Dass in Schloss- und anderen Museen Münzen und Medaillen gezeigt und als aussagekräftige Zeit-und Kunstdokumente gewürdigt werden, kommt nicht alle Tage vor. In dem aus dem späten 18. Jahrhundert stammenden, vom mecklenburgischen Herzog Friedrich dem Frommen in einem Landschaftspark erbauten Schloss Ludwigslust und dem im 19. Jahrhundert auf den Fundamenten einer alten Burg errichteten Schloss in Schwerin ist das jedoch anders: In goldstrotzenden Prunkräumen kommen auch Münz- und Medaillenfreunde auf ihre Kosten. Da das Staatliche Museum neben dem Schweriner Schloss saniert wird, werden hier noch bis Anfang 2024 kostbare Gemälde, Möbel, Porzellane, Silberarbeiten und auch numismatische Objekte unter dem Motto „Glanzstücke im Dialog“ präsentiert. Die Medaillen unterstreichen ihre Funktion als Mittel fürstlicher Propaganda und Selbstdarstellung und stellen Erfindungsreichtum und Können der beteiligten Künstlern unter Beweis.
Das Wappen von Mecklenburg-Schwerin bildet alle Landesteile unter der Herrschaft der Herzöge und ab 1815 Großherzöge ab. Mit ihrer Abdankung in der Novemberrevolution von 1918 hatten auch sie ihre Macht verloren.
Dass das Schweriner Münzkabinett in Schwerin und Ludwigslust geprägtes Metall der Extraklasse zeigt, werden Sammlerfreunde – und nicht nur sie – begrüßen. Zu sehen sind numismatische Raritäten, wie der unter Leitung von Simon Lüdemann in Gadebusch geprägte Glückstaler von 1612, der Herzog Adolph Friedrich von Schwerin in modischer Hoftracht zeigt. Auf der Rückseite schwebt Fortuna mit einem Segel in den Händen auf einer geflügelten Kugel. Im Hintergrund sind Reiter zu erkennen, und ein Baum biegt sich im Sturm. Die antike Göttin Fortuna war zuständig für alles, was mit Glück, Zufall und Schicksal zu tun hatte. Ihr Bild kann als Hinweis verstanden werden, dass das Glück manchen Widrig- und Unwägbarkeiten ausgesetzt ist.
Fortuna schwebt, auf einer geflügelten Kugel stehend und ein Segel in den Händen haltend, über der Erde, ihr können die Krieger im Hintergrund nichts anhaben. Das Motto auf dem Glückstaler FORTVNE IN FORTVNE FORT VNE bedeutet „Glück und Unglück sind eines“ und meint, dass man sich nie seines Glückes sicher sein kann.
Mit der Allegorie wollte der noch junge Herzog Adolph Friedrich I., der mit seinem Bruder Johann Albrecht II. wegen Erbansprüchen im Clinch lag, offenbar Harmonie, Glück und Wohlstand auf sein Land beschwören. Das 1621 durch die Zweiten Mecklenburgische Hauptlandesteilung in die Herzogtümer Schwerin und Güstrow gespaltene und damit geschwächte Territorium geriet in die Mühlen des Dreißigjährigen Krieges mit dem Ergebnis, dass zeitweilig der kaiserliche Generalissimus Albrecht von Wallenstein von Kaiser Ferdinand II. als Herzog in Güstrow bestallt wurde und die eigentliche Dynastie vertrieb. 1701 wurden die Herzogtümer Schwerin und Güstrow vereint, was die Prägung prächtiger Medaillen wert war, und überdies das Strelitzer Herzogtum gebildet.
Als Herzog Friedrich Wilhelm zum Ritter des hochangesehenen dänischen Elefantenordens geschlagen wurde, ließ er eine Medaille mit dem als weise geltenden Dickhäuter im Kreis von Schafen prägen.
An anderer Stelle ist eine Medaille auf den Orientalisten, Bibliothekar und Altertumskundler Oluf Gerhard Tychsen ausgelegt. Der Professor legte in Bützow, wo zeitweilig eine unter herzoglicher Kuratel stehende Universität tätig war, eine Münzsammlung für Unterrichtszwecke an. 1791/92 kündigte er, wieder nach Rostock zurückgekehrt, eine Vorlesung zur Einführung in die antike Numismatik an und half so, dass sich die Numismatik als akademisches Lehrfach etablieren konnte. Neben dem Geld der Griechen, Römer und anderer Völker des Altertums befasste sich Tychsen auch mit mecklenburgischer Münzkunde, hielt Vorlesungen über arabische und hebräische Geldstücke und publizierte über sie in Latein, der damaligen Gelehrtensprache. Als der schon hochbetagte Tychsen 1813 sein 50-jähriges Dienstjubiläum beging, widmete ihm der an Geschichte und Archäologie interessierte Herzog Friedrich Franz I. eine Medaille mit einem Palmenbaum darauf, welcher Früchte trägt, kombiniert mit einer lateinisch verfassten Eloge auf die Verdienste des Jubilars.
Die Vierhundertjahrfeier der Rostocker Universität wurde 1819 mit einer Medaille gefeiert, die die Bildnisse zweier herzoglicher Gründerväter mit dem Porträt des amtierenden Großherzogs Friedrich Franz I. verbindet (oben). Dessen Bildnis wurde für das 5-Mark-Stück von 1915 zur 100-Jahr-Feier seiner „Erhebung“ zum Großherzog während des Wiener Kongresses verwendet (unten).
Friedrich Franz I. hatte in den frühen 1790er Jahren für die Gründung der Akademischen Münzsammlung an der Rostocker Universität gesorgt. Sie rekrutierte sich aus der Mecklenburg-Sammlung Niemann-Martini, die der Herzog im Jahr 1794 preiswert zum Metallwert plus einem 20-prozentigen Liebhaberaufschlag gekauft hatte. Dieser Kollektion wurden der herzoglichen Sammlung in Schwerin fehlenden Stücke entnommen. Der stattliche Rest ging an die Universität, die fortan gezielt antike Münzen sammelte. Im Jahr 1901 kam es zu einer Aufteilung und „Flurbereinigung“ der Bestände, wie man damals sagte. Man war auf die Idee verfallen, in Rostock die antiken Münzen zu sammeln und zu pflegen, während in Schwerin alle mecklenburgischen Münzen und Medaillen konzentriert werden sollten. Die Folge war, dass die Universität zahlreiche wertvolle, oft einmalige Stücke, darunter auch Rostocker Gepräge, an das großherzogliche Kabinett abgeben musste. Ziel war es, den Bestand an antiken Münzen zu stärken und durch Verkauf vermeintlich nicht ins Profil passender Stücke Mittel für eine akademische Lehrsammlung mit alten Griechen, Römern, Kelten usw. Antiken zu erhalten. Wer über mecklenburgische Münzen und Medaillen forschen und sich beraten lassen möchte, ist im Schweriner Münzkabinett an der richtigen Adresse.
Abb.: Helmut Caspar
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