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Elias Heindl

Friedrich III. der Weise, Kurfürst von Sachsen

Obwohl seine Rolle in der Geschichte und seine Politik keineswegs eindeutig und einfach zu durchschauen waren, war Friedrich der Weise eine Schlüsselfigur der frühen Reformationsgeschichte, ohne die die sächsische, deutsche und europäische Geschichte sicherlich anders verlaufen wäre [1].


Lucas Cranach d. Ä., Friedrich III. der Weise, Öl auf Lindenholz.

Historisches Museum der Stadt Regensburg, Inv.-Nr. WAF 184 [Bildquelle: Wikipedia]


Friedrich wurde 1463 auf Schloss Hartenfels in Torgau als erster Sohn des Kurfürsten Ernst aus dem Hause der Wettiner geboren. Er erhielt seine Ausbildung an der Klosterschule zu Grimma und am Hof des Mainzer Erzbischofs Diether von Isenburg. Für die Wissenschaften, besonders die Theologie, Geschichte und Rechtswissenschaften, entwickelte er ein warmes Interesse, das er zeitlebens behielt. Diese Wertschätzung zeigte er, indem er stets ein großer Förderer von Bildung, Recht und Wissenschaft blieb und später beispielsweise die Universität Wittenberg gründete, die sich die Universität Tübingen zum Vorbild nahm [2].

1486 trat der 23-jährige Friedrich die Nachfolge seines Vaters Ernst an. Sein Vater übertrug ihm ein schwieriges Erbe: Ein Jahr zuvor war das sächsische Reich, bis dahin das größte innerdeutsche Gebiet, mit der „Leipziger Teilung“ zwischen Ernst und dessen Bruder Albrecht aufgeteilt worden. Friedrich übernahm die Kurwürde und die ernestinischen Gebiete samt Kurkreis Wittenberg. Das Gemenge der beiden sächsischen Territorien war in den nächsten Jahrzehnten Anlass zahlreicher Streitigkeiten (wie der Sächsischen Münztrennung 1530–1533 nach dem Tode Friedrichs) und schwächte das sächsische Fürstentum erheblich [3]. Friedrich III. regierte harmonisch gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Johann.


Sogenannter „Klappmützentaler“ o.J., Münzstätte: Annaberg. Die Gemeinschaftsprägung Friedrichs und seines Bruders Johann d. Beständigen mit dem albertinischen Herzog Georg d. Bärtigen nennt auf der Vorderseite die Namen aller drei sächsischen Herrscher. Vorderseitig ist Friedrich im Kurornat mit Kurhut und geschultertem Kurschwert dargestellt; rückseitig die einander zugewandten Brustbilder Georgs und Johanns [Dr. Busso Peus Nachfolger, Auktion 413/1831]


Friedrich III. war frommer Christ und bemühte sich stets um ein gottgefälliges Leben nach den damaligen Vorstellungen. Zur Fastenzeit zog er sich in ein Kloster zurück, besuchte täglich die christliche Messe, ging auf Wallfahrt in das Heilige Land und besaß eine riesige Sammlung an christlichen Reliquien, die er zeitlebens auf über 19.000 Objekte erweiterte. Er stand in Kontakt zu Erasmus von Rotterdam und Johannes Aventinus [4]. „Gerechtigkeit, Mäßigung und öffentliche Ruhe“ waren ihm wichtig, wie der Humanist Phillipp Melanchthon 1551 rückblickend schrieb. Dies war der politischen Bedeutung Sachsen und dem Adelsgeschlecht der Wettiner allerdings nicht sehr zuträglich: Er konnte sein Herrschaftsgebiet nicht erweitern, vielmehr verlor er 1513 die Bischofsstühle Magdeburg und Halberstadt und 1514 die Vormundschaft über Hessen [5].Trotzdem war sein politischer Einfluss nicht unerheblich; er war unter anderem einer der engsten Vertrauten Maximilians I., der ihn als „Generalstatthalter des Reichs“ an die Spitze seines neuen Hofrats setzte [6].


