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Arabesken auf modernen islamischen Münzen


Eine Hochzeit in der Türkei ist teuer. „Letztlich sind rund 1.000 Gäste bei einer türkischen Hochzeit nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Zumindest einer ist bei jeder türkischen Hochzeit, Trauung, beim Henna-Abend und sonst mit dabei: Mustafa Kemal Atatürk. Goldmünzen mit dem Konterfei des Staatsgründers sind - neben Bargeld - das häufigste Geschenk.“ (Duygu Özkan, Trauung auf Türkisch - Gold, Geld und Atatürk, in: Die Presse, Wien, 17.04.2011).

500 Kurush, Türkei, 1951, 917er Gold, 35,1 g. Bildquelle: Coinforums.

Beide Seiten des großformatigen, zu Geschenkzwecken geprägten Monnaie de Luxe (MDL) sind von Sternen sowie einem Kranz aus Ranken, Blättern und Blüten verziert. Auf der Vorderseite prangt das Porträt von Atatürk. Auf der Rückseite sind das Jahr der Ausgabe sowie die Staatsbezeichnung angegeben: TÜRKIYE CUMHURIYETI. Die Buchstaben sind kunstvoll zu einer Arabeske verschlungen.

100 Piaster, Ägypten, 1916, 875er Gold, 8,5 g. Bildquelle: Heritage Auctions.

In einer Studie verweist Stefan Heidemann auf die Unterschiede zwischen europäischen Münzen und jenen, islamischer oder chinesischer Herkunft. „Münzen wurden in beiden Kulturen vor allem als Objekte der Schriftkunst aufgefasst.“ Ort und Zeit der Prägung sowie der Name des Königs oder Sultans sind kunstvoll angeordnet: „Die Münzkunst in der chinesischen und islamischen Welt konzentrierte sich auf die Schönheit der Schrift und die Ausgewogenheit der Gestaltung des Textes in dem zur Verfügung stehenden, begrenzten zumeist kreisförmigen Raum.“ (Stefan Heidemann, Kalligraphie auf islamischen Münzen, in: Die Aura des Alif - Schriftkunst im Islam, München 2010, S. 161).

100 Francs, Tunesien, 1932, 900er Gold, 6,6 g, Bildquelle: Heritage Auctions.

Die von den Muslimen verwendete Arabeske ist ein Ornament, das zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert entwickelt wurde. Das formatfüllende Kunstwerk verläuft gemeinhin in Spiralform oder gegabelten Linien. Inspiriert ist es vor allem von pflanzlichen Elementen wie Ranken und Blättern. Verwendet wird es beispielsweise in der Architekturornamentik, im Kunsthandwerk und in der Buchkunst. Im weiteren Sinn werden unter dem Begriff alle schmückenden Formen im islamischen Orient verstanden, einschließlich solcher in geometrischer Anordnung. In der modernen Numismatik waren entsprechende Motive vor allem im Osmanischen Reich und seinen Folgestaaten verbreitet. In Nordafrika wurden sie zumeist in den französischen Protektoratsgebieten eingesetzt.

1 Pfund, Saudi-Arabien, 1950, 917er Gold, 8,0 g, Bildquelle: WAG Online.

Die Verwendung von Arabesken hat aber auch einen religiösen Hintergrund. Konservative Auslegungen des Koran verweisen darauf, dass bildnerische Darstellungen nicht zulässig seien: „Nach Auffassung der Bildergegner wird die Abbildung von Lebewesen zu Verletzung der göttlichen Fähigkeiten erklärt und gilt daher als verboten.“ (Esam Aljaber Abou-Fakher, Die syrischen Münzen von 1918 bis 2010, Norderstedt 2017, S. 90f.). Progressive islamische Schriftgelehrte sehen einen solchen Zusammenhang allerdings nicht. So verwundert es nicht sonderlich, dass die Verwendung von Arabesken und kunstvoll verzierten Schriften in den vergangenen Jahrzehnten zugunsten von Bildwerken zurückgegangen ist. Besonders lange hielten sich die Arabesken auf Münzen und Banknoten in Syrien. Die Tradition geht auf die Gründung des ersten syrischen Staates zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Als das Land nach einer Zeit als französisches Mandatsgebiet erneut seine Unabhängigkeit erlangte, kehrten die Arabesken auf der Rückseite zurück.

1 Pfund, Syrien, 1950, 900er Gold, 6,8 g. Bildquelle: Globe Coins.

Auf der Vorderseite wurde ein neuartiges Adlerwappen platziert: „Auf staatlichen Zahlungsmitteln traten die beiden Elemente zum ersten Mal (...) auf den Münzen von 1947 in Erscheinung.“ (Esam Aljaber Abou-Fakher, Die Bedeutung der Adler-Arabeske in der syrischen Geldtradition, in: Der schöne Schein, Regenstauf 2016, S. 55).

2,5 Azadi, Iran, 1979, 900er Gold, 20,3 g. Bildquelle: Stacks, Bower's, Ponterio.

Auch die Ausgaben der folgenden Jahre tragen den Adler auf der Vorderseite und Arabesken mit einer Wertangabe auf der Rückseite - bis das Motivpaar im Jahr 1996 abgelöst wurde. Noch heute werden die Arabesken gelegentlich noch verwendet, beispielsweise im Iran.


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