Einer in nur wenigen Exemplaren auf uns gekommene Elektronstater wird aufgrund seiner Datierung (um 500-480 v. Chr.) von der Fachwelt mit den Zügen des persischen Großkönigs Xerxes durch Nordgriechenland in Zusammenhang gebracht. Der im milesischen Standard (1 Stater = 14,15 g) geprägte Elektronstater zeigt auf seiner Vorderseite eine nach rechts gewandte Widderprotome, die links von einem Perlstab abgeschlossen wird und trägt auf seiner Rückseite ein rechteckiges Incusum, das einen dünnen Längssteg aufweist.

Die Frage, die die Numismatiker beschäftigt, lautet: Wer war der Emittent dieses Staters? Brachten die persischen Truppen des Xerxes diesen aus Kleinasien mit oder entstand er unabhängig davon in Nordgriechenland, genauer gesagt im thrako-makedonischen Raum? Nun, während der milesische Standard nach Kleinasien deutet, verweist die Gestaltung des Incusums nach Thrakien. Zwar hatte der griechische Numismatiker Ioannes Svoronos bereits 1919 in seinem Buch „L´Hellénisme primitif de la Macédoine“ geäußert, dass man in archaischer Zeit im thrako-makedonischen Raum eine beträchtliche Menge Elektronmünzen produziert habe, doch nahm man ihn seinerzeit nicht ernst und hielt seine Theorien nur für „patriotisch motivierte“ Behauptungen. Erst 1976, als man in der Tat im westlichen Thrakien einige schöne Elektronstatere zu Tage förderte, erschienen die Aussagen des Svoronos in einem anderen Licht. „All of these staters exhibited an accomplished and fluid style, and all shared a distinctive type of incuse, a rectangle divided longitudinally into two narrow, elongated rectangels. The uniformity of the incuse type indicated that all the staters were products of the same mint.“ („Alle diese Statere zeigten einen vollendeten und flüssigen Stil und alle wiesen einen unverwechselbaren Typ von Incusum auf, ein Rechteck, das der Länge nach in zwei schmale, längliche Rechtecke unterteilt war. Die Uniformität dieser Incusa verdeutlichte, dass alle Statere Produkte der gleichen Münzstätte waren.“ (Koray Konuk u. Catharine Lorber, in: Haim Gitler [Hrsg.], White Gold, Revealing the World´s Earliest Coins, Israel Museum, Jerusalem 2012, S. 28).

In Anbetracht dessen, dass Westthrakien ein bedeutendes Gold- und Silberminengebiet war, und dass so manche thrakische Stadt Münzen prägte, gab es auch schon Thesen, die den Ursprung dieser Elektrostatere nach Abdera oder Maroneia verorteten. Allerdings waren weder die Incusa auf den frühen Silbermünzen von Abdera oder Maroneia derart gestaltet, noch waren die Hauptmünzmotive dieser Orte jemals etwas anderes als ein Greif (in Abdera) oder eine Pferdeprotome (in Maroneia). Nach Konuk und Lorber bleibt ein thrakischer Ursprung dieser Statere zwar eine „verlockende Hypothese“, doch könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese Statere aus dem westthrakischen Hortfund durch den Handel mit Kleinasien nach Thrakien gelangt seien, zumal auch andere Münzen aus Kleinasien dort gefunden wurden (Ebenda). Rein theoretisch könnte unser Elektronstater mit der Widderprotome zwar aus dem thrako-makedonischen Raum stammen, wenngleich bislang keine konkrete Münzstätte dafür gefunden wurde, zwingend ist dies aber nicht. Vor allem nicht, wenn man bedenkt, dass das Gros der archaisch-antiken Elektronmünzen aus kleinasiatischen Münzstätten herrührt. Sollte der besagte Elektronstater aber mit den Truppen des Xerxes nach Thrakien gelangt sein, dann vermutlich nur als Teil einer persischen Beute oder eines persischen Handelserlöses, da der Sold der Perser in goldenen Dareiken oder silbernen Sigloi gezahlt wurde und nicht in Elektronmünzen fremder Poleis. Die Frage nach dem Emittenten dieses äußerst seltenen Elektronstaters muss also weiterhin offen bleiben.
Opmerkingen