Guldengroschen o.J. (nach 1507). Vorderseitig geharnischte Büste des Kurfürsten mit Drahthaube und Schriftzug IHS : MARIA auf der Brust. Die Averslegende verweist mit LOCVM TENENS GENERA(lis) auf die am 8. August 1507 durch Maximilian I. verliehene Generalstatthalterwürde. Die Rückseite mit dem nimbierten Wappenadler nennt Maximilians Namen. Stempelschneider: Ulrich Ursenthaler d. Ä. aus Innsbruck [Künker, Sommer-Auktionen 293–294/1161]


Dieser Respekt half ihm später, seine schützende Hand über Martin Luther zu legen. Die Bedächtigkeit und das Rechtsgefühl, die dem Kurfürsten als Territorialpolitiker schadeten, brachten in seinem Einfluss auf die Reformation großen Nutzen [7].

Luther hatte an der von Friedrich 1502 gegründeten Universität zu Wittenberg seinen „Doctor Theologiae“ erworben und die Professorenstelle für „Lectura in Biblia“ inne. Nachdem Luther 1518 von der römischen Kurie der Häresie bezichtigt wurde und seine Auslieferung nach Rom zum Verhör gefordert wurde, gewährte Friedrich ihm Schutz und verweigerte die Forderung. Er erwirkte, dass Martin Luther stattdessen vor einem Gesandten des Papstes in Augsburg sprechen durfte. Friedrich war jedoch keineswegs ein Anhänger Luthers erster Stunde; er sah Luther theologisch nicht widerlegt, forderte die inhaltliche Auseinandersetzung und wollte ein faires Verfahren gewährleisten. Er empfing den Reformator nie persönlich und wahrte seine Distanz, um nicht ebenso dem Vorwurf der Ketzerei ausgesetzt zu sein [8]. Auch nach dem Kirchenbann Luthers im Januar 1521 wich Friedrich nicht von seinem Standpunkt ab. Er setzte sich dafür ein, Luther eine erneute Anhörung vor dem Wormser Reichstag zu ermöglichen [9], und handelte freies Geleit nach Wittenberg heraus, nachdem dieser auch dort nicht von seinen Thesen Abstand nahm [10].


Schreckenberger von 1507 mit der barhäuptigen Büste Friedrichs, Münzstätte: Nürnberg

[Auktionen Münzhandlung Sonntag, Auktion 14/1670]


Durch eine Absprache war das Kurfürstentum Sachsen vom Wormser Edikt befreit, das verbat, Martin Luther zu unterstützen, zu beherbergen, seine Schriften zu lesen oder zu drucken, und gebot, ihn festzusetzen und dem Kaiser zu übergeben [11]. Kaiser Karl V. wollte keinen Konflikt mit einem mächtigen Kurfürsten riskieren. Diese Konstellation rettete Luther [12]. Friedrich gewährte ihm ein Quartier auf der Wartburg, wo Luther als „Junker Jörg“ weiter schriftstellerisch tätig war und das Neue Testament ins Deutsche übersetzte. Alle seine Kontakte nach außen liefen über Georg Spalatin, der auch Hofkaplan, Geheimschreiber und Beichtvater und somit engster Vertrauter Friedrichs III. war [13][14]. In Sachsen heirateten mittlerweile die ersten Priester und die Reformation verbreitete sich im Reich, allerdings ohne starke, ordnende Hand, wodurch sich auch zahlreiche Nebenströmungen bildeten [15]. 1522 und in den folgenden Jahren führten die von dem zurückkehrenden Luther beseitigten Unruhen der Wittenberger Bilderstürmer und die von Luther ebenfalls missbilligten Bestrebungen der Wiedertäufer und Aufstandsbewegungen der Bauern Kurfürst und Reformator enger und offener zusammen als bisher, wenn Friedrich auch an der Politik vorsichtigen und sorgenvollen Lavierens festhielt [16]. Er brach jedoch nicht offiziell mit der katholischen Kirche und folgte Luther nicht in allen Konsequenzen [17]. 1524 kam es in den deutschen Gebieten zum Bauernkrieg. Friedrich der Weise war einer der wenigen Fürsprecher der Bauern und war der Meinung, dass man die Forderungen der Bauern nach Besserung ihrer Lebensverhältnisse erfüllen sollte. Luther, auf dessen Thesen sich die Aufständischen beriefen, verurteilte die Bewegung vehement.


