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Äthiopien fordert Kriegsbeute zurück


Äthiopien hat von Großbritannien die Rückgabe von Artefakten sowie der Überreste eines Prinzen verlangt, die vor 150 Jahren als Kriegsbeute nach London gelangten. Man habe einen Brief bei den Verantwortlichen in Großbritannien eingereicht, um die Gegenstände zurückzubekommen, sagte Äthiopiens Minister für Kultur und Tourismus, Hirut Woldemariam. «Wir werden jegliche juristische und diplomatische Mittel nutzen, um ihre Rückgabe zu sichern.» Die Gegenstände waren nach der Schlacht um Magdala im April 1868 nach Großbritannien gebracht worden.

Damals hatte sich der äthiopische Kaiser Theodor II. (1818–1868) um britische Entwicklungshilfe bemüht. Als sein Brief an Königin Victoria in einer Schublade des Außenministeriums liegenblieb, machte der jähzornige, 39-jährige Kaiser den Botschafter des Vereinigten Königreiches persönlich dafür verantwortlich. Er ließ ihn in Ketten legen. Auch die Missionare, die die orthodoxen Äthiopier bekehren wollten, erklärte er zu Gefangenen, ebenso wie die europäischen Handwerker, von denen einige seit Jahren in seinem Reich lebten, dort sogar Familien gegründet hatten – unter ihnen etliche Deutsche. 30 bis 40 europäische Geiseln waren nun in Theodors Gewalt.

Um die Gefangenen zu befreien, wurde eine Streitmacht aus 4.000 britischen Soldaten und 9.000 bewaffneten Indern aufgestellt. Zur Materialbeschaffung vor Ort waren riesige Summen der einheimischen Währung erforderlich. Einzige anerkannte Währung in Äthiopien war zu dieser Zeit der Maria-Theresia-Taler aus dem alten Habsburgerreich, wie man ihn im Orient seit Langem kannte. Es wurden Agenten ausgeschickt, um überall in Europa derartige Taler aufzukaufen. Als man begriff, dass das nicht reichen würde, bat man Wien, solche Münzen für 500.000 Pfund nachzuprägen.

Am 13. April 1868 griffen die Briten die Festung von Theodor II. in Magdala an, in der sich der Kaiser mit 4.000 seiner Getreuen verschanzt hatte. In aussichtsloser Lage verübte Theodor Selbstmord. Die Briten bemächtigten sich seiner Schätze. Der deutsche Wüstenforscher Gerhard Rohlfs sah, wie aus den Schatzhäusern zahlreiche Artefakte herausgeholt wurden. Darunter war die goldene Krone des Kaisers aus dem 18. Jahrhundert, aber auch Kirchenschätze: „Monstranzen, silberne und kupferne Kreuze und Räuchergefäße aus Kirchen, Kronen von Gold und Kupfer, Flinten, kostbare Säbel, Teppiche, Kleider.“

Ein Sohn des Kaisers, Prinz Alemayehu, wurde nach Großbritannien gebracht, wo er im Alter von 19 Jahren starb. Einige der Gegenstände sind seit dem 5. April 2018 in einer Ausstellung zum 150. Jahrestag der Schlacht im Victoria and Albert Museum in London zu sehen. Berichten zufolge zieht das Museum eine langfristige Leihgabe der Gegenstände an Äthiopien in Erwägung. Dies hat in dem ostafrikanischen Land für Unmut gesorgt. Dutzende weitere Artefakte und Dokumente befinden sich in anderen britischen Museen oder in Privatbesitz. Die äthiopische Regierung versucht seit etwa zehn Jahren, die Rückgabe der Gegenstände zu sichern. Die Überreste von Prinz Alemayehu sind in einer Kapelle auf Schloss Windsor begraben, wo Prinz Harry und US-Amerikanerin Meghan Markle im Mai heiraten wollen.

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