Was ist mit der Überschrift gemeint? Das Nominal – die Wertzahl – ist auf der Münze in Form abzählbarer Dinge dargestellt: Striche, Finger, Eicheln oder Blätter. Auch ohne Kenntnis der Nominalangabe mit Ziffern oder Worten kann man das Nominal abzählen. Und Kinder könnten das Zählen mithilfe dieser Münzen lernen.
Die erste Münze, bei der mir dies aufgefallen ist, war die 3-Pence-Münze aus Großbritannien (Abb. 1). Auf der Wertseite sind 3 Zweige mit je einem Blatt und einer Eichel, also 3 Blätter und 3 Eicheln dargestellt, die Vorderseite ziert das Porträt von Georg V. Das konnte aber auch Zufall sein, das mit den drei Eicheln.
Abb. 1: Großbritannien, 3 Pence 1932 (1927–1936). 16,15 mm
Aber als ich dann auf der 6-Penny-Münze sechs Eicheln gefunden habe, war es klar (Abb. 2). Hier sind es zunächst auch drei Zweige, die sich aber jeweils in zwei Zweige mit Eichel und Blatt verzweigen. Seitdem suchte ich nach weiteren Münzen mit solchen Darstellungen.
Abb. 2: Großbritannien, 6 Pence 1930 (1927–1936). 19,4 mm
Bei der Mehrzahl der polnischen Münzen, die mit der Währungsreform am 1. Januar 1995 in den Umlauf gelangten, wird das Nominal durch die Anzahl der dargestellten Blätter abgebildet: 1, 2 und 5 Groszy sowie 2 und 5 Zloty tragen jeweils 1, 2 bzw. 5 Eichenblätter, wie die Abb. 3 bis 7 zeigen.
Abb. 3: Polen. 1 Grosz, 1995 (1990–1993, 1995, 1997–2014). 15,5 mm
Abb. 4: Polen. 2 Grosze, 2012 (1990–1992, 1997–2014). 17,5 mm
Abb. 5: Polen. 5 Groszy, 1995 (1990–1993, 1998–2014). 19,48 mm
Es sind allerdings nicht die Blätter der in Mitteleuropa heimischen Stiel- oder Traubeneichen, sondern Blätter der amerikanischen Roteiche. Diese gibt es bei uns als Straßenbaum und in vielen Parkanlagen und „ausgewildert“ hin und wieder auch im Wald. Auf meine Frage, warum man sich hier gerade für diese Blätter entschieden hat, bekam ich von der polnischen Münzstätte leider keine Antwort.
Abb. 6: Polen. 2 Złote 1995 (1994, 1995, 2005–2010). 21,5 mm
Abb. 7: Polen. 5 Złotych 1994 (1994, 1996, 2008–2010). 24 mm
Mit dem inzwischen für das Thema geschulten Blick könnte man dann auch die weiteren Wertstufen mit einordnen. Die 1-Zloty-Münze hat einen Eichenkranz und die 50-Groszy-Münze einen halben Eichenkranz. Das ist einfach dekorativ und enthält zudem eine mehr oder weniger sichtbare Symbolik.
Sehr deutlich ist das Nominal bei den beiden vorgestellten indischen Münzen zu 1 und 2 Rupees zu erkennen (Abb. 8, 9). Es handelt sich dabei um Gesten aus dem Bharatanatyam, dem diese Münzen gewidmet sind. Bharatanatyam ist ein klassischer indischer Tanz, dessen Wurzeln in der südindischen Tempelkultur liegen. Das Nominal 1 wird durch die Geste „Bergspitze (Shikara)“ dargestellt [1]. Die vier Finger werden in die Handfläche gepresst, der Daumen wird senkrecht nach oben gestreckt. Diese Geste hat sehr viele Bedeutungen: ein Kämpfer, eine Säule u.a.m., steht hier also als Zeichen für den Zahlwert 1. Das Nominal 2 wird durch die Geste „Pfau (Mayura)“ als Zeichen für den Zahlwert 2 dargestellt – man sieht die Handfläche mit zwei erhobenen Fingern, Zeige- und Mittelfinger. In Indien sollen die Abbildungen der Hände mit erhobenem Daumen bzw. mit zwei erhobenen Fingern – so habe ich es gehört – auch Analphabeten das schnelle Erkennen der Münze erleichtern. Die 50 Paisa enthalten die Darstellung einer „Faust (Mushti)“ für den Zahlwert ½ – also eine halbe Rupie. Die beiden höheren Wertstufen zeigen die geöffnete Hand als Geste „Ermutigung (Abhaya)“ mit dem Zahlwert 5 und die Geste „Schlauheit (Chatura)“ mit dem Zahlwert 10. Beide Münzen sind aber offensichtlich nicht ausgegeben worden.
Abb. 8: Indien. 1 Rupee, 2009 (2007–2011). 24,9 mm
Abb. 9: Indien. 2 Rupees, 2008 (2007–2011). 26,8 mm
Daneben gibt es – das ist trivial – zahlreiche Münzen mit dem Nominal 1, die mit einer römischen „I“ – also mit einem Strich – beschriftet sind. Unter der Überschrift dieses Beitrags könnte man aber vielleicht Münzen mit den Nominalen 2, 3 und 4 einordnen, die ihre Wertangabe als römische Zahlen enthalten.
Meist wird die römische „4“ ja als „IV“ geschrieben, aber auch die hier interessierende Schreibweise „IIII“ kommt hin und wieder vor [2]. In Abb. 10 handelt es sich um die silberne Münze zu 4 Mariengroschen aus der preußischen Münzstätte Magdeburg (Münzzeichen F) von 1752. Die Gegenseite zeigt den gekrönten Wappenschild.
Abb. 10: Königreich Preußen. 4 Mariengroschen, 1752, Münzstätte Magdeburg. 23,5 mm
Und wider Erwarten habe ich auch ein Belegstück gefunden für die Nominalangabe „IIIII“ – also mit 5 parallelen Strichen. Allerdings nicht auf einer Münze, sondern auf einem Geldschein. Der 5-Rubel-Schein aus dem Jahr 1861 enthält auf der Vorderseite zweimal die Ziffer „5“, zweimal die ausgeschriebene Wertangabe „ПЯТЬ“ und einmal die „IIIII“ (Abb. 11). Der Schein gehört zu einer Reihe von sieben Wertstufen, die von 1843 bis 1865 ausgegeben wurden.
Abb. 11: Russland, Staatliches Kreditbillet zu 5 Silberrubel, 1861
Abb. 3–5: Polnische Nationalbank; Abb. 10: Klaus Priese; Abb. 11: Berliner Münzauktion, Auktion 127 (Nr. 1373); die anderen Abb.: Autor
Die Bezeichnungen sind dem Weltmünzkatalog 20. Jahrhundert von Günter und Gerhard Schön, 44. Auflage 2016 entnommen. Entwurf der Serie von Amil Kumar Sinha, Ausgabe der Münzen ab 3. August 2007.
Anm. der Redaktion: Inschriften seit der Antike lassen erkennen, dass lange Zeit „IIII“ die gängige Schreibweise war und nicht die heute in den Schulen gelehrte Variante „IV“. Diese Tradtion hat sich beispielsweise beim Ziffernblatt von Uhren erhalten.
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