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Amerika-Fahrt des Handels-U-Boots „Deutschland“


Um kriegswichtige Rohstoffe trotz der britischen Seeblockade zu beschaffen, wurde im Deutschen Reich die Idee entwickelt, zum Zwecke der Rohstoffbeschaffung Unterseeboote einzusetzen. Die U-Boote sollten in die Vereinigten Staaten von Amerika fahren und dort die benötigten Materialien an Bord nehmen. Der Bremer Kaufmann Alfred Lohmann gründete zusammen mit dem Norddeutschen Lloyd und der Deutschen Bank die „Deutsche Ozean-Reedereigesellschaft m.b.H.“ Diese gab ein Handels-U-Boot in Auftrag, für das die Ladung die Firma Lohmann & Co. bereitstellte.

Silbermedaille 1916 von H. Kaufmann auf Alfred Lohmann,

Begründer der Unterseeboot-Handelsflotte. Büste nach links.

Rückseite: Hermes mit Schlüssel auf Fisch, im Hintergrund Schiff.

Ein zweites Handels-U-Boot (die „Bremen“) wurde von der Firma Krupp in Auftrag gegeben, die damit ihr Nickel aus den USA nach Deutschland holen wollte. Gebaut wurden die U-Boote von der Germania Werft in Kiel. Da Handels-U-Boote unbewaffnete U-Boote sind, sind sie zivile Fahrzeuge mit einer zivilen Mannschaft und genießen damit den vollen völkerrechtlichen Schutz als Handelsschiff. Ob sich aber die Briten daran gehalten hätten, ist fraglich (siehe „Baralong-Mörder“). Die „zivile“ Mannschaft wurde natürlich von der kaiserlichen Marine abgestellt, denn woher sollten sonst die erfahrenen U-Boot-Besatzungen kommen?

Bei der ersten Fahrt nahm die „Deutschland“ 163 t konzentrierte Farbstoffe (z. B. Alizarin) und pharmazeutische Präparate (Salvarsan [Mittel gegen die Syphilis]) im Wert von 60 Mio. Mark mit. Die Deutschland war das erste U-Boot, das den Atlantik durchquerte. Auf der Rückfahrt nahm die „Deutschland” 348 t Kautschuk, 341 t Nickel und 93 t Zinn als Ladung mit (Die Reederei hatte bereits ab Januar 1916 in den USA 1800 t Kautschuk

Propaganda-Postkarte „Deutschlands Blockadebrecher“ mit den Bildnissen der beiden Kapitäne Paul König und Karl Schwartzkopf

aufgekauft). Der Erlös allein aus dem Verkauf des Kautschuks betrug ca. 17,5 Mio. Mark. Letztlich überstieg der Gewinn um ein Vielfaches die Kosten für beide U-Boote.

Die amerikanische Chemieindustrie konnte die gelieferten Stoffe zum damaligen Zeitpunkt nicht herstellen und war daher auf die Belieferung aus Deutschland angewiesen. Die Rückfracht deckte den Bedarf der deutschen Kriegsindustrie für mehrere Monate.

Im Oktober 1916 lief die „Deutschland“ erneut mit einer Ladung aus Farbstoffen, Chemikalien, Medikamenten, Wertpapieren und Edelsteinen aus. Mit dieser Fahrt wurde ein regulärer Postdienst zwischen dem Deutschen Reich und den USA aufgenommen. Der Hafen von New London in Connecticut wurde am 1. November 1916 erreicht. Die Ladung der Rückfahrt bestand aus 378 t Kautschuk, 188 t Nickel, 146 t Eisenlegierung, 76 t Zinn und Silberbarren im Wert von 140 000 Dollars. Die „Deutschland“ erreichte am 10. Dezember 1916 den Hafen von Wesermünde (heute Bremerhaven).

Das Schwesterschiff der „Deutschland“, die „Bremen“, war nicht so erfolgreich wie die „Deutschland“. Sie lief zu ihrer Jungfernfahrt aus Kiel am 21. August 1916 aus. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Marinehistoriker vermuten, daß sie auf eine Mine gelaufen und gesunken ist.

Nach Kriegseintritt der USA 1917 wurde die „Deutschland“ umgebaut. Aus der „Deutschland“ wurde so der U-Kreuzer U-155, der am 23. Mai 1917 unter Kapitänleutnant Karl Meusel zu seiner ersten Feindfahrt startete. Während dieser Fahrt, die mit 104 Tagen auf See und 10 200 sm (davon 620 sm unter Wasser) Fahrtstrecke die bis dahin längste U-Bootunternehmung war und das Boot bis zu den Azoren führte, wurden insgesamt 52 000 BRT Schiffsraum durch Artilleriebeschuß und Sprengladungen versenkt. Insgesamt versenkte U-155 43 Schiffe und beschädigte drei.

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