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Dietmar Kreutzer

Die Münzen der Eremitage


Als Zar Peter der Große anno 1703 seine neue Hauptstadt Petersburg gründete, wollte er Russland nach Westen öffnen: „Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Zaren weder Kunstinteresse noch Kunstverständnis gezeigt. Ihre Kunstkammer enthielt ohne Zweifel eine Unmenge sagenhafter Schätze, glich aber in der Anordnung mehr Ali Babas Höhle als einer Hofsammlung. Erst zur Zeit Katharinas II. begann man, die Bestände zu katalogisieren, Ordnung zu schaffen und dem Ganzen eine gewisse Struktur zu geben.“ (Die Eremitage. Stuttgart 1983, S. 9)

Zarin Katharina II. (1729–1796)

Bildquelle: Wikimedia, Kunsthistorisches Museum Wien

Die aus Deutschland stammende Zarin kaufte in ihrer Regierungszeit etwa 4.000 Gemälde, darunter die bedeutende Sammlung des Berliner Kunsthändlers Johann Ernst Gotzkowsky mit Werken von Rembrandt, Rubens, Van Dyck, Raffael, Holbein, Tizian und weiteren Größen. Doch damit nicht genug. Katharina erwarb 38.000 Bücher, 10.000 gravierte Edelsteine, 10.000 Zeichnungen, 16.000 Münzen und Medaillen sowie eine naturgeschichtliche Sammlung. Besonders angetan hatten es ihr die sogenannten Gemmen, in Stein geschnitzte Miniaturen. Im Jahre 1787 erwarb die Zarin eine bedeutende Sammlung aus 1.500 dieser edlen Steine aus dem Hause Orléans für 450.000 Livres. Sieben Jahre später kamen die berühmten Gemmen der Sammlung de France hinzu. Die begeisterte Sammlerin sagte von sich selbst, sie habe die „Kameen-Krankheit“.

Neue Ermitage (Architekt: Leo von Klenze)

Bildquelle: Wikimedia, Alexandrova

Die Münzsammlung der Eremitage umfasste zu Beginn des 19. Jahrhunderts etwa 30.000 Objekte. Durch Funde und Neuerwerbungen war der Bestand im Jahr 1850 bereits auf 56.321 Münzen und Medaillen angewachsen. Damit hatte die Eremitage die Kunst- und Kuriositätenkammer der Zaren als wichtigste russische Münzsammlung abgelöst. Nach dem Bau der Neuen Ermitage (Architekt: Leo von Klenze) zog die Sammlung im Jahr 1852 um. Das Münzkabinett wurde in drei Ausstellungsräumen im Südost-Flügel untergebracht – in der sogenannten Münzhalle, im Zwölf-Säulen-Saal und der Raphael-Loggia. 1857/1858 verstarb der bedeutendste Petersburger Sammler Jacob Reichel. Der Eremitage gelang es, von seinen Erben 41.875 westeuropäische Münzen und Medaillen zu erwerben. Damit verdoppelte sich der Bestand der Einrichtung nahezu. Mit dem nun möglichen Aufbau neuer Sammlungsgebiete wuchs die Bedeutung der Münzkollektion schlagartig. Im Jahr 1863 erhielt das Münzkabinett den Status einer eigenen Abteilung. Mit Schatzfunden wie dem von Andol (1895: mit bedeutenden makedonischen und thrakischen Münzen) und jenem von Petscherskaja Lawra (1898: mit 6.190 Gold- und 9.889 Silbermünzen unterschiedlichster Herkunft) wurden die Bestände immer umfangreicher. Infolge der Oktoberrevolution kamen weitere Sammlungen aus privaten und öffentlichen Quellen hinzu. Der wichtigste Zugewinn war eine Sammlung russischer, orientalischer und westeuropäischer Münzen sowie Medaillen aus dem Asiatischen Museum der Akademie der Wissenschaften (früheres Münzkabinett der Kunst- und Kuriositätenkammer). Im Zweiten Weltkrieg konnten die Bestände rechtzeitig nach Swerdlowsk evakuiert werden.

Mazedonische Tetradrachme (Silber, ca. 265 v.Chr.)

Bildquelle: Wikimedia, Bruta

Die numismatische Abteilung, eine von insgesamt sieben Museumsabteilungen, vereint heute eine der bedeutendsten Münzsammlungen weltweit. Sie besteht aus zwei Sektionen. Die erste enthält Münze der Antike sowie solche aus Asien und Afrika (etwa 356.000 Objekte). Die zweite vereint all Stücke aus Europa und Amerika (665.000 Objekte). Hinzu kommen etwa 125.000 Medaillen und Objekte aus der Phaleristik und Sphragistik. Insgesamt beinhaltet die numismatische Abteilung also fast 1.150.000 Objekte. Die antiken Münzen umfassen griechische Exemplare aus dem 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. und aus den Städten des nördlichen Schwarzmeer-Gebietes. Es gibt griechisch-baktrische und parthische Münzen, außerdem solche aus dem republikanischen und kaiserlichen Rom sowie aus Byzanz. Die russische Münzprägung begann gegen Ende des 10. Jahrhunderts in Kiew unter Fürst Wladimir. Sieben seltene „Zlatniki“ aus dieser Zeit werden in der Eremitage aufbewahrt. Ein Konstantin-Rubel, die seltenste russischen Münze, wird gezeigt. Nur acht irrtümlich mit dem Porträt dieses Thronprätendenten geprägte Silberrubel existieren. In der orientalischen Numismatik sticht die Sammlung iranischer Münzen mit raren Exemplaren der Sassaniden (3. bis 6. Jahrhundert) hervor: „Sehr viel später, im 19. Jahrhundert, entstanden die übergroßen persischen Gold- und Silbermünzen (20–100 Toman). 1828 bis 1838 geprägt, waren sie Teil einer Kontribution, die Persien aufgrund des Vertrags von Turkmanchai an Russland zahlen musste.“ (Ebenda, S. 197f.) Auch eine weitgehend vollständige Sammlung europäischer Prägungen ist vorhanden, darunter seltene Guldiner- und Talerprägungen aus dem ausgehenden 15. und dem gesamten 16. Jahrhundert.

Konstantin-Rubel (Silber, Dezember 1825)

Bildquelle: Wikimedia, Mitrius


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