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Dietmar Kreutzer

Joseph Fouché als Kassenwart der Französischen Revolution

„We must have a European code, a European court of cassation, the same coins, the same weights and measures, the same laws; I must amalgamate all the people of Europe into one, and Paris must be the capital of the world.” – „Wir brauchen einen europäischen Kodex, einen europäischen Kassationsgerichtshof, die gleichen Münzen, die gleichen Maße und Gewichte, die gleichen Gesetze; ich muss alle Völker Europas zu einem einzigen zusammenschließen, und Paris muss die Hauptstadt der Welt sein.” (The Memoirs of Joseph Fouché, London 1825, S. 96).


Joseph Fouché (1759-1820). Bildquelle: Wikimedia, Noireterre.

Diese Joseph Fouché zugeschriebenen Worte werfen ein Schlaglicht auf die Auswirkungen der Französischen Revolution. Zum Zeitpunkt des Sturmes auf die Bastille waren die französischen Staatsfinanzen völlig zerrüttet. Während der Revolutionsjahre wurde der traditionelle silberne Laubtaler im Wert von 6 Livres zunächst beibehalten. Die Kapitalflucht bewirkte jedoch eine eklatante Finanznot. So entschlossen sich die Revolutionäre, Gutscheine auf die verstaatlichten Kirchengüter auszugeben. Das System der Assignaten war geboren: „Im Dezember 1789 beschloss die Verfassunggebende Versammlung die Einrichtung einer außerordentlichen Kasse, die die Erlöse aus dem Verkauf der verstaatlichten Güter zufließen und die für 400 Millionen Livres Assignaten im Wert von jeweils 1000 Livres ausgeben sollte, welche zu 5% verzinslich waren.“ (René Sedillot: Muscheln, Münzen und Papier; Frankfurt/Main 1992, S. 195).


Assignat über 5 Livres (Frankreich, 1793). Bildquelle: Wikimedia, Vizu.

Im April 1790 zur Währung erhoben, verloren die in immer größeren Stückzahlen ausgegeben Assignaten jedoch alsbald an Wert. Eine Papiergeldinflation setzte ein. Um das Vertrauen zurückzugewinnen, wurde im August 1792 beschlossen, alles Metall aus den Kirchen und den Besitzungen der Emigranten zu beschlagnahmen. Nun trat der junge Abgeordnete Joseph Fouché auf den Plan.


Im Frühjahr 1793 entsandte ihn der Nationalkonvent als Prokonsul mit praktisch unbeschränkten Vollmachten in das Departement der Loire inférieure. In Nantes, Nevers und Moulin las man kurz darauf seine ersten „Instructions“. Jeder, der es sich leisten kann, habe die Republik zu unterstützen. In seinem Manifest an die Bürger heißt es unmissverständlich: „So gibt es Leute, die unglaublichen Überfluss an Leinen und Hemden, an Tüchern und Stiefeln haben. Alle diese Gegenstände müssen Gegenstand der revolutionären Aufbringung sein.“ (Stefan Zweig, Joseph Fouché; Frankfurt/Main 1957, S. 28). Insbesondere seien sämtliche Bestände an Edelmetallen abzuliefern. So presste Fouché ungeheure Mengen an Gold und Silber aus den ihm unterstellten Regionen: „Er weiß, dass er dem Konvent Rechenschaft schuldet, weiß auch, dass die patriotischen Phrasen und Briefe gleichzeitig mit den Assignaten längst im Kurs gesunken sind und man, um Bewunderung zu erregen, metallische Worte finden muss. So sendet er, während die ausgehobenen Regimenter an die Grenzen marschieren, den ganzen Ertrag seines Kirchenraubes nach Paris. Kisten über Kisten werden in den Konvent geschleppt, gefüllt mit goldenen Monstranzen, zerbrochenen und geschmolzenen Silberleuchtern, vollgewichtigen Kruzifixen und herausgebrochenen Juwelen.“ (Ebenda, S. 31). Er ist der einzige unter den Provinzfürsten, der eine solch umfangreiche Beute nach Paris schickt. Im Konvent jubelt man angesichts derartiger Entschlossenheit.

5 Francs, 1797, 900er Silber, 25 g. Bildquelle: Numista, alb22.

Nach dem Staatstreich von Napoleon Bonaparte endete die Assignaten-Wirtschaft. Der Erste Konsul setzte ein Reformpaket durch. Am 7. April 1795 beschloss der Konvent die Währungseinheit Livre durch den Franc zu ersetzen. Durch ein Gesetz vom 15. August 1795 wurde das Gewicht der Silbermünzen mit fünf Gramm festgesetzt. Mit der festgelegten Feinheit von neun Zehnteln Silber bedeutete dies, dass der Franc genau 4,5 Gramm Feinsilber enthielt. Damit entsprach sein Wert etwa demjenigen des bisherigen Livre tournois, dessen Silbergehalt bei 4,50516 lag.


Abgeschlossen wurde die große Währungsreform mit einem Gesetz vom 28. März 1803. Mit ihm entstand ein Währungssystem mit einer festgelegten Korrelation von Gold und Silber. Das Gesetz war am 7. Germinal des Jahres XI der während der Revolutionsjahre geltenden Zeitrechnung beschlossen: Der Franc germinal war entstanden. „In dem gleichen Gesetz wurde das Prägen von 155 Zwanzig-Francs-Münzen aus einem Kilogramm 900er Gold (also 900 Gramm Gold) verfügt, in der Art, dass jede Münze 6,4516 Gramm wog und 5,8064 Gramm des gelben Metalls enthielt (Parität des späteren Napoleon). Der Franc entsprach einem Zwanzigstel dieser Münze, das heißt er wog 322,58 Milligramm (aus 900er Gold, das heißt also 290,3225 Milligramm Feingold). Unterteilt wurde dieser Franc in 100 Centimes.“ (René Sedillot, S. 218).


40 Francs, 1810, 900er Gold, 12,9 g. Bildquelle: Comptoir des Monnaies.

Alle Goldmünzen trugen auf der Vorderseite das Abbild des Konsuls beziehungsweise späteren Kaisers. Auf der Rückseite erschien das Motto der Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die Münzen der Revolutionsjahre, zunächst noch mit dem Porträt des Königs, dann mit einem schreibenden Genius und schließlich mit dem Porträt des Ersten Konsuls sowie des Kaisers dokumentieren den schrittweisen Wandel.


Der Wendehals Joseph Fouché profitierte von diesem Wandel. Im September 1799 zum Polizeiminister ernannt, diente er unter den Revolutionären und dem Kaiser, kurze Zeit sogar noch unter den Bourbonen. Im Lauf all dieser Jahre wurde er zum Millionär, zum zweitreichsten Mann in Frankreich. Napoleon misstraute seinem Minister, erhob ihn dennoch zum Herzog von Otranto. Eifrig hortete Fuché das neue Währungsgold: „Jedenfalls das Wappen des Herzogs von Otranto zeigt als Mittelstück eine goldene Säule – wohl passend für diesen leidenschaftlichen Liebhaber des Goldes. Und um diese goldene Säule windet sich eine Schlange – wahrscheinlich gleichfalls eine zarte Andeutung auf die diplomatische Biegsamkeit des neuen Herzogs. Er muss wahrhaft kluge Heraldiker im Dienst gehabt haben, Napoleon, denn ein charakteristischeres Wappen hätte man nicht erfinden können für einen Joseph Fouché.“ (Zweig, S. 142). Im September 1815 endlich entlassen, hinterließ er seinen Kindern ein Vermögen von vierzehn Millionen Francs.

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