzprägenden Kolonisten anzunehmen. Und so sollten die Kolonisten bis zur Restauration der englischen Monarchie, 1660, ungestört und unbescholten ihr Massachusetts silver produzieren.

Aber auch König Charles II. (1630–1685) schien die Koloniemünzen eher zu ignorieren, als dass er ihre Herstellung stoppen ließ. Zwar war dies angedacht und 1665 von den Kolonisten offiziell eingefordert, jedoch ließen sich jene nicht beirren. Es wurden gar „Geschenke“ wie Schiffmaste, Cranberries und Kabeljaue gen Osten an den König verschifft und Plädoyers für die Erhaltung der Münze in Boston geschrieben. Bemerkenswerterweise kam es nicht zu einer Schließung der Münze von Seiten der englischen Krone. Nach Schätzungen und basierend auf dem letzten Vertrag zwischen dem General Court und dem Münzmeister Hull endete die Münzproduktion jedoch 1682/3, nachdem es zu keiner Erneuerung des Vertrages kam. Ob die englische Krone hier involviert war, ist unbekannt. Eine mögliche Wiedereröffnung wurde dann aber spätestens 1684 unmöglich, denn Charles II. widerrief die für die Massachusetts Bay Colony gültige königliche Charta, machte sie 1691 zu einem Teil der britischen Kronkolonien und brachte sie somit unter seine direkte Kontrolle.

Obwohl die „Pine Tree Shillings“ auf ihrer Rückseite neben dem Nennwert die Jahreszahl 1652 aufweisen, stammen sie aus einer späteren Periode, das heißt konkret, dass sie die letzte Serie des Massachusetts silver bildeten. Die Mehrheit der Numismatiker tritt dafür ein, dass sich die Jahreszahl auf das Eröffnungsjahr der Bostoner Münze bezieht. Es wird aber auch angenommen, dass die Beibehaltung des Datums als cleverer Trick benutzt wurde: Vorausschauend, in Bezug auf eine mögliche Neuetablierung der Monarchie, wurde ein Datum beibehalten, welches sich auf die königslose Zeit bezieht und den Kolonisten so ein Argument erlaube, nicht gegen das königliche Münzprivileg verstoßen zu haben.

NE-Shilling, undatiert, Massachusetts Bay Colony New England Shilling

Bildquelle: https://www.littletoncoin.com/shop/ Display View?storeId= 10001&catalogId =29555 &eSpotName=LearnNav&static Content =New-England-Coinage.html

Die ersten Kolonialmünzen, die auch 1652 hergestellt wurden, waren die „New England“ Münzen, die auf ihrer Vorderseite die Abkürzung „NE“ trugen und auf der Rückseite den Nennwert in römischen Zahlen (XII für Shilling, VI für Sixpence und III für Threepence). Aufgrund des „einfachen“ Designs wurden sie aber oft beschnitten, wodurch sie an Wert verloren, für den die Hersteller jedoch bürgten. Noch im selben Jahr wurde ein anderes, komplexeres Design eingeführt, das des „Willow Trees“.

Willow Tree Shilling, Massachusetts Bay Colony Willow Tree Shilling, 1652 (1652–1660/2)

Bildquelle: https://www.littletoncoin.com/shop/DisplayView?storeId=10001 & catalogId = 2 9555&eSpotName=LearnNav&staticContent=Willow-Tree-Coinage.html

Diese Münzen fanden ihre Herstellung von 1652 bis 1660/2 und zeigten nun auf Avers und Revers eine randläufige Legende. Der im Feld der Vorderseite dargestellte Baum ist ein Weidenbaum und nun erscheint das Datum 1652 sowie der jeweilige Nennwert (XII für Shilling, VI für Sixpence und III für Threepence) auf der Rückseite.

Massachusetts Bay Colony Oak Tree Shilling, 1652 (1660/2–1667)

Bildquelle: https://www.littletoncoin.com/shop/DisplayView?storeId=10001& catalogId=29555& eS potName=LearnNav&staticContent=Oak-Tree-Coinage.html

Die Jahreszahl 1652 verblieb auch auf den nun folgenden „Oak Tree“-Münzen, die von 1660/2– ca. 1667 geprägt wurden: Sixpence (VI)-, Threepence (III)- und Shilling (XII)-Stücke. Im Zusammenhang mit einem neuen, zusätzlich eingeführten Nennwert taucht nun die einzige Datumsabweichung überhaupt auf: so findet sich auf der Rückseite der Twopence-Stücke (II) die Jahreszahl 1662, dem Jahr, in dem dieser neue Nennwert eingeführt wurde.

Massachusetts Bay Colony Oak Tree Twopence, 1662 (1662–1667)

Bildquelle: https://www.littletoncoin.com/webapp/wcs/stores/servlet/ Display%7C10001%7C29555%7C-1%7C%7CLearnNav%7COak-Tree-Coinage.html

Ab 1667 wurden die „Pine Tree“-Münzen hergestellt, neben Threepence (III)- und Sixpence (VI)-Stücken die „Pine Tree Shillings“ (XII) mit vielen Varianten. Die Umstellung erfolgte hierbei nicht von heute auf morgen, vielmehr spielte bei diesem Übergang höchstwahrscheinlich die Abnutzung der Stempel eine Rolle. Dass es, wie bereits angesprochen, zwei im Durchmesser wie Dicke unterschiedliche „Pine Tree“-Serien gibt, könnte damit im Zusammenhang stehen.

Massachusetts Bay Colony Pine Tree Shilling, 1652 (1667–1682/3), Variante mit großem und dünnem Schrötling

Bildquelle: https://www.littletoncoin.com/shop/Display View?storeId= 10001 & catalogId=29555&eSpotName=LearnNav&staticContent=Pine-Tree-Coinage.html

Als Grund für die unterschiedlichen Schrötlinge dieser Münzen wird die Benutzung unterschiedlicher Münzpressen vermutet. Belegt durch Aufzeichnungen ist dies leider nicht, aber es wird angenommen, dass die „Oak Tree“-Münzen mit einer „rocker press“-ähnlichen Münzpresse gefertigt worden waren, was anhand einer leichten Krümmung der Münzen zu sehen sei; sie wurden also mit leicht gewölbten Stempeln hergestellt. Bei der späteren Serie, den kleineren und dickeren „Pine Tree“-Münzen, soll es sich dann um eine Spindelpresse gehandelt haben.

Nicht lange nach der Schließung der Münze in Boston begann in Massachusetts 1690 die Herstellung von Papiergeld im Zusammenhang mit dem King Williams Krieg (1689–1687). Hierbei bürgte die englische Krone für die Scheine, mit denen die Kolonie die von ihnen erwarteten Kontributionen bezahlen konnte: Truppen, Proviant, etc. Aber warum die gedeckten und akzeptierten Scheine entsorgen, fragten sich die Kolonisten. So blieben sie im Umlauf – auch nachdem die englische Krone die Ausgleichszahlungen leistete. Das darauffolgende große Problem war nun aber das Aufkommen gefälschter Geldscheine.


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