Auf seiner zweiten Europareise im Sommer 1907 besuchte der siamesische König Chulalongkorn zahlreiche Staaten. Als Zeichen der Hochachtung verliehen einander Monarchen bei einer solchen Gelegenheit die höchsten Verdienstorden des Landes. In Großbritannien kam es jedoch zu einem diplomatischen Eklat. Während Chulalongkorn dem britischen König Edward VII. den bedeutendsten siamesischen Orden verlieh, sollte er von jenem nur eine zweitrangige Auszeichnung erhalten. Die britische Regierung hatte es so festgelegt. Chulalongkorn lehnte die Annahme des Ordens ab. Aus den Briefen des siamesischen Herrschers geht hervor, wie ein Gespräch dazu mit dem britischen Chefdiplomaten Sir William Hardinge verlief: „Ich erklärte ihm, die Ablehnung sei nicht auf meinen persönlichen Eigendünkel zurückzuführen, vielmehr handele es sich um eine politische Angelegenheit, denn ich hätte bereits die höchsten Orden von allen Ländern verliehen bekommen.“ [1] Etwas provokant fragte Hardinge, ob Chulalongkorn die Bedeutung des angeblich „zweitklassigen“ Victoria-Ordens kenne. Der Monarch antworte, dass er sie wahrscheinlich besser kenne als der Fragesteller. Und tatsächlich: Anders als Hardinge war Chulangkorn darüber informiert, welche außereuropäischen Persönlichkeiten bereits den Garter-Orden erhalten hatten, die höchste britische Auszeichnung. Er war nämlich genau über das Ordenszeremoniell der Europäer informiert, auch das der Briten, unter anderem aus dem Adelsführer Almanach de Gotha. Der britische König Edward schien angesichts des Eklats peinlich berührt gewesen zu sein und wollte die Misshelligkeiten vergessen machen. Chulalongkorn: „Vertrauensvoll streichelte er meinen Rücken, umarmte mich, klopfte an meine Schulter oder stieß mich mit der Hand weg. Damit wollte er zeigen, dass er mein vertrauter Freund ist. Heute Abend saß er im Korridor, wartete auf mich, drückte mir eine Zigarettendose aus reinem Gold in die Hand, auf dem das königliche Autogramm eingraviert und mit Diamanten ausgelegt war. Beim Überreichen war er immer noch verlegen.“ [2]
König Chulalongkorn von Siam, 1853–1910 [Wikimedia, Library of Congress]
Großbritannien war durchaus an guten Beziehungen mit dem Königreich Siam gelegen. Es war interessiert, auch in Asien eine wirtschaftliche Vormachtstellung zu erlangen. Im Konkurrenzkampf mit den vor Ort ebenfalls aktiven Vereinigten Staaten und Frankreich war dies aber nicht gerade einfach: „Durch kluge Handels- und Außenpolitik mit den europäischen Großmächten und den USA (1855 Freundschaftsvertrag mit Großbritannien, 1856 Handelsabkommen mit den USA und Frankreich konnte Thailand als einziges Land Südostasiens seine staatliche Unabhängigkeit wahren, obwohl es auf französischen und britischen Druck weite Gebiete abtreten musste.“ [3]
Chom Klao Mongkut. 2,5 Tikal oder Baht von 1863. 997er Gold, 2,2 g, 15 mm
[Numista, Heritage Auctions]
Finanzelle Belange spielten dabei eine bedeutende Rolle. Auf diese Weise kam Thailand zu einer modernen Währung. Zum Ersatz der sogenannten Kugelmünzen aus Silber durch neues Geld kam es in den letzten Regierungsjahren des König Chom Klao Mongkut: „Die neuzeitliche Prägetechnik wurde unter Chom Klao eingeführt, und die mit modernen, aus Birmingham gelieferten Prägemaschinen ausgestattete Münze in Bangkok im Jahre 1860 in Betrieb genommen.“ [4]
Die neuen Münzen aus auf der Basis der traditionellen Tikal zu 15,2 g waren aus Gold, Silber und Kupfer. Doch erst unter seinem Sohn Chulalongkorn erlangte das neue Währungssystem landesweite Bedeutung: „Im Jahre 1868 begann die Regierung des Königs Maha Chulalongkorn. Dieser verstand es, das Land mit großem Geschick durch die politischen Schwierigkeiten, die in diesem Raum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, zu leiten. Er führte viele Reformen durch, erschloss das Land durch Eisenbahnlinien, richtete Schifffahrtslinien ein, schuf eine moderne Armee, drängte die Entwicklung überall voran. Auch das Münzwesen nach europäischem Vorbild setzte er endgültig durch.“ [5] Im Jahre 1898 wurde die Währung dezimalisiert. Ein Tikal (Baht) bestand nun aus 100 Satang. Als der Silberpreis sank, verbot Chulalongkorn im Jahre 1902 die freie Ausprägung des Silbers. Die Währung wurde auf einen Goldstandard umgestellt und Papiergeld eingeführt.
