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Michael Kurt Sonntag

Die Paradiesvogel-Münzen von Deutsch-Neuguinea

1884 wurde der Nordosten des in der Südsee gelegenen Neuguineas als „Kaiser-Wilhelms-Land“ (181.650 km²) erworben. Im selben Jahr wurde auch der diesem Gebiet vorgelagerte Bismarckarchipel (47.100 km²), der etwa 200 Inseln umfasste, sowie die Nordsalomonen deutsches Eigentum. Am 17. Mai 1885 wurden diese Gebiete dann durch den Kaiserlichen Schutzbrief offiziell in Besitz genommen. Das hierbei entstandene Schutzgebiet (Kolonie) nannte man Deutsch-Neuguinea. Die Landeshoheit über Deutsch-Neuguinea übertrug der Schutzbrief der Neuguinea-Compagnie. Diese besaß damit nicht nur alle Hoheitsrechte, sondern auch das Prägerecht.


Da im Schutzgebiet bis dahin Muschelgeld (hauptsächlich Diwarra) als Tauschmittel benutzt worden war, erließ die Neuguinea-Compagnie am 19. Januar 1887 eine Verordnung, „mit der sie zum 1.4.1887 die Reichsmark-Rechnung in ihrem Gebiet einführte (ohne 5 Mark Gold und Silber, 20 Pfennig Silber und Nickel). Alle Münzen hatten im Unterschied zu den Bestimmungen im Reich unbeschränkte Zahlkraft.“ (Kurt Jaeger: Die deutschen Münzen seit 1871, Regenstauf 2021, S. 917) Weil die importierten Reichsmünzen aber immer wieder nach Deutschland zurückflossen, wenn die Angestellten der Gesellschaft ihre Ersparnisse im Heimaturlaub mitnahmen, kam es in Neuguinea immer wieder zu einem Geldmangel. Um diesem Abhilfe zu schaffen, erließ die Neuguinea-Compagnie am 1. August 1894 eine Verordnung, durch die sie Neuguinea-Münzen auf der Basis 100 Neuguinea-Pfennig = 1 Neuguinea-Mark einführte. Gleichzeitig verbot sie die Ausfuhr von Neuguinea-Mark ebenso wie den Umlauf ausländischer Zahlungsmittel, mit Ausnahme der Münzen des Deutschen Reichs, die bereits seit 1887 Zahlungsmittel waren. Für den allgemeinen Zahlungsverkehr wurden dann in der Berliner Münzstätte die Nominale 1, 2 und 10 Pfennig, ½, 1, 2 und 5 Mark geprägt. Während die 1 und 2 Pfennig-Stücke auf ihren Bildseiten nur zwei kleine gekreuzte Palmwedel zeigen und den Namen des Emittenten (Neu-Guinea Compagnie) nennen, erscheint auf der Bildseite aller übrigen Nominale ein überaus schöner und imposanter Paradiesvogel, genauer gesagt der Große Paradiesvogel (lat. Paradisaea apoda) bei der Balz.

Ein Jahr später ließ die Neuguinea-Compagnie dann auch motivgleiche Goldmünzen zu 10 und 20 Neuguinea-Mark prägen, stellte die Prägung der übrigen Nominale aber ein.

Die Entwürfe und Stempel dieser motivgleichen Neuguinea-Münzen stammen von den Berliner Künstlern und Stempelschneidern Emil Weigand (Wertseite) und Otto Schultz (Bildseite).


Infolge des Vertrags vom 7. Oktober 1898 verzichtete die Neuguinea-Compagnie allerdings auf die Hoheitsrechte, einschließlich des Prägerechts. Diese gingen dann am 1. April 1899 an das Deutsche Reich über. Da sich die Deutsche Mark in Neuguinea inzwischen durchgesetzt hatte und kein Abfluss mehr nach Deutschland zu befürchten war, konnten die Neuguinea-Münzen eingezogen werden. Dies geschah durch die Verordnung vom 5. September 1908, die wiederum am 15. April 1911 in Kraft trat. „Die Goldmünzen [zu 10 und 20 Neuguinea-Mark] waren nach einem Bericht des Kaiserlichen Gouverneurs vom 2.1.1900 bereits aus dem Zahlungsverkehr verschwunden und wurden schon damals von Sammlern mit hohem Aufgeld bezahlt.“ (Kurt Jaeger: ebenda, S. 923) Inzwischen sind alle deutschen Neuguinea-Münzen sehr beliebte und begehrte Sammelobjekte und die Goldmünzen für den Durchschnittssammler kaum noch erschwinglich, zumal die 10 Neu-Guinea Mark bereits bei 38.000 Euro und die 20 Neu-Guinea Mark bei 40.000 Euro in der Erhaltung sehr schön notieren.


Übrigens, erweitert wurde das Gebiet Deutsch-Neuguineas 1899 durch die von Spanien erworbenen Karolinen, Marianen und Palau-Inseln. 1906 kamen dann noch die Marshall-Inseln und Nauru hinzu. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg musste das Deutsche Reich allerdings auf alle ehemaligen Schutzgebiete (Kolonien) wieder verzichten. „Durch den Versailler Vertrag kamen 1920 als Völkerbundsmandat die Marshall-Inseln, die Karolinen, die Marianen und die Palau-Inseln an Japan, Nauru an Großbritannien, Neuseeland und Australien (in fünfjährigem Wechsel), Kaiser-Wilhelms-Land, Bismarck-Archipel und die Salomonen an Australien.“ (Kurt Jaeger: ebenda, S. 917)


Seit 1975 gehören das ehemalige Kaiser-Wilhelms-Land, der ehemalige Bismarckarchipel und die Nordsalomoneninseln Bugainville und Buka zum unabhängigen Staat Papua-Neuguinea. Interessant und bemerckenswert ist, dass Papua-Neuguinea 1994 den einstigen Paradiesvogel-Münzen Deutsch-Neuguineas gedachte und zum 100. Jahrestag ihrer Einführung eine 50-Kina-Gedenkmünze in Gold emittierte.

Wie unschwer zu erkennen ist, orientierte man sich bei dieser Goldmünze nicht nur motivisch an den Neu-Guinea-Stücken von 1894/95, sondern wählte auch die gleiche Goldlegierung und das gleiche Gewicht wie bei der 20 Neu-Guinea Mark.


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