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Dietmar Kreutzer

Die Goldzuflüsse für die deutsche Kriegswirtschaft (1936-1945)

Mit der Beschaffung von Gold und Devisen für die Kriegswirtschaft war schon zwei Jahre nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begonnen worden. Im Mai 1935 wurde Hjalmar Schacht, der Reichsbankpräsident und amtierende Wirtschaftsminister, zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft ernannt. Ein Jahr später ging die Zuständigkeit für die deutsche Wiederaufrüstung an Hermann Göring über, der zu dieser Zeit preußischer Ministerpräsident und Minister ohne Geschäftsbereich war. Im April 1936 wurde Göring zum Rohstoff- und Devisenkommissar, im Oktober zum Beauftragten für den Vierjahresplan ernannt. Die Organisation für den Vierjahresplan war mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet: „Das Aufgabengebiet seiner Fünf-Mann-Experten-Gruppe bestand in der Beschaffung, Verwaltung und Zuteilung von Devisen im Dienste der Planung, Vorbereitung und Durchführung von Angriffskriegen.“ (Janis Schmelzer: Devisen für den Endsieg, Stuttgart 2003, S. 8) Zunächst wurden im Inland erreichbares Gold sowie Devisen requiriert. Am 28. Oktober 1936 ordnete Göring an, dass Gold, ausländische Zahlungsmittel und Forderungen in ausländischer Währung innerhalb eines Monats abzuliefern seien. Als ablieferungspflichtiges Gold im Sinne des Gesetzes waren außer Kurs gesetzte Goldmünzen sowie Barrengold und andere Halbfabrikate ausgewiesen. Mit der Verordnung über die Außerkurssetzung der deutschen Reichsgoldmünzen vom 16. Juli 1938 mussten auch die Goldmünzen zu ihrem Nennwert an die Reichsbank abgeliefert werden. Eine Verordnung vom gleichen Tage zur Ablieferung außer Kurs gesetzter in- und ausländischer Goldmünzen innerhalb von sechs Wochen verpflichtete auch zur Abgabe österreichischer Goldmünzen. Einige Bürger lieferten das Gold tatsächlich ab. Etwa 65 Millionen Reichsmark sollen so zusammengekommen sein.

Adolf Hitler, Robert Ley und Hermann Göring (1942). [Bildquelle: Wikimedia, Bundesarchiv]

Bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gelang es den Nationalsozialisten, sich das Gold der auf diplomatischem Weg angegliederten Länder zu sichern. Die österreichischen Goldreserven in Höhe von 245 Millionen Reichsmark und die tschechischen in Höhe von 64 Millionen Reichsmark fielen ihnen zuerst in die Hände. Der größte Teil des transferierten Goldes wurde in Barrenform übernommen, ein kleinerer in Goldmünzen. Im Juni überwies auch der Danziger Gauleiter Albert Forster das Gold der Freien Stadt an den Devisenkommissar. Es bestand aus hunderten Säcken, fast ausschließlich mit Goldmünzen gefüllt. Reichskommissar Hermann Göring, der gleichzeitig Oberbefehlshaber der Luftwaffe war, wollte dafür Rohstoffe für die Luftwaffe kaufen. Am 4. Juli 1939 schrieb Reichsbankdirektor Wilhelm an Göring: „Ich habe deshalb, da Ihnen ja nur daran gelegen ist, Gold zu erhalten, die sieben Millionen Reichsmark in Münzen zunächst noch unberührt und in Bearbeitung gelassen, und den Auftrag der Bank von Danzig zufolge aus Ihrem sonstigen Golddepot bei uns Goldbarren im Werte von drei Millionen Reichsmark entnehmen lassen, die wir Ihrem Sonderkonto gutschreiben werden.“ (Ebenda, S. 72f.) Nach Kriegsausbruch kam geraubtes Gold im Wert von 560 Millionen Reichsmark aus Belgien, 340 Millionen Reichsmark aus den Niederlanden, 198 Millionen Reichsmark aus Italien, zwölf Millionen Reichsmark aus Luxemburg und 80 Millionen Reichsmark aus Ungarn hinzu. Verwendet wurden die Goldreserven zum Ankauf kriegswichtigen Materials wie Chrom, Wolfram, Erdöl, Eisenerz und Diamanten auf dem internationalen Markt. Die Güter wurden entweder direkt in Gold bezahlt oder mit Schweizer Franken gekauft.

