Schon bald nachdem Antiochos II. Theos (261-246 v. Chr.) seinem Vater Antiochos I. (281-261 v. Chr.) auf den seleukidischen Thron gefolgt war, begann der ägyptische König Ptolemaios II. (283/82-246 v. Chr.) den 2. Syrischen Krieg (261/60-253 v. Chr.), indem er in Syrien und ins südliche Kleinasien, beides Teile des Seleukidenreichs, einfiel. Da der Krieg lang und kostspielig war und die ganze Aufmerksamkeit Antiochos´ II. forderte und Baktrien weit weg vom seleukidischen Machtzentrum lag, sah Diodotos, der griechische Satrap der fernöstlichen Satrapie Baktrien, – diese war bereits seit Seleukos I. (312/11-281 v. Chr.) Bestandteil des Seleukidenreiches –, die Gunst der Stunde gekommen. Er usurpierte die Macht, löste seine Satrapie aus dem Seleukidenreich und schuf das Gräko-Baktrische Königreich, das außer Baktrien selbst auch noch die Sogdiane umfasste. Zum Zeichen seiner wachsenden Selbständigkeit ließ der Usurpator u. a. ab 255 v. Chr. in Ai Khanoum Goldstatere prägen, die auf der Vorderseite sein Porträt mit Diadem (Königsbinde) zeigten und auf der Rückseite den nach links stehenden Zeus Bremetes mit Ägis und Blitzbündel aufwiesen.
Stater Diodotos´ I. im Namen Antiochos II., (um 255-235 v. Chr.), Gold, 8,26 g, 16 mm, Münzstätte Ai Khanoum (Baktrien). Bildquelle: H. D. Rauch, Auktion 109 (11. November 2019), Los 187.
Allerdings prägte er diese Statere noch nicht im eigenen Namen, sondern in dem des Seleukidenkönigs ANTIOCHOS´ II. THEOS. Die Münzlegende lautet nämlich auf BASILEOS ANTIOCHOU ([Münze] des Königs Antiochos). Hiernach wäre der Usurpator Diodotos I. faktischer und Antiochos II. juristischer Prägeherr gewesen. 2010 jedoch erklärte der Numismatiker Jens Jakobsson, dass es sich bei dem in der Legende genannten Antiochos nicht um den Seleukidenkönig Antiochos II. Theos handle, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach um den Baktrier Antiochos Nikator, einen Sohn Diodotos I. und Bruder Diodotos II. (vgl. Jens Jakobsson, Antiochus Nicator, A Third King Of Hellenistic Bactria?, in: Numismatic Chronicle 170 (2010), S. 17-33). Jakobsson zufolge wäre also dieser Antiochos Nikator Prägeherr der besagten Goldstatere gewesen. Eine These, mit der sich die neuere numismatische Forschung um Brian Kritt allerdings nicht anfreunden konnte. In den New Discoveries in Bactrian Numismatics (Classical Numismatic Studies 8) von 2015 weist Kritt diese Goldstatere nämlich wieder Diodotos zu. Da es bei den besagten Antiochos-Goldstateren aber stilistische Unterschiede gibt, macht Kritt wiederum zwei Prägeherrn aus – und zwar Diodotos I. (255-235 v. Chr.) und seinen Sohn Diodotos II. (235-225 v. Chr.), der zunächst mit dem Porträt seines Vaters weiterprägte, ehe er dann sein eigenes auf die Münzen setzte.
Übrigens, nicht in Ai Khanoum, sondern in Baktra, so wird vermutet, ließen Diodotos I. und Diodotos II. auch Goldstatere desselben Typs im eigenen Namen prägen. Diese trugen die Legende BASILEOS DIODOTOY ([Münze] des Königs Diodotos) und das Porträt Diodotos I. und später auch das Bildnis Diodotos II.