Bis ins aktuelle Jahrtausend hinein hat die Franklin Mint (USA) massenhaft Scheinmünzen und andere „Preziosen“ vertrieben. Das Geschäftsmodell funktionierte, obwohl immer wieder auf das zweifelhafte Vertriebsgebaren aufmerksam gemacht wurde. Die deutsche Wochenzeitung Die Zeit schrieb schon im Jahr 1981, dass in der Produktwerbung bestimmte Schlüsselworte aus der Welt der Sammler geradezu inflationär benutzt würden: „Begriffe wie Subskription, weltweiter Bestellschluss oder begrenzte Auflage und die Limitierung auf eine Sammlung pro Besteller sind geeignet, den Angeboten die Aura des Außergewöhnlichen zu verleihen.“ Schaut man genauer hin, steckte hinter den Versprechungen aber nichts als Nepp. „Doch solche Mängel scheinen dem Erfolg von Franklin Mint nichts anzuhaben.“ (Heidi Dürr: Preziosen per Post – Ein amerikanisches Unternehmen macht mit zweifelhaften Raritäten Geschäfte. In: Die Zeit, Nr. 42/1981) Das Geschäft florierte – bis die Kundschaft ihre „Raritäten“ verkaufen wollte.
Die turbulenten Anfangsjahre
Am 25. März 1964 stellte das US-Finanzministerium den Verkauf von Silberdollars ein. Die Entscheidung bewog zahlreiche US-Bürger dazu, die letzten Silberstücke zu erwerben. Der Geschäftsmann Joseph Segel, der kurz davor damit begonnen hatte, Casinos in Las Vergas und andernorts mit Jetons zu versorgen, sah Fotos mit langen Schlangen vor den staatlichen Münzverkaufsstellen – und handelte. Mit einem Startkapital von 21.000 Dollar gründete er eine eigene Prägestätte für Münzen und Medaillen. Anlässlich der Beisetzung von General Douglas MacArthur brachte er eine Silbermedaille zum Preis von 6,50 Dollar heraus. Jeden Monat erschien nun eine neue Medaille. Segel später: „Meine Idee war, eine Serie von massiven Sterling-Silbermedaillen herauszubringen, etwas größer als der Silberdollar, von höchster Qualität in limitierter Auflage und jeweils von einem anderen berühmten Bildhauer entworfen.“
Der Chefgraveur der US Mint Gilroy Roberts (1905–1992) kurz vor seinem Wechsel zur Franklin Mint
Bildquelle: USA Coin Book
Der Vertrieb erfolgte exklusiv für Sammler über eine eigens gegründete Gesellschaft. Er überzeugte Gilroy Roberts, den Chefgraveur der US Mint, gemeinsam mit ihm die General Numismatics Corporation (ab 1965: Franklin Mint) zu gründen. Neben der erwähnten Serie von Medaillen wurden bald auch Gedenkmünzen für Länder wie Bahamas, Jamaika, Trinidad, Panama und Tunesien hergestellt. Der Umsatz stieg von 392.000 US-Dollar (1965) auf 45,8 Millionen US-Dollar (1970). Die Franklin Mint war gewissermaßen über Nacht zur größten privaten Münzstätte der USA aufgestiegen. Tochterunternehmen mit Münz- und Medaillenprägestätten entstanden in den USA, Mexiko, Paris, London und Tokio. Im Jahr 1973, der Umsatz betrug inzwischen 113 Millionen US-Dollar und der Gewinn neun Millionen US-Dollar, verließ Segel die Firma.
Jahrelang gab die Franklin Mint aufwändig ausgestattete Kataloge ihrer Editionsprogramme heraus.
