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König Hussein und Jordaniens erste Sammlermünzen

Fast 50 Jahre saß der kleine Monarch auf dem Thron des Haschemitischen Königreichs Jordanien:

„Als Hussein 15 war, starb sein Großvater Abdallah mit einem Kopfschuss neben ihm in der El-Aksa Moschee. Die Hussein zugedachte Kugel  prallte an einem Orden ab. Abdallahs Sohn Talal, Husseins Vater, regierte nur ein Jahr lang. Dann wurde er, 1952, wegen Schizophrenie entmündigt und Hussein, gerade 17, König von Jordanien – ein Himmelfahrtskommando.“ (1)

Mit dem Playboy, der sich zunächst eher für flotte Partys, schnelle Autos und blonde Frauen zu interessieren schien, meinten seine Gegner schnell fertig zu werden. Doch sie hatten sich getäuscht:

„Der Nachkomme Mohammeds im 41. Glied war sehr viel robuster, als er schien. Er überlebte alle Versuche, ihn zu stürzen, zu vergiften, zu erschießen, sein Flugzeug zum Absturz zu bringen, ihn in die Luft zu sprengen oder mittels ausgetauschter Medikamente zu verätzen.“ (2)

König Hussein von Jordanien (1934-1999) im Herbst 1956 – Bildquelle: Wikimedia, Sochurek.


Das Münzwesen des 1946 gegründeten Königreichs war in den ersten Jahrzehnten eher unspektakulär. Der jordanische Dinar war in zehn Dirhams oder 100 Piastres aufgeteilt. Auf einen Piaster kamen zehn Fils. An Münzgeld erschienen zunächst jedoch nur wenig ansehnliche Stücke bis zu 100 Fils aus Bronze bzw. einer Kupfer-Nickel-Legierung. Für höhere Wertstufen gab es Banknoten. Im Zuge eines Booms unter Anlegern wurden ab 1960 jedoch zunehmend Münzen aus Gold und Silber nachgefragt. Die italienische Goldschmiede Gori & Zucchi aus Arezzo stieg in das Geschäft ein und produzierte in Kooperation mit zahlreichen Entwicklungsländern aufwändig gestaltete Münzkollektionen für Sammler und Anleger. Ein Vertrag mit dem Königreich Jordanien ermöglichte 1969 die Ausgabe einer Kollektion aus drei Silber- und vier Goldprägungen.


Siebenteilige Kollektion von Gold- und Silbermünzen – Bildquelle: Numista, Heritage Auctions.


Die aufwändig gestalteten Ausgaben zeigen auf der Vorderseite ein nach rechts gerichtetes Porträt des Königs mit arabischer Umschrift und Jahreszahl. Auf der Rückseite sind unter der lateinischen Bezeichnung des Staates wechselnde Bildmotive vor einem netzartig ausgebreiteten Stoff platziert. Der halbe Dinar aus Silber zeigt das Wüstenschloss Quasr al Kharaneh aus der Zeit der Umayaden. Auf dem Dreiviertel-Dinar ist die Geburtsstätte Jesu Christi unter der Geburtskirche in Bethlehem zu sehen. Auf dem ganzen Dinar wurde die Altstadt von Jerusalem mit dem Felsendom auf dem Tempelberg abgebildet. Der doppelte Dinar aus Gold zeigt das Forum von Jerash, einen von ionischen Säulen gesäumten Versammlungsplatz aus römischer Zeit. Auf der Münze zu fünf Dinars ist das Schatzhaus von Petra zu sehen, ein aus rosafarbenem Sandstein gehauener Grabtempel der Nabatäer, gehalten in der Art sassanidischer Gräber mit römischem Einfluss.


½ Dinar (Jordanien, 1969, 999er Silber, 20,0 Gramm, 35 mm) – Bildquelle: Numismatic Guaranty Company.


