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Dietmar Kreutzer

Dänemarks Währungsreformen: Der lange Weg zur Krone

Das 19. Jahrhundert begann mit einem Paukenschlag für die Dänen: Das neutrale Land sollte sich zu einer Partnerschaft zwischen dem napoleonische Frankreich und dessen Gegner Großbritannien entscheiden: „Zu Beginn des Jahres 1801 sandte England eine Flotte unter Lord Nelson in dänische Gewässer. Sie hielt bei Helsingør und verlangte freie Passage an Kronborg vorbei, aber dessen Kommandant antwortete, er könne keine Kriegsflotte mit unbekanntem Ziel an seinen Kanonen vorbeifahren lassen.“[1] In der anschließenden Schlacht auf der Reede siegten die Briten über die dänische Flotte. Um einen Schulterschluss der Dänen mit Napoleon zur Umsetzung der Kontinentalsperre zu unterbinden, forderte Großbritannien die Dänen auf, einen Bündnisvertrag mit ihnen zu schließen. Als diese zögerten, schickte Großbritannien im Sommer 1807 eine weitere Flotte in den Belt: „Nach vergeblicher Aufforderung zur Kapitulation begannen die Engländer am 2. September 1807 mit der Bombardierung Kopenhagens. Nach vier Tagen ergab sich die dänische Hauptstadt. 1800 seiner damals etwa 115.000 Einwohner waren ums Leben gekommen und 290 Häuser zerstört.“[2]

Auf dem Wiener Kongress verlor das einst wohlhabende Dänemark das mit ihm Personalunion verbundene Norwegen und die Insel Helgoland. Zum Ausgleich wurde den Dänen lediglich das Herzogtum Lauenburg zugesprochen. Die Finanzierung der Kriege hatte eine Inflation ausgelöst, die schon Anfang des Jahres 1813 in einem Staatsbankrott endete.


Schlacht um Kopenhagen im August 1807 [Youtube, History Media]


Die Krise sollte mit einer Währungsreform beendet werden, in deren Verlauf der Reichsbanktaler eingeführt wurde. Das Papiergeld musste in einem Wertverhältnis von 1:6 umgetauscht werden, der Silbergehalt der bisher umlaufenden Reichstaler (Rigsdaler Species) wurde halbiert. Zur Deckung der neuen Banknoten war eine Zwangssteuer von sechs Prozent auf das Immobilienvermögen in Dänemark zu entrichten: „Folge der Währungsreform waren nicht nur viele Zwangsversteigerungen und große wirtschaftliche Not, sondern auch ein neues Münzsystem, das nicht nur einfache Menschen überforderte.“[3] Der Wert der Haupt-Silbermünzen war noch relativ einfach zu ermitteln. Ein alter Speciestaler entsprach zwei neuen Reichsbanktalern (Rigsbankdaler). Ein neuer Reichsbanktaler entsprach 96 Schillingen (Rigsbankskilling). Die Forderung des Handels nach einer eingeführten Großsilbermünze führten jedoch dazu, dass die Prägung der alten Reichstaler als Doppelstück des Reichsbanktalers wieder aufgenommen werden musste. Im dynastisch verbundenen Schleswig-Holstein blieb die alte Unterteilung des Talers in 30 Schilling „schleswig-holsteinisches Kurant“ bestehen. Wegen dieser Unterschiede im Mutterland und in Schleswig-Holstein ergab sich im Alltag eine schwierige Umrechnung, der man mit ungewöhnlichen Wertstufen beim Kleingeld abzuhelfen trachtete. Die Wirtschaftskrise wollte kein Ende nehmen: „Erst zu Beginn der 1830er Jahre konnten Papiergeld und Anleihen zum Nennwert in ausgemünzte ‚Rigsbankdaler‘ eingetauscht werden.“[4] Die Unterschiede im Währungssystem wurden erst 1854 beseitigt.