Albrecht Dürer, Friedrich der Weise, Kupferstich um 1524.

Rijksmuseum, Amsterdam, Inv.-Nr. RP-P-OB-1278 [Bildquelle: Wikipedia]

1525 starb Friedrich schließlich. Kurz zuvor erhielt er das Abendmahl auf protestantische Art, was einem Bekenntnis zur neuen Glaubensrichtung gleichkam [18]. Er rang wohl bis zu den letzten Stunden seines Lebens um den rechten Glauben, zerrissen zwischen geschichtsbewusster Frömmigkeit und reformerischer Religiösität [19].


Das Andenken an Friedrich war wesentlich durch die bildende Kunst der Zeit geprägt, die er förderte und wie kaum ein anderer zur Repräsentation nutzte. Lucas Cranach der Ältere, einer der bedeutendsten Maler und Buchdrucker der Renaissance, war ab 1505 Hofmaler am kursächsischen Hof. Er fertigte, ebenso wie Albrecht Dürer, zahlreiche Porträts Friedrichs an. Die Brustbilder Cranachs dienten auch als Vorlage für die Münzen, auf denen Friedrich abgebildet ist.

1917 wurde zum 400-jährigen Jubiläum der Reformation anstelle von Luther Friedrich der Weise auf eine Reichsmünze gesetzt. Die Silbermünze wurde wegen des Silbermangels während des Krieges nur mit einer Auflage von 100 Stück geprägt, wobei die meisten davon während der Revolution 1918 versehentlich eingeschmolzen wurden [20]. Die 3 Mark „Friedrich der Weise“ werden mittlerweile im sechsstelligen Bereich gehandelt und zählen zu den seltensten und wertvollsten Silbermünzen der Neuzeit [21] [22].


Deutsches Reich. 3-Mark-Gedenkmünze 1917 zum 400-Jahr-Jubiläum der Reformation mit Brustbild Friedrichs III. dem Weisen. Münzstätte: Muldenhütten [Künker, Auktion 350/2078]


Anmerkungen

  1. Armin Kohnle, „Kurfürst Friedrich der Weise, Martin Luther und die Reformation“. Sächsische Heimatblätter 2 ( 2017), 82–90.

  2. deutsche-biographie.de/sfz35638.html.

  3. Ingetraut Ludolphy, „Friedrich der Weise (1463–1525)“. Theologische Realenzyklopädie. Berlin/New York 2010.

  4. Joachim Mohr, „Meisterhafter Taktiker“, Spiegel Geschichte, Heft 6 (2015).

  5. Ebd.

  6. Ludolphy 2010.

  7. deutsche-biographie.de/sfz35638.html.

  8. Kohnle 2017.

  9. Martin Brecht, Martin Luther, Band 1. Stuttgart 1983, 424f.

  10. Mohr 2015.

  11. de.wikipedia.org/wiki/Martin_Luther.

  12. Brecht 1983.

  13. Mohr 2015.

  14. Brecht 1983.

  15. Kohnle 2017.

  16. deutsche-biographie.de/sfz35638.html.

  17. Ludolphy 2010.

  18. Ebd.

  19. Mohr 2015.

  20. Walther Haupt, Sächsische Münzkunde (1974). Berlin 1974, 190.

  21. Künker, Auktion 350 (29.6.2021), Nr. 2078: Schätzung 100.000,– €, Zuschlag: 130.000,– €.

  22. Haupt 1974.


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Claus Keilitz:

Die sächsischen Münzen 1500–1547


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