Als im Jahre 1892 die World’s Columbian Exposition in Chicago vorbereitet wurde, suchten die Organisatoren der Weltausstellung nach Finanzierungsmöglichkeiten. Mit dem Segen des Kongresses kam eine Sondermünze zu einem halben Dollar mit dem Porträt von Christoph Kolumbus auf der Vorderseite und seinem Flaggschiff Santa Maria auf der Rückseite heraus. Die Auflage erreichte 2,5 Millionen Exemplare. So heißt es denn auch in einem Basiswerk der US-Numismatiker Clain-Stefanelli: „Die ersten Gedenkmünzen wurden 1892 anlässlich des 400. Jahrestages der Entdeckung Amerikas geschlagen.“ (Elvira und Vladimir Clain-Stefanelli: Das große Buch der Münzen und Medaillen, Augsburg 1991, S. 120) Die Stücke konnten allerdings nicht vollständig verkauft werden. Ein Jahr später folgte eine weitere Gedenkmünze. Das Konzept machte rasch Schule. Anlässlich späterer Ausstellungen erschienen sogar wiederholt Sonderausgaben in Gold: „Diese Münzen wurden von verschiedenen Kommissionen verteilt, die sie mit einem Aufschlag (in der Regel etwa das Doppelte ihres Nennwerts) verkauften, um Geld für Ausstellungen oder die Errichtung von Denkmälern zu sammeln.” (Burton Hobson: Historic Gold Coins of the World, New York 1971, S. 161) Anlässlich der Errichtung des Reiterstandbildes auf Joseph Marquis de La Fayette in Paris erschien erstmals eine silberne Dollarmünze, die auf der Vorderseite die gestaffelten Porträts von George Washington und La Fayette und auf der Rückseite das Reiterstandbild zeigte. Entworfen wurde sie von Charles E. Barber, dem Chefgraveur der United States Mint.
Anlässlich dieser Entwicklungen wurde dem US-Präsidenten deutlich, dass auch das Erscheinungsbild der seit Jahrzehnten unveränderten Zwanzig-Dollar-Standardmünzen verbessert werden sollte: „Präsident Theodore Roosevelt hatte sich im Jahr 1905, während eines Mittagessens im Weißen Haus, an Augustus Saint-Gaudens gewandt, um mit ihm die atrocious hideousness, also die grässliche Scheußlichkeit der amerikanischen Münzen zu besprechen. Obwohl der Künstler eigentlich nicht dem Wunsch des Präsidenten nachkommen wollte, ein neues Münzbild zu schaffen – Saint-Gaudens war bereits schwer krank und hatte in der Vergangenheit wenig erfreuliche Erfahrungen mit der staatlichen Münzstätte gemacht – übernahm er die Aufgabe.“ (Ursula Kampmann: „Ich schätze, man wird mich deswegen anklagen …“, in: MünzenRevue, Heft 10/2007, S. 16) In seinem Entwurf arbeitete Saint-Gaudens die Motive auf beiden Münzseiten als Skulpturen im Miniaturformat heraus. Die Stempel waren jedoch ungeeignet, um derart hohe Reliefs auszuprägen. Außerdem wären die fertigen Münzen nicht mehr stapelbar gewesen und hätten sich im Geschäftsverkehr schnell abgenutzt. So wurde das Relief in der Prägestätte abgeflacht. Das Ergebnis wird dennoch zumeist als „schönste Münze“ der Vereinigten Staaten angesehen.
Das Konzept der zu Ausstellungen und anderen Anlässen geprägten Sondermünzen sowie der neuen Standardausgaben bewog den Kongress, eine ganze Reihe von Halb-Dollars als Gedenkmünzen zu genehmigen. Die erste Ausgabe erschien 1918 zum hundertjährigen Jubiläum des Bundesstaates Illinois und wurde von George T. Morgan gestaltet: „Der Illinois Centennial Half Dollar von 1918, der Abraham Lincoln darstellt, war die erste Gedenkmünze, von der die ganze maximal zulässige Auflage verkauft wurde, und war sofort bei Sammlern und der Öffentlichkeit beliebt. Dieser silberne Halb-Dollar zu Gedenkzwecken war der erste von vielen, die anlässlich der Jahrestage von Bundesstaaten, Landkreisen und Kommunen in ganz Amerika ausgegeben wurden.“ (numista.com) Im Jahre 1925 kam der Halbdollar Stone Mountain heraus. Er diente der Finanzierung eines Denkmals für die Führer der Konföderierten, welches in einem Bergmassiv des US-Bundesstaat Georgia entstehen sollte. Die Vorlagen wurden von Gutzon Borglum angefertigt, einem Bildhauer, dem auch der Auftrag für die Ausführung des Monumentes übertragen worden war. Zum Zeitpunkt des Baubeginns war der Anlass, an die Führer der Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg zu erinnern, höchst umstritten. Aber auch das Design der Münze fand keine ungeteilte Zustimmung: „Einige Leute fanden die Prägung und Beschriftung als nicht klar genug. Das lag daran, dass diese Münze keinen normalen Münzgrund hat. Stattdessen wird die gesamte Oberfläche wie grob behauener Stein behandelt, auf dem Sterne zu sehen sind. (…) Die Frage scheint zu sein, ob das erzielte Ergebnis nicht eher für die Medaillenarbeit geeignet ist.“ (David Bullowa: Commemorative Coinage of the United States, 1892-1938, auf: numismatics.org) Nur ein Teil der 2,3 Millionen geprägten Exemplare konnte letztlich zu dem auf einen Dollar festgesetzten Verkaufspreis abgesetzt werden.
Die Medailleure ließen sich von diesen Sonderausgaben inspirieren. Das zeigt ein Werk des Bildhauers Arthur Lee zum 75. Gründungsjubiläum des Bankhauses Lehmann Brothers. Lee wurde am 4. Mai 1881 als Sohn von Knute Sivert Hoel in Trondheim (Norwegen) geboren. Im Jahre 1889 wanderte die Familie nach St. Paul (US-Bundesstaat Minnesota) aus. Mit nur 45 Dollar in der Tasche zog der 20-jährige Arthur nach New York, wo er an der Art Student’s League und später an der Academie des Beaux Arts in Paris studierte. In die USA zurückgekehrt, entstand 1911 mit The Ethiopian seine erste Skulptur. Für die Plastik Volupté erhielt er 1924 auf einer Exposition in Philadelphia die Goldmedaille. Mit Lindbergh Triumphant und Rhythm schuf er bedeutende Akt-Plastiken. Im Jahre 1925 fertigte er seine berühmte Merkur-Medaille zum Jubiläum des Bankhauses Lehman Brothers. Das Motiv war gewissermaßen das Gegenstück zur Lady Liberty auf dem Zwanzig-Dollar-Stück von Augustus Saint-Gaudens. In seinen Tagebüchern begann Lee schon früh, all seine Gedanken über Politik, Kunst, Reisen und Liebe aufzuschreiben. Sein Glaubensbekenntnis fasste er so zusammen: „Als Künstler glaube ich an die bleibenden Tugenden von Design, Zeichnung, lebendiger Form, Rhythmus und Proportion. Ich ziehe die intensiven Tierreliefs der assyrischen Künstler den anonymen Skulpturen Ägyptens vor. Ich glaube an die griechische Kunst Michelangelos, Shakespeare und Beethoven: Mit anderen Worten, ich glaube an die stärksten spirituellen Tugenden.“ (arthurleefoundation.com)
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