Rigsdaler Species (Umlaufmünze zu 2 Rigsbankdaler) von 1834. 875er Silber, 28,9 g, 39 mm

[Bruun Rasmussen, Online Auction 2111/5118]


Speciedaler (Gedenkmünze zum Thronwechsel) von 1848. 875er Silber, 28,9 g, 38 mm

[Numismatic Guaranty Corporation]


Rigsdaler (Umlaufmünze) von 1868. 875er Silber, 28,9 g 38,5 mm [Numismatic Guaranty Corporation]


Kurz nach dem Regierungsantritt von König Frederik VII. vom Januar 1848 kam es auch in Dänemark zu revolutionären Umtrieben: „Unter dem Druck friedlicher Demonstrationen stimmte der König der Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung zu, nahm die Beschränkung seiner Macht auf die eines konstitutionellen Monarchen hin und akzeptierte die Berufung eines nationalliberalen Kabinetts.“[5] Unmittelbar danach brach ein Aufstand in den vorwiegend deutsch besiedelten Herzogtümern Schleswig und Holstein aus, die sich dem deutschen Bund anschließen wollten. Dänische Truppen schlugen die anfangs von Preußen unterstützten Aufständischen zurück.

Weniger glimpflich ging es im Jahre 1863 ab, als Dänemark seine neue Verfassung entgegen eines internationalen Vertrages auch im Herzogtum Schleswig einführen und es damit faktisch annektieren wollte. Im Wissen um den Konflikt zögerte der junge König Christian IX. tagelang seine Unterschrift unter das Dekret hinaus. Doch die fanatisierten Demonstranten vor seinem Palais nötigten ihm schließlich die Unterschrift ab. Der Deutsch-Dänische Krieg brach aus: „Das entscheidende Ereignis des Krieges war die Erstürmung der Düppeler Schanzen durch preußische Truppen am 18. April 1864. Mit dem Verlust dieser Wehranlagen und der Stadt Fredericia war die Niederlage der Dänen besiegelt. Im Wiener Frieden vom 30. Oktober verzichtete der dänische König zugunsten Österreichs und Preußens auf die drei Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg.“[6]


20 Kroner (Umlaufmünze) von 1873. 900er Gold, 9,0 g, 23 mm

[Künker, Sommer-Auktionen 293–294/3012]


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es in Europa zu unübersehbaren Fortschritten im Abbau von Zollschranken und bei der Vereinheitlichung der Währungssysteme. Der Wiener Münzvertrag von 1857 hatte im deutschsprachigen Raum den Vereinstaler als Standardmünze für Österreich und den deutschen Zollverein durchgesetzt. Die relativ kleinen Wirtschaftsräume der skandinavischen Staaten befürchteten Nachteile im Außenhandel und sahen Handlungsbedarf. Auf der ersten Nationalökonomischen Versammlung der Skandinavier von 1863 in Göteborg wurde daher über die Frage diskutiert, wie die drei Münzsysteme von Dänemark, Schweden und Norwegen vereinheitlicht werden könnten. Die Unterschiede waren überschaubar. Zwei dänische Reichstaler entsprachen annähernd einem norwegischen Speciestaler und zwei schwedische Reichstaler entsprachen etwa einem dänischen.

In Großbritannien bestand seit 1816 ein Goldstandard. Infolge der Einführung der „Goldmark“ im Deutschen Reich, dem zweiten wichtigen Partner im Außenhandel, musste eine stabile Goldwährung her. So wurde am 18. Dezember 1872 die Kronenwährung geschaffen. Die wichtigsten Regelungen: „Die drei Länder Schweden, Norwegen und Dänemark haben das gleiche Münzsystem. Die Münzen eines der Länder sind auch in den anderen gesetzliches Zahlungsmittel. Jede öffentliche Kasse muss eine durch zehn Kronen teilbare Summe von Scheidemünzen mit dem Stempel des einen Landes in ihre eigene Goldmünze umwechseln. Der Prägung von Scheidemünzen ist keine Grenze gesetzt. Banknoten sind von der Konvention ausgeschlossen.“[7] Die sogenannte Skandinavische Münzunion war gegründet.


Quellen

  1. Macht und Mythos: Das dänische Königshaus. Augsburg 2001, S. 48.

  2. „Was geschah am 13. Januar 1813 in unserem Dänemark“, auf: sh-ugeavisen.dk.

  3. Ebd.

  4. Ebd.

  5. Macht und Mythos, S. 50.

  6. Ebd., S. 56.

  7. Udo Johannsen: Die skandinavische Münzunion in der Entwicklung des dänischen Geldwesens. Nürnberg 1926, S. 15.


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