Als der König von Afghanistan 1928 zum Staatsbesuch eintraf, war halb Deutschland auf den Beinen: „Besonders in Berlin überschlug man sich fast in einem operettenhaften Amanullah-Rummel. Der Afghanen-König war das erste ausländische Staatsoberhaupt, das nach dem Weltkrieg die Hauptstadt des Reiches besuchte. Nur so ist es zu erklären, dass ihm Feiern und Ehrungen zuteil wurden, die in keinem Verhältnis zu der Bedeutung seines asiatischen Königreiches standen.“ (Der Spiegel, Heft 21/1949, S. 16). Ein Spitzendiplomat des Außenministeriums wartete an der schweizerischen Grenze mit einem Sonderzug auf Amanullah. Reichspräsident von Hindenburg empfing ihn. Zur Übernachtung wurde ein Hohenzollern-Schloss zur Verfügung gestellt. Dort türmten sich bald die Geschenke. Sogar ein Auto der Nationalen Automobil Gesellschaft (NAG) soll dabei gewesen sein. Doch auch der König ließ sich nicht lumpen. Mehreren Berliner Museen überstellte er wertvolle Geschenke. Das Museum für Völkerkunde erhielt ein Buddha-Relief, das aus dem ersten Jahrhundert nach Christi Geburt stammt. Der Preußischen Staatsbibliothek wurden zwei Handschriften mit Literatur der Perser aus dem 15. Jahrhundert aus der Königlichen Bibliothek von Kabul übergeben, geschmückt mit wertvollen Miniaturen.
Das war jedoch nicht alles: „Dem Staatlichen Münzkabinett des Kaiser-Friedrich-Museums hat der König zwei Kästen mit Münzen geschenkt. Das eine Kästchen enthält 57 in Afghanistan gefunden ältere afghanische, arabische, türkische und indische Münzen, darunter eine größere Anzahl aus Gold. Das kleinere Kästchen enthält zehn jetzt in Afghanistan umlaufende Münzen.” (Geschenke Aman Ullahs an Berliner Museen, in: Deutsche Tageszeitung, 04.08.1928).
Auf die für ein rückständiges Land wie Afghanistan überaus moderne Münzproduktion konnte der König durchaus stolz sein. Sein Großvater Abdur Rahman Khan (reg. 1880-1901) hatte in seiner Regierungszeit moderne Prägetechnik bei den Briten bestellt. Von der britischen Firma A. Slater Savill & Company wurden daraufhin drei große Maschinen geliefert. Im Jahr 1890 schloss er die drei mit Hammertechnik arbeitenden Münzstätten des Landes zugunsten einer neuen Prägestätte in Kabul. Die erste neue Münze, eine Rupie mit dem Datum 1308 nach damaliger islamischer Zeitrechnung, prägte er sogar selbst an. Im ersten Jahr sollen bereits zehn Millionen Münzen hergestellt worden sein.
Die Geldstücke wurden mit dem seinerzeitigen afghanischen Nationalemblem verziert, der Moschee von Kabul, deren Mihrab nach Mekka zeigt. Die Mihrab ist die Gebetsnische der Moschee, welche die Gebetsrichtung anzeigt. Das Motiv ist bis heute auf der afghanischen Flagge zu finden: „Häufig ist das Emblem umgeben von einem Sonnenrad und dekoriert von beiderseits angeordneten Fahnen. Unter der Moschee erscheinen regelmäßig gekreuzte Kanonen, Schwerter und Gewehre. Auf der Kehrseite sind generell der Name und Titel des Herrschers, das Datum sowie ein Blumenmotiv oder ein Kranz zu sehen.“ (Hakim Hamidi, Masoud Hamidi, A Catalog of Modern Coins of Afghanistan, Boston 2012, S. 6).
Der zu dieser Zeit herrschende Emir Abdur Rahman Khan, gern auch als „Bismarck von Afghanistan“ tituliert, hinterließ seinem Sohn Habibullah eine Machtfülle, die er mit brutaler Hand durchgesetzt hatte. Habibullah Khan (reg. 1901-1919) suchte die Reformen seines Vaters fortzuführen. Trotzdem legte er sich nach der Landessitte etwa 300 Ehefrauen zu. Seinen Hauptberater Abdul Latif ließ er am 14. Juli 1903 wegen eines Vergehens gegen die islamische Lehre steinigen. So ging erst Amanullah Khan (reg. 1919-1929) als umfassender Reformer in die Geschichte des Landes ein: „Amanullah, der von fortschrittlichen Gutsbesitzern, Kaufleuten und Offizieren unterstützt wurde, begann den staatlichen Verwaltungsapparat zu zentralisieren; er hob die Inlandszölle auf und verbot den Sklavenhandel. Schulwesen und Gerichtsbarkeit, die bislang ausschließlich von der Geistlichkeit kontrolliert wurden, versuchte er dem Staat zu unterstellen. Der Stammesaristokratie entzog er das Recht auf Steuereinnahme. Zugleich erhöhte er die Steuern und Pachtverpflichtungen der Bauern, um erste Industrialisierungsmaßnahmen durchzuführen.“ (Kleine Enzyklopädie Weltgeschichte, Leipzig 1964, S. 34.).
Das Währungssystem basierte traditionell auf der silbernen Rupie Kabuli. Eine Rupie wurde in 60 Paisa unterteilt. Für größere Teilstücke der Rupie aus Silber bzw. Kupfer gab es spezielle Nominal-Bezeichnungen. Höchstes Nominal überhaupt war die goldene Tilla aus im Wert von 10 Rupien. Amanullah reformierte die afghanische Währung. Für Maße und Gewichte führte er das Dezimalsystem ein. Die neue Währungseinheit Afghani mit einem Rohgewicht von 10 Gramm Silber wurde nun in 100 Puls (Pool) geteilt. Neue Standard-Goldmünze war der Amani mit einem Rohgewicht von sechs Gramm. Aufgrund der Umstellung gibt es viele unterschiedliche Münzen aus der Regierungszeit von Amanullah. Allein elf Variationen von Goldmünzen sind bekannt. Relativ häufig tauchen heute Münzen zu 1 Tilla (gleich 10 Rupien) und 2 Tilla (gleich 20 Rupien) im Handel auf. Aber auch Stücke zu ½ Amani (10 Afghani) und 1 Amani (20 Afghani) sind zu bekommen. Größere Nominale sind selten. Die Reformfreude von Amanullah stieß jedoch auf den Widerstand der reaktionären Stammesaristokratie und Geistlichkeit. Nach mehreren Aufständen wurde der König im Januar 1929 von fundamentalistischen Moslems gestürzt.
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