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Michael Kurt Sonntag

Kleopatra I. auf einem bronzenen Unikat

Nachdem der Seleukidenkönig Antiochos III. der Große (223-187 v. Chr.) die Ptolemaier im 5. Syrischen Krieg (202?-198 v. Chr.) besiegt und Phönikien und Koile-Syrien seinem Reich einverleibt hatte, schloss er 195 v. Chr. Frieden mit den Ptolemaiern und gab seine 10 jährige Tochter Kleopatra dem 16 jährigen König Ptolemaios V. Epiphanes (204-180 v. Chr.) zur Gemahlin (194/93 v. Chr.). Ort der Hochzeitszeremonie war Raphia, der Ort, in dessen Nähe Antiochos III. die alles entscheidende Schlacht des 4. Syrischen Krieges (217 v. Chr.) gegen Ptolemaios IV. Philopator verloren hatte.


Aus der Ehe Kleopatras I. und Ptolemaios´ V. erwuchsen die Sprößlinge Ptolemaios VI. Philometor, Kleopatra II. und Ptolemaios VIII. Soter II. Die Kulttitel „(theos) Epiphanes = <der (Gott), der in Erscheinung getreten ist> und Eucharistos = (<der Huldvolle> bzw. <der, der Schönes tut>)“, die Ptolemaios V. zusammen mit anderen Ehrentiteln bis 196 v. Chr. erhalten hatte, wurden von der ägyptischen Priesterschaft 186 v. Chr. auch auf Kleopatra I. übertragen. Zudem führte die Königin den Titel „Schwester“, wenngleich sie nicht der ptolemaiischen Dynastie entstammte (Vgl. Werner Huß, Ägypten in hellenistischer Zeit: 323-30 v. Chr., München 2001, S. 529 ff.).


180 v. Chr. starb Ptolemaios V. allerdings. „Möglicherweise fiel der König einem Komplott zum Opfer, weil er sich an das Vermögen seiner <Freunde> (philoi) hatte halten wollen.“ (Ebenda, S. 536). Vermögen, das er zur Wiedereroberung Koile-Syriens einsetzen wollte, zumal ihm die Seleukiden nach der verheerenden Niederlage Antiochos´ III. gegen die Römer (189 v. Chr.) und dessen Tod (187 v. Chr.) besiegbar erschienen.


Da Ptolemaios (VI.) beim Tode seines Vaters erst 6 Jahre alt war, übernahm Kleopatra I. die Vormundschaft für ihre drei Kinder und die Reichsverweserschaft für Ptolemaios (VI.) und stieg damit zur mächtigsten Herrscherin im Ptolemaierreich auf. Um ihre Machtstellung zu festigen und die Kontinuität und Legitimität ihrer Herrschaft zu dokumentieren, ließ sie u. a. eine Münze mit dem Porträt Ptolemaios´ V. prägen und ihren Sohn Ptolemaios (VI.) in den Kult der „theoi Epiphaneis“ (der in Erscheinung getretenen Götter) aufnehmen. „Ihre herrscherliche Stellung brachte Kleopatra in der Folgezeit dadurch zum Ausdruck, dass sie ihren Namen und ihren Titel vor den Namen und den Titel ihres Sohnes setzen ließ. Außerdem ließ sie sich in der Wendung <zur Regierungszeit der Könige> mit ihrem Sohn zusammenschließen.“ (Ebenda, S. 540). Kleopatra I. verstarb zwischen dem 8. April und dem 17. Mai 176 v. Chr. – also nur vier Jahre nach der Ermordung ihres Gemahls Ptolemaios V.


Kleopatra I. und Ptolemaios VI. (180-145 v. Chr.), Bronze, (um 180-176 v. Chr.), 19,30 g, Münzstätte Alexandreia. [Bildquelle: Numismatica Ars Classica, Auktion 120 (6. Oktober 2020), Los 464].

Eine Münze, mit der Kleopatra ihre führende Position im Reich für jeden erkennbar unterstrich, war ein in Alexandreia geprägtes Bronzestück, das bis heute nur einmal auf uns kam. Während die Rückseite einen auf einem Blitz stehenden heraldischen Adler zeigt und die Umschrift BASILEOS PTOLEMAIOU ([Münze] des Königs Ptolemaios) nennt, sehen wir auf der Vorderseite ein nach rechts gewandtes weibliches Porträt und lesen die Legende BASILISSES KLEOPATRAS ([Münze] der Königin Kleopatra). Nun mögen die Gesichtszüge der vorderseitig Dargestellten auch die der Kleopatra sein, ihr Erscheinungsbild mit Korkerzieherlocken und Ähre im Haar entspricht jedoch nicht dem einer üblicherweise dargestellten ptolemaiischen Königin. Fehlen doch die königlichen Insignien (Diadem, Schleier, Stephane und Zepter), wobei Stephane und Zepter nicht auf allen ptolemaiischen Königinnenmünzen vorkommen.


Aber warum hat sich Kleopatra hier völlig „neuartig“ porträtieren lassen? Nun, genaugenommen, handelt es sich bei diesem weiblichen Porträt nicht um das Bildnis einer Königin, sondern um das einer Göttin. Die Dargestellte ist nämlich keine Geringere als die ägyptische Göttin Isis. Dies Erscheinungsbild der Isis, wird der in der ptolemaiischen Numismatik etwas Bewanderte einwenden, ist jedoch nicht neu, schließlich zierte es bereits zahlreiche Bronzemünzen Ptolemaios´ V. Das stimmt, allerdings fehlt auf diesen völlig typengleichen Münzen die Umschrift BASILISSES KLEOPATRAS. Diese Namensnennung der Königin gab es unter Ptolemaios V. noch nicht. Dass sie Kleopatra auf ihren Bronzeprägungen ab 180 v. Chr. hinzufügen ließ, sollte jedem vor Augen führen, dass sie sich auch als Isis verehren ließ und deshalb auch als Isis auf diesen Münzen in Erscheinung trat. Damit hob sie ihre herrscherliche Stellung ebenso hervor, wie mit der Tatsache, dass ihr „Bildnis“ und ihre Titulatur die Vorderseite zierte, während die Titulatur Ptolemaios´ VI. die Rückseite schmückte. Ihr Name und ihr Titel wurde also auch hier, ebenso wie auf Dokumenten und Inschriften, vor dem Namen und dem Titel ihres Sohnes, des Königs, genannt.


Nach dem Tode der Kleopatra (176 v. Chr.) wurde dieser Münztypus zwar weiterhin geprägt, allerdings wurde die Königinnentitulatur fallen gelassen. Die Bronzemünzen mit Isis, die man zwischen 175 und 145 v. Chr. verausgabte, waren folglich unendlich zahlreicher als jene der Periode 180-176 v. Chr. Da die oben abgebildete Bronzemünze Kleopatras I. bis heute allem Anschein nach ein Unikat ist, erzielte sie in der 120. Auktion der Numismatica Ars Classica vom 6. Oktober 2020 auch einen Zuschlag von 8.000,– CHF bzw. 7.414,– Euro.



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