Die Goldmünze zu zehn Dinars ist einer Visite von Papst Paul VI. in Jerusalem gewidmet, während der er unter anderem den Garten Gethsemane mit dem Ölberg und der 1924 errichteten Friedenskirche der Nationen besichtigte. Auf der höchsten Wertstufe zu 25 Dinars sind der Felsendom und Kettendom auf dem Tempelplatz in Jerusalem zusehen. Der Besuch des Papstes galt seinerzeit übrigens als Meilenstein der Friedensbemühungen im Nahen Osten. Damals wurde berichtet:

„Papst Paul VI. bricht als erster Papst der Geschichte zu einer Reise in das Heilige Land auf. Er fliegt von Rom nach Amman in Jordanien, wo er von König Hussein empfangen wird. Von Amman aus setzt der Papst seine Reise im Auto nach Jerusalem fort, wo er zunächst im jordanischen Teil der Heiligen Stadt alle wichtigen christlichen Gedenkstätten besucht und mit den Patriarchen der griechisch-orthodoxen sowie armenischen Kirche von Jerusalem zusammentrifft.“ (3)

2 Dinars (Jordanien, 1969, 900er Gold, 5,5 Gramm, 21 mm) – Bildquelle: Numista, Heritage Auctions.


Die später kaum noch nachvollziehbare Kombination der Motive aus jordanischen Denkmälern, einem zum Zeitpunkt der Münzedition bereits verstrichenen Ereignis der Zeitgeschichte sowie Darstellungen aus Bethlehem und Jerusalem bescherte der Kollektion allerdings kein großes Echo bei Sammlern. Sie gilt jedoch als Auftakt für ein reichhaltigeres Münzschaffen. Seitdem erscheinen immer wieder Sondermünzen, gefertigt in verschiedenen ausländischen Münzstätten. Noch im Jahr 1969 prägte die britische Royal Mint im Rahmen des Programms der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) eine Kupfer-Nickel-Münze zur Förderung der Landwirtschaft. Zum zehnten Jahrestag der Zentralbank im Jahre 1974 kam eine ähnlich gestaltete Silbermünze heraus, drei Jahre später zum 25. Jahrestag der Thronbesteigung von König Hussein I. eine Goldmünze zu 25 Dinars. Der Reigen setzt sich bis heute fort.

5 Dinars (Jordanien, 1969, 900er Gold, 13,8 Gramm, 31 mm) – Bildquelle: Filnum.


Mit dem Thronantritt von König Abdullah II. im Jahre 1999 wollte sich das rohstoffarme und von auswärtiger Wirtschaftshilfe abhängige Jordanien zunehmend aus eigener Kraft entwickeln:

„Jordan Vision 2020, so heißt das Im Jahr 2000 veröffentlichte Papier, avisiert eine Verdopplung des Pro-Kopf-Einkommens innerhalb der kommenden zwanzig Jahre.“ (4)

Und tatsächlich hatte es zunächst den Anschein, als könnte Jordanien nach der Amtsübernahme des neuen Königs der Aufbruch in eine neue Zeit gelingen:

„Der König sprach davon, dass man sich Singapur oder Hongkong zum Beispiel nehmen solle; die Regierung lancierte eine von Saatchi & Saatchi gestaltete Kampagne zur Modernisierung, die unter der Überschrift ‚Jordan: Think Big‘ dem Ausland und den eigenen Bürgern die Modernität und das Selbstvertrauen des Landes vorführen sollte.“ (5)

20 Dinars (Jordanien, 2007, 999er Silber, 120 Gramm, 60 mm) – Bildquelle: Stephen Album Rare Coins, Auction 41, Lot 1437.


Doch das Feuerwerk der Kampagnen verfing lediglich bei der städtischen Oberschicht. An den Millionen der Bevölkerung, die an der Armutsgrenze leben, darunter den Bewohnern der palästinensischen Flüchtlingslager, gingen sie unbemerkt vorbei. Anspruch und Wirklichkeit: Auch an den jüngsten Prägungen von Sondermünzen ist dieser Zwiespalt ablesbar!    


Dietmar Kreutzer


Quellenangaben:

  1. Der Tod ist nicht sehr wichtig; in: Der Spiegel, Heft 40/1970, 27.09.1970.

  2. Ebenda.

  3. Historische Begegnung am Ölberg; in: Chronik des´20. Jahrhunderts; Gütersloh 1994, S. 934.

  4. Volker Perthes: Geheime Gärten – Die neue arabische Welt; Berlin 2002, S. 260.

  5. Ebenda

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