Dietmar Kreutzer
Die Kemmerer-Mission: Wie der Plan für die panamerikanische Goldwährung „Oro“ im Jahr 1933 endgültig scheiterte
Die Idee einer einheitlichen Währung für den amerikanischen Kontinent war nicht neu. Bereits auf der 1. Internationalen Konferenz amerikanischer Staaten in Washington 1889/90 wurde sie vorgetragen. Auf dem 2. Panamerikanischen Wissenschaftskongress im Jahr 1915 unterbreitete der US-Ökonom Edwin Walter Kemmerer einen konkreten Vorschlag.
Die bislang am britischen Pfund, französischen Franc oder US-Dollar ausgerichteten Landeswährungen sollten vereinheitlicht werden. Vorgeschlagen wurde eine einheitliche Währungseinheit, deren Wert sich am Goldgehalt des US-Dollars orientieren sollte - der „Oro“. Kemmerer: „Die Existenz einer einheitlichen Währungsgrundlage mit überall in Amerika geltenden Goldmünzen wäre ein bedeutender Schritt zur Verwirklichung des panamerikanischen Ideals.“ (Edwin Kemmerer: A Proposal for Pan-American Monetary Unit. In: Political Science Quarterly, Ausgabe 31/1916, S. 71)
Dem Vorbild der Lateinischen Münzunion in Europa folgend, sollten die wirtschaftliche Zusammenarbeit erleichtert, internationale Transaktionskosten reduziert und der Tourismus gefördert werden. Die Münzen könnten laut Kemmers Vorschlag die Aufschrift „Pan-American Union“ und eine Angabe zu ihrem Wert in „oro“ tragen.
Aufgrund der Beteiligung der USA am Ersten Weltkrieg wurden die Pläne einstweilen zu den Akten gelegt. Wenige Jahre später erarbeitete Kemmerer weitere Vorschläge für eine Neuordnung des internationalen Währungssystems. Als international anerkannter „Doctor Money“ beriet der Professor der Universität Princeton sieben lateinamerikanische Länder: Mexiko (1917), Guatemala (1919/24), Kolumbien (1923/30), Chile (1925), Ecuador (1926/27), Bolivien (1927) und Peru (1931). In Guatemala z.B. reformierte Kemmerer die marode Landeswährung durch eine Umstellung auf den goldgedeckten Quetzal im Wert eines US-Dollars. Auch in Deutschland arbeitete er 1925 als Mitglied der Dawes-Kommission an einer Stabilisierung der neuen Reichsmark auf Goldbasis.
Infolge der Einführung eines Gold-Devisen-Standards wurden in einigen dieser Länder sogar wieder Goldmünzen ausgeprägt. Die Herstellung dieses einfachen Goldstandards schuf eine Vertrauensbasis für Investoren. In die kolumbianische Wirtschaft etwa flossen infolge der Reformen von 1925 bis 1928 ca. 175 Millionen Dollar an Darlehen. Die bedenkenlos gewährten Kredite sollten sich jedoch alsbald rächen. Im „Tanz der Millionen“ stieg die Kreditlast des Landes von 24,1 Millionen Dollar (1923) auf 203,1 Millionen Dollar (1928). Im Verlauf der Weltwirtschaftskrise kollabierte dann das System.
Zuerst brachen die Exporte ein: „Der Kaffeepreis fiel von 27,26 Cents im Jahr 1928 über 22,81 Cents im Jahr 1929 auf 10, 46 Cents im Jahr 1933.“ (Hans-Joachim König: Kleine Geschichte Kolumbiens. München 2008, S. 120) Das Defizit in der Leistungsbilanz führte in allen lateinamerikanischen Ländern zu einem rasanten Abbau der gerade aufgebauten Goldreserven. In kurzer Folge mussten sie die Goldbindung ihrer Währungen aufgeben: Venezuela (1930), Bolivien und Chile (1931), Peru, Nicaragua und Ecuador (1932) sowie Honduras und Guatemala (1933).
Letztlich gerieten auch die USA in den Strudel der Weltwirtschaftskrise. Der Dollar musste im Zuge der grassierenden Vertrauenskrise abgewertet werden. Die umlaufenden Goldmünzen wurden zur Sicherung der Goldreserven eingezogen. So endete im Jahr 1933 der Traum einer goldgedeckten Währung für ganz Amerika.
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