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Bernd Göbel: Medaillen 2012 - 2017


Bernd Göbel: Medaillen 2012 - 2017. Mit einem Essay von Ulf Dräger. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2017. 52 S., durchgängig farbig bebildert, 22,7 x 26,7 cm, Hardcover, 14,95 Euro, ISBN 978-3-95462-949-7.

Prof. Bernd Göbel, 1942 in Freiberg/Sachsen geboren und von 1978 bis zu seiner Pensionierung 2008 Leiter der Bildhauerklasse an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle, zählt zu den renommiertesten deutschen Bildhauern. Zu seinen bekanntesten Arbeiten im öffentlichen Raum zählen das Denkmal des jungen Johann Sebastian Bach auf dem Arnstädter Marktplatz (1982–1984), das Denkmal für Berthold Brecht auf dem Dessauer Rathausplatz (1977–1979), der „Beginn einer Reihe“ in der Grimmaschen Straße in Leipzig (1986–1989) und vor allem der inzwischen nach ihm benannte „Göbel-Brunnen“ auf dem Hallenser Hallmarkt. Die Aufstellung dieser Brunnenanlage wurde 1997 wegen der Darstellung eines nackten Kardinals bundesweit über viele Monate in allen Medien diskutiert. Vor allem aber ist Bernd Göbel auch ein aussagemächtiger Medailleur.

Als erster Deutscher erhielt Göbel im Jahr 2000 den Saltus-Award der American Numismatic Society und 2002 den Grand Prix der Fédération Internationale de la Médaille (FIDEM) in Paris. In Deutschland erhielt er u.a. 1984 den Kunstpreis der DDR und 2012 den Hilde-Broër-Preis. In seinen Medaillen entwickelt Göbel eine eindringliche Bildersprache. Sie sind ihm auch zeitkritisches Medium, mit dem er auf aktuelle Ereignisse reagiert und engagiert Position bezieht. Der Künstler „hofft beharrlich“, dass er mit seinen Werken zum Nachdenken und handeln anregt.

Wie das gehen kann, demonstrierte Göbel beispielhaft 2003: Am 5. Februar 2003 reiste der damalige US-amerikanische Außenminister Colin Powell im Auftrage seines Chefs George W. Bush zur UNO nach Genf, um den Krieg gegen den Irak unter Saddam Hussein, der angeblich tausende Tonnen Giftgas im Wüstenboden versteckt hatte, zu rechtfertigen. Powell wollte dies nicht vor Picassos Anti-Kriegs-Bild „Guernica“ tun, das die UNO daraufhin bereitwillig verhüllte. Göbel riss die Verschleierung weg, indem er das traurige Lügen- und Verhüllspiel sofort auf einer Medaille anprangerte (die W. Steguweit bereits in der Maiausgabe 2003 des Numismatischen Nachrichtenblatts vorstellte).

Die mit großer Sensibilität modellierten und geschnittenen Kleinreliefs Göbels haben der deutschen Medaillenkunst wichtige Impulse gegeben. Göbel verstand es, den Begriff der Medaille neu zu definieren und mit überzeugender Qualität aus dem Korsett der traditionellen Vorstellungen für diese Kunstgattung auszubrechen. So ergänzt er z.B. das statische Nebeneinander von Vorder- und Rückseite zu einer zeitlichen Folge und zu einem fließenden Übergang der Bilder, die sich zu einem endlosen Relieffries vereinen.

Das Medaillenwerk Bernd Göbels fand bereits verschiedene Darstellungen, hier sei insbesondere auf den Band „Bernd Göbel: Das wechselnde Verhältnis von Alt und Neu. Medaillen“ hingewiesen, der 2012 erschienen ist. Dieser Band findet nun seine aktuelle Fortsetzung im hier vorzustellenden Katalog, der die Arbeiten von 2012 bis 2017 erfasst. Sehr sensibel und kenntnisreich wird der Band von Ulf Dräger, dem Leiter des Münzkabinetts in der Moritzburg in Halle, mit einem Essay „Schönheiten und Unbegreiflichkeiten – neue Medaillen für das 21. Jahrhundert“ eingeleitet. Und dann begeistern die großen und großartigen Farbaufnahmen, die aber auch immer wieder zum Innehalten und Nachdenken zwingen. Göbel scheut keine brisanten Themen, so prangert er die israelische Siedlungspolitik genauso an wie (gleich zweifach) den Umgang mit dem Whistleblower und ehemaligen CIA-Mitarbeiter Edward Snowden, für den er einen „Erich Mielke Award“ schafft. Aber es bleibt nicht dabei, Göbel präsentiert auch Medaillen, die die Schönheit unserer Welt und seine Verbundenheit dazu demonstrieren.

Der sehr (!) preiswerte und bestens gestaltete und ausgestattete Katalog gehört nicht nur in die Hand eines jeden Medaillenfreundes, er ist für alle geschaffen, die unsere Welt bewusst wahrnehmen wollen, um sie noch lange genießen zu können.


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