Chulalongkorn. 1 Tikal oder Baht von 1876–1900. Silber, 15,1 g, 31 mm [Numisor SA, Auction 2/224]
Welche Gefahren die Ausgabe von Papiergeld barg, war der Regierung ebenfalls bekannt. Es hieß, die Ausgabe könne nur in beschränktem Umfang erfolgen. Voraussetzung für den Erfolg der Banknoten sei zudem eine solide Haushaltspolitik. Im Bericht des siamesischen Komitees für Finanzreformen vom 17. März 1893 steht: „Wenn nur einer der Faktoren missachtet wird, muss das Vertrauen in die Papierwährung schwinden, was zu ihrer Entwertung und zu einer Panik führen wird, wenn die Bevölkerung das Papiergeld einlösen will. Wenn das passiert und keine schnelle Lösung parat ist, kann es leicht zu Unruhen kommen. Das ist die Schattenseite der Papierwährung. Auch wenn dieses Szenario bereits in anderen Ländern eingetreten ist, gibt es keine Entschuldigung dafür, dies auch in diesem Königreich geschehen zu lassen. Wer die Verantwortung trägt und leichtsinnig handelt, schadet dem Wohl des Staates und der Ehre des Königs und bewirkt so letztlich den Sturz des Königs.“ [6]
Seit dem Jahre 1906 wurde den Niederlassungen europäischer Banken das Recht zur Ausgabe von Banknoten entzogen. Nur staatliche Noten durften umlaufen. Deren Kurs zum britischen Goldpfund wurde mit dem Währungsgesetz von 1908 mit 13 Tikal festgelegt. Zur Ausprägung einer geplanten Umlaufmünze zu zehn Tikal in Gold kam es jedoch nicht. Somit blieb es bei einer Goldkernwährung. Im Umlauf beschränkte man sich auf Silber.
Chulalongkorn. 10 Satang von 1908. Nickel, 5,6 g, 25 mm [Numista, Tolnomur]
Quellen
Suphot Manalapanacharoen: „Die zweite Europareise Königs Chulalongkorn, der wiederholte Eklat der Ordensverleihung und die gescheiterte Bemühung Königs Edward VII.“, im The new Entente Cordiale with Siam. Heidelberg 2019, S. 30.
Ebd., S. 32.
ZEIT-Lexikon, Bd. 14. Hamburg 2005, S. 490.
Günter Schön, Jean Francois Cartier: Weltmünzkatalog – 19. Jahrhundert. Augsburg 1990, S. 1079.
„Geld aus dem Reiche des weißen Elefanten: Währungsgeschichte und Münzformen Thailands“; in: Das Fenster, Ausgabe 120. Köln 1984, S. 11.
Zitiert nach David Neuhäuser: Die Rolle der Berater und Experten bei den Reformprojekten in Siam unter Rama V. Berlin 2019, S. 198f.
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