25 Gulden (Danzig, 1923, 917er Gold, 8 Gramm, 22 mm). [Bildquelle: Numismatic Guaranty Corporation].

Das Raubgold in Form ausländischer Barren und Münzen war jedoch nicht ohne weiteres international handelbar. Um die begehrten ausländischen Güter oder Schweizer Franken im Tausch gegen Gold zu erhalten, mussten die Barren und Münzen als legaler Staatsbesitz deklariert werden: „Die Schweizer Nationalbank machte deutlich, dass sie nur solches Gold kaufen würde, das sich mindestens seit 1939 in legitimem deutschen Besitz befand und somit nicht zu dem ‚Raubgold‘ gehörte, vor dessen Ankauf die Westalliierten warnten.“ (Harold James: Die Reichsbank 1876 bis 1945, In: Fünfzig Jahre Deutsche Mark, München 1998, S. 82) Dr. Friedrich Kadgien, der für die Transaktionen zuständige Bevollmächtigte der Vierjahresplan-Behörde, inspizierte daraufhin im März 1941 die Goldreserven in den Tresoren der Reichbank: „Kadgien stellte fest, dass zwischen den Barren verschiedener Länder erhebliche Unterschiede sowohl in der äußeren Form als auch nach Gewicht und Feingehalt bestehen. Ein Vergleich mehrerer Barren verschiedener Herkunft ergab, dass sich infolge der völlig unterschiedlichen Schmelzverfahren derartige abweichende Oberflächenerscheinungen ergeben, dass man als Fachmann ohne weiteres auf den ersten Blick die Herkunft eines Barrens erkennen kann. Das Ziel, die fremd erworbenen Goldbarren (vermutlich aus Holland und Belgien) in schwedische oder englische umzuwandeln – davon war in dem Bericht die Rede – sei aus technischen Gründen nicht erreichbar, so das Fazit Kadgiens. Ein Nachprägen von Münzen erschien dem Spezialisten für die Zwecke der Geschäftsgruppe Devisen erforderlichen Größenordnung nicht rentabel.“ (Schmelzer, S. 100f.) So wurde ein Teil des Goldes niederländischer und belgischer Herkunft in Berlin umgeschmolzen und mit Zertifikaten von 1935 versehen.

Mutmaßliches belgisches Raubgold, gefunden 2014 bei Lüneburg. [Bildquelle: Wikimedia, Hindemith]

Weiteres Gold wurde von Görings Devisenkommissariat beim Vormarsch auf fremdes Territorium beschlagnahmt: „In den besetzten Gebieten rückte außerdem unmittelbar hinter der kämpfenden Truppe jeweils ein Devisenkommando ein, das aus dem dem Vierjahresplan unterstellten Devisenfahndungsamt gebildet wurde. Durch raschen Zugriff konnten in allen Fällen beachtliche Mengen von Gold und Devisen sichergestellt werden.“ (Ebenda, S. 68) Die Erträge kamen in den Schmelztiegel. Der größte Teil der Goldbarren wurde für international handelbare Franken an die Schweiz verkauft, kleinere Bestände gingen für Warenlieferungen nach Schweden und Rumänien. Sogar das Raubgold aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern wurde für den Goldhandel mit der Schweiz eingesetzt. Das gab im Frühjahr 1997 die Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg im Rahmen ihrer Untersuchungen bekannt. Nach Veröffentlichung des ersten Zwischenberichtes wurde gemeldet: „Vorige Woche stellte sich zum Entsetzen der Eidgenossen sogar heraus, dass ihr beliebtes ‚Gold-Vreneli‘, eine zu Taufe, Konfirmation und Hochzeit gern verschenkte 20-Franken-Münze mit niedlichem Mädchenkopf, nach dem Krieg millionenfach aus Raubgold der Nazis hergestellt wurde.“ (Hitlers beflissene Helfer, In: Der Spiegel, Heft 12/1997, S. 163)

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