top of page
Thomas Uhlmann

Die Münzen des Staates Qi (Chi) – Teil 2: Runde Münzen

Vermutlich um das Jahr 279 v.u.Z. wurden neben Messergeld auch runde Münzen ausgegeben. Aufgrund von Funden wissen wir, dass beide Münzformen parallel umgelaufen sind. Die häufigsten genannten Nominale der Rundmünzen zeigen die 1-, 4- oder 6-Hua-Münzen. Die runden Münzen tragen eine Aufschrift, die aus einer Zahlenangabe und zwei Zeichen besteht – z.B. Yi Si Hua.


Die Deutung der Bezeichnung Hua ist umstritten. Es wird als „gültige Währung“, „offizielles Geld“ oder als Gewichtsangabe gedeutet. Geht man von einer Gewichtsbezeichnung aus, müsste die Masse der einzelnen Münzen in einem Verhältnis stehen – d. h. ein 4-Hua-Stück müsste in etwa das Gewicht von vier 1-Hua-Münzen haben, ein solches Verhältnis kann aber nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, da beispielsweise die bei Gratzer/Fishman15 untersuchten Münzen Schwankungen zwischen 1,1 g bis 2,9 g bei 1-Hua-Münzen, 3,4 g bis 6,4 g bei 4-Hua-Münzen und 5,8 g bis 11,7 g bei 6-Hua-Münzen aufzeigen.


Das Zeichen Yi wurde bisher als Verweis auf die Stadt Yi in Reich der Qi gedeutet. Mittlerweile ist sich die Forschung einig, dass man mit der Bezeichnung Yi eher eine Zählangabe von Strängen der Kauri-Schnecke ausgehen muss. So werden auch die häufig auf den Rückseiten der eingangs geschilderten Messermünzen vorkommenden drei Streifen in Verbindung mit anderen Schriftzeichen als 三十 - san shi (= 30) gedeutet – also eine Mes- sermünze im Wert von 30 doppelsträngen Kauri-Schnecken.


Insofern ist die Deutung der Kombination Yi Hua als Doppelstrang von einer bisher unbekannten Anzahl an Kauri-Schnecken als Geld eher angemessen. Die Inschrift wäre dann bei einer Münze mit der Aufschrift „Yi Si Hua“ als „Geld im Wert von 4 Kauri-Doppelsträngen“ zu deuten. Diese Herangehensweise würde auch die These unterstützen, dass in China nicht das tatsächliche Gewicht der Münze relevant war, sondern der darauf vermerkte Wert der Münzen.

Aus der Sammlung Howard Franklin Bowker wurde nunmehr ein weiteres Nominal, die 2-Yi-Hua-Münze belegt. Bowker selbst vermerkte, dass davon drei Stücke bekannt seien. Als weitere Referenz konnte der Autor nur das bereits 1951 von Wang Yü-Ch’üan veröffentlichte Stück der American Numismatic Society ermitteln. Das ihm bekannte dritte Exemplar, konnte der Autor derzeit nicht zuweisen.


Allerdings muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Echtheit eines solchen Stücks angezweifelt werden muss. Es sind bisher keine archäologischen Funde bekannt, die einen solchen Münztyp enthalten. Außerdem scheint eine so hohe Seltenheit als zweit niedrigstes Nominal doch eher unwahrscheinlich, zumal die anderen Typen meist häufiger zu finden sind.


In jedem Falle kann man bei einer Reihe von 1-, (2-,) 4- und 6-Hua-Münzen davon ausgehen, dass hier ein differenziertes Münzsystem eingeführt wurde, um den Handel oder Zahlungsabläufe zu verbessern. Eventuell wurde der Versuch unternommen, die Monetarisierung für alltägliche Geschäfte zu ermöglichen. Die bis zur Einführung dieser Münzen umlaufenden hohen Nominalen des Messergelds waren sicher nicht geeignet, kleinere Geschäfte abzuwickeln. Die anschließende Einführung kleinerer Nominale und de- ren Nutzung für die Abdeckung des kleinen bis hin zum großen Handel spricht für einen hohen Verwendungsgrad von Geld und damit von einem geringen Tauschhandel. Durch einen Wirtschaftskreislauf, der ausschließlich auf Geld als Tauschmittel setzt, war nach Meinung des Autors eine bessere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit möglich.


