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BABYLON BERLIN – Das große Epos über die „Goldenen Zwanziger“ jetzt im öffentlich-rechtlichen Fernse


Am 30. September geht es los. Die teuerste deutsche TV-Produktion aller Zeiten startet um 20.15 Uhr in der ARD. Die Handlung setzt am 1. Mai 1929 ein. Kommunisten und Polizei liefern sich eine Straßenschlacht am Neuköllner Herrmannplatz. Mittendrin: Gereon Rath (Volker Bruch). Der Kölner Polizeikommissar soll eigentlich eine Sex-Affäre aufklären – stößt aber im Laufe der Ermittlungen auf einen mysteriösen Zug, der mit Gold beladen ist. Die russische Gräfin Swetlana Sorokina, eine revolutionäre Gruppe von Stalin-Gegnern und eine Verschwörerbande der Reichswehr erheben Anspruch auf den Schatz. Als „Appetithappen“ ein Auszug aus der Romanvorlage, die der ersten Folge zugrunde liegt:

„Er hatte keine Ahnung, wohin sie ihn verschleppt hatten. Irgendwohin, wo ihn niemand hörte. Seine Schreie hatten sie nicht aus der Ruhe gebracht, die hatten sie eingeplant. Ein Keller, vermutete er. Oder eine Lagerhalle? Jedenfalls ein fensterloser Raum. Hier hinein drang kein Lichtstrahl, nur ein leises Schimmern. Der letzte Rest von Helligkeit, der ihm noch geblieben war, seit er auf der Brücke gestanden und den Lichtern eines Zuges hinterhergeschaut hatte, versunken in Gedanken an sie. Dann der Schlag und der Sturz in die Dunkelheit. In eine Dunkelheit, die ihn seitdem nicht mehr verlassen hatte.“ (Volker Kutscher: Der nasse Fisch – Gereon Raths erster Fall, Köln 2010, S. 11)

Der unglückselige Russe hatte jedoch nicht „ausgepackt“, nichts von dem Zug verraten, der unterwegs war. Bevor die Folterknechte zurückkehrten, rutschte er zu seiner Jacke, in der eine Kapsel für Notfälle steckte. Mit dem Mund reichte er an das Futter. Als seine Häscher die Tür öffneten, schloss er die Augen und biss zu. Mit einem leisen Geräusch zerbrach das Glas in seinem Mund.

Trinkgeld für diskrete Informationen: 1 Reichsmark (1926, 500er Silber). Bildquelle: Bavaria Münzhandel

Auf der Suche nach dem russischen Geigenspieler Alexander Kardakow überquerte Gereon Rath die Augsburger Straße und zählte sein Geld. Mit dem Foto des Gesuchten bewaffnet, betrat er das „Kakadu“. In der exquisiten Bar an der Ecke zum Kurfürstendamm bestellte der Kommissar einen „Americano“. Erschöpft setzte er sich auf einen der Hocker: „Der Barmann kam zurück und stellte ein Glas auf den blankpolierten Tresen. Rath ließ ein Markstück in seine Hand fallen und zückte das Foto. Der Barmann wirkte gelangweilt. Auch Diskretion gehörte hier zum Service. Eigentlich hatte er das in diesem Lokal vermeiden wollen, doch Rath legte den Dienstausweis neben das Foto. „Haben Sie den Mann wirklich noch nie gesehen?“ Noch ein Achselzucken. „Hier ist jeden Tag so viel los …“ - „Er ist Russe“, half Rath nach und legte unauffällig ein weiteres Markstück auf den Tresen. Der Barmann ließ das Markstück noch unauffälliger unter seiner Handfläche verschwinden und beugte sich näher. „Die Russen sind hier meistens unter sich“, flüsterte er. Fragen Sie die doch mal.“ Mit seinen Augen deutete er eine Richtung an. „Dort hinten in der Ecke sollten Sie ihr Glück versuchen. Aber sagen Sie denen nicht, dass Sie’s von mir haben.“ (Ebenda, S. 97f.)

Generalmajor Seegers (Ernst Stötzner) in der ersten Folge der TV-Serie. Bildquelle: Amazon, IMDb

Bei einem Treffen mit Generalmajor Alfred Seegers von der Reichswehr nahm der Fall eine ungewöhnliche Wendung – zu jenem mysteriösen Goldtransport, hinter dem alle her waren. Leise wie ein Verschwörer eröffnete ihm Seegers die Details. Das über Generationen angesammelte Gold der Sorokins sei ins Ausland geschmuggelt worden: „Alter russischer Adel. Haben Generationen von Offizieren in der Armee gestellt. (…) Nur die letzte Generation hat den Zaren im Stich gelassen und ist zu Kerenski umgeschwenkt. Den Bolschewiken war das egal. Die haben die Liberalen genauso über die Klinge springen lassen wie die Monarchisten. Nur wenigen Sorokins soll die Flucht geglückt sein. Und ihren sagenhaften Schatz mussten sie zurücklassen. Die Roten haben jeden Winkel in den Sorokin-Schlössern abgesucht, bevor sie die Kasernen und Fabriken daraus machten, und nichts gefunden. Das Gold blieb verschwunden.“ Seegers machte eine Pause und zog tief an seiner Zigarette. „Nun aber soll es wieder aufgetaucht sein!“ Rath zuckte mit den Schultern und entgegnete, der Genosse Stalin werde sich über den unerwarteten Fund freuen. Seegers vollführte eine abwehrende Handbewegung: „Ach was, junger Freund! Stalin ist außer sich. Gold im Wert von rund achtzig Millionen Reichsmark soll außer Landes geschafft worden sein. Und wissen Sie, wohin? (…) Man munkelt, das Sorokin-Gold sei in Berlin!“ (Ebenda, S. 171)

Goldschmuggel der Sorokins im Wert von 80 Millionen Reichsmark. Bildquelle: Telebörse

In der Serie ist der Güterzug zu sehen, mit dem das Gold aus Russland geschmuggelt wird. Die Entführer wollen es dem Führer der sozialistischen Opposition in Istanbul übergeben. Damit ist klar, wer der Adressat ist: Leo Trotzki. Er lebte 1929 im türkischen Exil. Bald stellt sich heraus, dass die Drahtzieher der Aktion in Berlin sitzen. Die „Rote Festung“, eine im Untergrund operierende Gruppe von Exil-Kommunisten hat sich zum Ziel gesetzt, das Regime von Stalin zu stürzen. Wie die Geschichte ausgeht, lässt sich Ende September im Fernsehen verfolgen. Innerhalb weniger Tage werden sechs Folgen der preisgekrönten Serie gezeigt. Das Team um Tom Tykwer & Kollegen arbeitet bereits an Fortsetzungen.

Russische Standard-Umlaufmünze zu 10 Rubel (1910, 900er Gold). Bildquelle: Numista, Heritage Auctions


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