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Leitfaden Münzensammeln: Münzen im Handel: Fernbieten ohne Nervenkitzel und Risiko, Teil 4


Auf der Grundlage des von Wolfgang J. Mehlhausen verfassten Buches „Handbuch Münzensammeln“ möchten wir in mehreren Teilen einen Leitfaden für das Münzensammeln veröffentlichen – für bereits Aktive und die, die es werden wollen, denn Nachwuchs ist wie überall, wichtig!


Wer nicht über die notwendigen Nerven verfügt, den manchmal aufregenden Bietgefechten beizuwohnen, kann auch in aller Ruhe von zu Hause aus an einer solchen Auktion als Fernbieter teilnehmen. Man schickt dem Auktionshaus rechtzeitig per Brief oder Fax seinen Auftrag, der ebenso bindend ist, wie die persönliche Teilnahme. Dort wird dieser interessenwahrend für Sie ausgeführt. Konkret bedeutet dies, eine Münze ist mit 100 Euro ausgepreist. Sie würden 200 Euro bieten und denken dabei unbedingt an das Aufgeld und die Mehrwertsteuer, die hinzukommen. Werden im Saal dann nur 120 Euro geboten, so erhalten Sie den Zuschlag, je nach Versteigerungsbedingungen des Auktionshauses, zum gleichen Preis von 120 Euro oder zu einer Bietstufe höher, zum Beispiel 125 Euro.


Der kluge Auktionator wird sich hüten, Ihr Gebot „auszureizen“, nur weil Sie nicht im Saal sind. Ein solches Ausnutzen der Ferngebote spricht sich schnell herum und nichts ist schlimmer als ein ramponierter Ruf. Bei einigen Firmen kann man auch telefonisch bieten, doch hier ist Geduld erforderlich, weil nie genau vorherzusehen ist, wann eine Losnummer zum Ausruf gelangt. Das telefonische Bieten sollte die Ausnahme bei besonders teuren Stücken sein und bleiben. Nachteilig bei dem Fernbieten ist, dass Sie das Stück nicht ansehen konnten, es also blind kaufen. Einige Häuser bieten Ansichtssendungen bei gut bekannten Kunden an, doch meist muss man das Material vor der Auktion in der Firma oder am Versteigerungstag im Saal ansehen.


Ohne eine persönliche Besichtigung muss man sich auf die Beschreibung inklusive Qualitätsangabe des Versteigerers verlassen. Auch hier gilt es: Erfahrungen zu sammeln und zu vergleichen. Auch bei den Auktionsfirmen gibt es Abweichungen, was gerade die Qualitätsbeurteilung angeht. Einige sind sehr vorsichtig in dieser Frage, um Reklamationen zu vermeiden, andere hingegen legen die Qualitätskriterien sehr optimistisch aus, was zu Enttäuschungen führen kann. Zu beachten ist auch das „Kleingedruckte“, wonach meist bei Lots, so nennt man Zusammenstellungen von mehreren Münzen unter einer Katalognummer, kein Rückgaberecht besteht.


Ähnlich wie beim Fernbieten läuft auch das Online-Bieten ab. Meist findet man gute Fotos von den Stücken im Internet, man braucht dann nur noch den persönlichen Höchstbetrag einzugeben und per E-Mail sein Gebot abzuschicken. Einige Münzhändler bieten als besondere Dienstleistung die „Auktionsvertretung“ an. Diesen Service sollte man nutzen, wenn man besondere Wünsche hat oder bezüglich der Qualität ganz sicher sein will. Kennt man den Händler gut, kann man ihn auch um Rat bitten und ihm den Höchstbetrag anvertrauen, den man ausgeben will. Dieser Kundendienst ist meist auch ohne zusätzliche Kosten verbunden, weil Händler meist ein geringeres Aufgeld als Sammler zu bezahlen haben und die Differenz als Aufwandsentschädigung behalten.


Fern- und Internet-Auktionen

Es gibt auch reine „Fernauktionen“. Hier sind die Spielregeln ähnlich wie bei den beschriebenen Versteigerungen, nur dass es keinen Saal gibt, wo die Zuschläge erfolgen. Bei diesen auch „mail bid“ genannten Auktionen wer- den die schriftlichen Gebote gesammelt und an einem bestimmten Stichtag ausgewertet. Dann erhält jeweils das höchste Gebot den Zuschlag. Bei mehreren Geboten in gleicher Höhe entscheidet der Eingangstag der Postsendung.


Lager- und Versandlisten

Viele Münzhandlungen verschicken auch regelmäßig Versand- und Angebotslisten zu den verschiedensten Gebieten. Man muss sie nur anfordern, meist erfolgt der Versand auch kostenlos. In den Fachzeitschriften werden vielfach diese Listen ausführlich besprochen und ihr Inhalt analysiert. Andere Händler wiederum veröffentlichen regelmäßig große oder kleinere Annoncen in der Fachpresse. In diesem Zusammenhang sei abermals darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, sich eine oder mehrere dieser Zeitschriften zu halten, auch zum Kauf und Verkauf von Material. Denn die dort aufgeführten Preise sind die „Nagelprobe“. Nicht Katalogpreise, die irgendwie als Durchschnitt festgelegt wurden, sondern mit Ware untersetzte Händler-Verkaufspreise sagen etwas über die aktuelle Marktsituation und die Stücke selbst aus.