Kempgen verweist die 1-Yi-Hua-Münze abweichend von obiger Darstellung an den Staat der Qin in die Provinz Dong. Er geht von einer allgemein hohen Anerkennung der 4- und 6-Yi-Hua-Münzen des Qi-Staats aus, was zur Folge hatte, dass im Randgebiet des Qin-Reichs dieser Münzwert ebenfalls eine hohe Akzeptanz hatte. Im weiteren führt er aus, dass die 1- Yi-Hua-Münze mit verstärktem Rand außen und um das quadratische Loch eine kaiserliche Emission auf dem Gebiet des früheren Qi-Staats und dessen Nachbarregionen nach 220 v.u.Z. waren. Diese Annahme kann nach Meinung des Autors nicht zutreffen. In der Zeit der streitenden Reiche können meist sehr deutliche Abgrenzungen auf den Darstellungen von Münzen festgestellt werden, da auch hier eigene Identitäten der unterschiedlichen Staaten deutlich wurden. Die gängigen Annahmen, dass mit Schaffung des vereinten Kaiserreichs durch die Qin-Dynastie und deren Eroberungen, auch die Vereinheitlichung von Maßen, Gewichten und auch Münzen einhergeht, ist meiner Meinung nach auch wegen der einheitlichen Münzdarstellung nicht zu bestreiten. Man muss davon ausgehen, dass bei der Schaffung einer neuen einheitlichen Nation, die Ausgabe separater regionaler Münzen nicht zu einer Identifikation mit dem neuen Herrscherhaus führt. Die ab 221 v.u.Z. einheitlich und ausschließlich gültige Ban-Liang-Münze, die im Qin-Staat bereits seit mindestens 350 v.u.Z. ausgegeben wurde, war ein wesentliches Mittel, um die Vereinheitlichung der Wirtschaft und des Geldwesens voran zu treiben.

Es wäre natürlich interessant, ob bisherige oder zukünftige Münzfunde diese Fragestellung bestätigen oder widerlegen können. Derzeit basieren die Schlußfolgerungen fast ausschließlich auf den Münzen, die leider keine Fundprovenienzen aufweisen.


Literatur:

Lewis, Mark Edward, Warring States Political History in: The Cambridge History of China – From the Orgins of Civilization to 221 B.C. New York 2006.


Shaughnessy, Edward L., Western Zhou History in: The Cambridge History of China – From the Orgins of Civilization to 221 B.C. New York 2006.


Hsu, Cho-Hsu, The Spring and Autumn Period in: The Cambridge History of China – From the Orgins of Civilization to 221 B.C. New York 2006.


Thierry, Francois, Les Monnaies de la Chine ancienne, Paris 2017.


Hartill, David, Cast Chinese Coins, Victoria 2005.


Gratzer, Heinz und Fishman, A.M., Ancient Cast Chinese Coins Series, Lidail Guqian 2017.


Kempgen, Heinz Wilhelm, Zur Geldgeschichte des Staates Qin, Band II, Hanau 2011.


Thierry, Francois, Die Geschichte des chinesischen Geldes von den Ursprüngen bis zum Be- ginn des 20. Jahrhunderts, in: Geld aus China, Wien 2003.


Yü-Ch’üan, Wang, Early Chinese Coinage, New York, 1951, Plate LI - Nr. 8.




Lesen Sie auch den ersten Teil dieses Beitrages, der sich mit dem chinesischem Messergeld des Staates Qi befasst.

Comments


bottom of page