Bildquelle: Amazon, Jumping Frog
Das vermeintliche Erfolgsmodell
Rechtzeitig vor dem Boom am Silbermarkt hatte sich das Unternehmen mit Silberbarren für die Produktion von Münzen und Medaillen eingedeckt. Mithilfe dieser Investition lief der Vertrieb auf Hochtouren: „Segels Traum von Münzverträgen wurde in den 70er Jahren in einem aufwändigen Rahmen verwirklicht, als große und kleine Länder und Kolonien sich an die Franklin Mint wandten, um Gedenkmünzen und Proof-Ausgaben schlagen zu lassen. Meist handelte es sich um kleine Auflagen, mit denen die ‚gesetzlichen Zahlungsmittel‘ aggressiv beworben wurden. Staaten in Westindien, Mittel- und Südamerika, Afrika, Asien und im Südpazifik gaben die von Franklin Mint entworfenen Einzelstücke und Sets heraus. Vermarktet wurden sie zumeist von der Paramount International Coin Corporation aus Englewood/Ohio. (…) Immer an der Spitze, schlug die Franklin Mint die erste Goldmünze, die amerikanische Sammler nach der Aufhebung des damals noch bestehenden US-Verbotes von Goldbesitz zum Jahresende 1974 legal kaufen konnten. Es handelte sich um eine Gedenkmünze zu 100 Balboas aus 900er Gold, erstmals ausgegeben im Jahr 1975, auf welcher das Porträt des spanischen Pazifik-Entdeckers und das Landeswappen von Panama prangten. Courtney L. Coffing, Mitarbeiter von Coin World, wartete am 31. Dezember um Mitternacht in der Warteschlange, um ein Belegexemplar zu erhalten.“ (David Alexander: Rise and Fall of the Franklin Mint. In: Coinweek, 25. Juli 2018) Für viele Entwicklungsländer wurden Gedenkmünzen mit attraktiven Motiven entworfen. Den Bewohnern der jeweiligen Staaten, die weiter mit herkömmlichen Kursmünzen mit Standard-Motiven zahlten, waren die aufwändig aus polierter Platte hergestellten Stücke meist unbekannt.
Eine Cent-Prägung der Franklin Mint für den Inselstaat Barbados (1973, Bronze, 3 Gramm)
Bildquelle: Comptoir des Monnaies
Ein Proof-Set mit Münzen von 10 Dollar (1975, 925er Silber, 42,8 Gramm) bis zum Cent aus Jamaika
Bildquelle: WorthPoint
Der unrühmliche Niedergang
Die Wende kündigte sich mit der Silberkrise an, die im Januar 1980 ausbrach. In 15 Monaten sank der Silberpreis von etwa 50 Dollar pro Unze auf etwa 5 Dollar – also um 90 Prozent! Viele Kunden versuchten sich nun von ihren vermeintlich krisenfesten Kollektionen zu trennen. Doch unter Sammlern gab es für diese Art von Erzeugnissen keinen nennenswerten Sekundärmarkt. Hinzu kam, dass die Stücke nun auch als Anlageprodukte wertlos waren, zumindest jene aus Silber und unedlen Metallen Um den schwindenden Absatz von Münzen und Medaillen auszugleichen, weitete die Franklin Mint ihre Produktpalette und das Vertriebsgebiet aus: „Den potentiell ansprechbaren 100 Millionen Haushalten in den Vereinigten Staaten und 18 anderen Nationen wurden seitdem Porzellan und Zinnfiguren, Briefmarken und Bücher, Schmuck und Schallplatten offeriert – ausschließlich per Direkt-Werbung und im Direkt-Versand.“ (Die Zeit, Ausgabe 42/1981) Auch die Leser von bundesdeutschen Zeitungen und Zeitschriften erhielten nun Verkaufsprospekte der Franklin Mint. „Angepriesen wurden eine ‚Liebhaber-Edition‘ mit 50 Bänden Weltliteratur (Gesamtpreis: 7.000 Mark), eine Sammlung mit den ‚100 größten Schallplattenaufnahmen aller Zeiten‘ (340 Mark plus Versandkosten), zwölf Porzellan-Kelche mit europäischen Singvögeln (840 Mark), eine Kollektion von 25 Fingerhüten ‚weltberühmter Porzellan-Manufakturen‘ (875 Mark inklusive Wandbord) und eine gleich große Sammlung von Miniatur-Porzellantellern (987,50 Mark plus Versandkosten, ebenfalls einschließlich kleinem Wandregal).“ Doch der Niedergang war nicht aufzuhalten. Im Jahr 2003 stellte die Franklin Mint ihre Münz- und Medaillenproduktion ein. Heute fungiert die Firma nur noch als eine Resterampe.
Das leer stehende Museum der Franklin Mint am früheren Firmensitz in Wawa (Pennsylvania)
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