Die Unterschiede in Umfang, Qualität und Inhalt sind auch bei diesen Listen sehr groß. Einige enthalten akribisch alle Angaben zu einem Stück, bei anderen wieder ist die Vorstellung des Angebots lückenhaft. Und auch die Preise selbst, wie könnte es anders sein, sind manchmal sehr unterschiedlich für die gleiche Münze. Schließlich muss man noch beachten, ob es sich bei den aufgelisteten Stücken um Einzelstücke handelt oder ob es Standardware ist, von dem jeder Händler gewiss mehr als nur eines am Lager hat. Mit Sicherheit dürften alle „normalen“ DDR- und BRD-Münzen bei einer Münzhandlung mehrfach verfügbar sein. Aber bei einem 5-DM-Stück 1958 J in Erhaltung „ss+“ mit kleinem Randfehler wird es sich sicherlich um ein Einzelstück handeln, ebenso wie bei vielen Talern, Mittelalter- oder antiken Münzen.


Viele Münzhandlungen nehmen Bestellungen auch telefonisch entgegen. Bei besonders interessanten Stücken empfiehlt es sich, schnell zum Hörer zu greifen, denn wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wartet man zu lange, so ist die Enttäuschung groß, wenn man erfährt, dass das Stück schon weg ist. Der Versand der Preislisten erfolgt häufig kostenlos, während bei den aufwendig gedruckten und schweren Auktionskatalogen oft eine Schutzgebühr verlangt wird. Meist bekommt man nicht nur eine, sondern auch weitere Listen unaufgefordert zugeschickt, doch wer nie etwas bestellt, darf sich nicht wundern, wenn der Händler dann den Versand alsbald einstellt. Bei den heutigen Portokosten ist dies wohl leicht nachzuvollziehen.


Was den Service und vor allem die Kulanz und Korrektheit bei der Abwicklung und Qualität angeht, so gilt auch beim Versandhandel: Vergleichen und den Partner suchen, den man sich wünscht. Manche Sammler, die in ihrer Nähe kein Münzgeschäft haben, arbeiten eng mit einem oder mehreren Versandhändlern zusammen. Für Neuheiten bieten beispielsweise einige Firmen günstige Abonnements an, manche führen auch Zubehör, wie Alben und Literatur und andere bearbeiten Fehllisten und unterbreiten gezielte Angebote zu bestimmten Gebieten und suchen für ihre Kunden Stücke, die diese in Wunschlisten aufführen.


Vorsicht bei „Münzschrott“!

Werbung ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Marktwirtschaft. Sie finden in Tageszeitungen, Magazinen, Fernsehzeitschriften und sonstigen Druckerzeugnissen immer wieder auch Münzangebote, wo seriöse Münzhandlungen um neue Kunden werben. Nicht selten allerdings bieten Firmen das, was als „Münzschrott“ bezeichnet wird, für viel Geld an. Vorsicht ist insbesondere geboten, wenn von „hohen Wertsteigerungen“ die Rede ist, oder von „echtem Silber“. Der Materialwert des Silbers ist im Allgemeinen unerheblich. Und auch die Auflage kann man „streng“ limitieren. Diese „Limitierung“ sagt bei solchen modernen Medaillen nicht das Geringste über den wirklichen Wert aus. Leider fallen immer wieder Anfänger auf raffinierte Reklame herein und verlieren viel Geld. Nicht selten kostet eine kleine Silbermedaille bis zu 50 Euro, die ein Münzhändler dann später auf Basis Metallwert minus Schmelzkosten kauft. Noch schlimmer ist, wenn das „Produkt“ nur versilbert ist. Bestenfalls gibt es dann nur ein mitleidiges Kopfschütteln und tröstliche Worte statt eines auch nur kleinen Bargeldbetrags.


„Münzschrott“ – die gekennzeichnete Nachprägung eines 5-Mark-Stücks von Preußen.

Oben ist ein preußisches 5-Mark-Stück abgebildet, das mit Jahreszahl 1888 (die echten Exemplare gibt es nur von 1874 bis 1876) neben dem Münzbuchstaben A als Nachprägung korrekt gekennzeichnet ist und das ganz sicher nicht gerade billig war. Doch schade um das Geld dafür. Eine solche Münze ist in brauchbarer Erhaltung im Handel als echtes Exemplar schon für wenig Geld zu bekommen. Solche Stücke werden übrigens „mit Echtheitszertifikat“ geliefert, was sie jedoch keineswegs wertvoller macht.


Von Sammler zu Sammler

Über Sammlerverbände wird noch zu berichten sein. Einige Sammlervereine führen Tauschabende und Münzbörsen durch, besonders Anfänger werden hier bestimmt etwas finden. Fortgeschrittene Sammler, die gern die Vorträge der Vereine besuchen oder nur mit anderen Sammlern reden wollen, wissen genau, was der andere im Tauschalbum seit Monaten hat. Doch der vertraute Verein hat auch seine Vorteile. Sie sind vielleicht bekannt dafür, dass Sie „Notgeld“ oder „Italien“ sammeln. Und so kommen dann andere Sammlerfreunde gern mit Dubletten bei Notgeld oder eben Italien gezielt zu Ihnen. In den Fachzeitschriften gibt es auch einen Annoncenteil, meist sogar gegliedert nach Gebieten und den Rubriken Ankauf / Verkauf / Tausch. Diese sollte man genau ansehen, denn ein Kauf von privat kann durchaus interessant sein, ebenso wie ein Tausch. Manchmal erwachsen durch solche telefonischen oder schriftlichen Kontakte echte Sammlerfreundschaften. Natürlich gibt es manchmal auch Probleme, besonders wenn teure Stücke gekauft oder verkauft werden sollen, denken wir nur an die Frage der Echtheit und auch der Zahlungsabwicklung. Doch viele Sammler haben schon preiswerte und vor allem im Handel selten angebotene Münzen, Geldscheine, Abzeichen oder Ansichtskarten über solche Annoncen bekommen. Einen Versuch ist es immer wert, zumal die Annoncen in leserfreundlichen Sammlerzeitschriften kostenlos sind.

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