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Montenegros Küste: Goldgrube für Investoren


Wiederbelebte Nationalflagge mit den Insignien des Königreichs Montenegro. Bildquelle: Autor.

Wer heute eine Balkan-Rundreise unternimmt, wird über den rasanten Aufstieg Montenegros erstaunt sein. Der wirtschaftlich armselige Kleinstaat mit gerade einmal 650.000 Einwohnern erlebte in den vergangenen Jahren einen beispiellosen Boom – vor allem in der landschaftlich zauberhaften Küstenregion. Zwischen Herceg Novi, Kotor und Budva werden hypermoderne Hotels, Villen und Luxuswohnungen errichtet. Als bislang aufwändigste Anlage gilt der mondäne Yachthafen von Porto Montenegro. Initiiert wurde das Projekt von Peter Munk (1927-2018), der als Inhaber des weltgrößten Goldproduzenten Barrick Gold zu Reichtum gekommen ist. Im Jahr 2006, kurz bevor Montenegro seine Unabhängigkeit von Serbien erlangte, flog der kanadische Milliardär in einem Helikopter über die Bucht von Kotor. Danach stand seine Entscheidung fest: Der jugoslawische Marinestützpunkt Tivat wird zum Yachthafen umgebaut!

Montenegrinische Adriaküste mit Podgorica (neue Hauptstadt) und Cetinje (alte Hauptstadt). Bildquelle: Autor.

Mit dem britischen Bankier Jacob Rothschild, dem französischen Industriellen Bernard Arnault und dem russischen Rohstoff-Multi Oleg Deripaska fand er finanzstarke Partner. Hunderte Millionen von Euro wurden investiert. Inzwischen bietet die einigermaßen nüchtern wirkende Anlage nicht nur Liegeplätze für die Yachten der Reichen und Schönen, sondern auch eine Uferpromenade mit Hotel, teuren Apartments und Geschäften der oberen Preisklasse. Ähnlich verläuft die Entwicklung im benachbarten Badeort Budva. Die geschichtsträchtige Siedlung, deren Zentrum zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, entwickelt sich gerade zu einem bevorzugten Badeort wohlhabender Russen und Serben. Aber auch einige Chinesen haben das neue Saint Tropez an der Adria schon für sich entdeckt. Reiche Russen logieren im Splendid, tanzwütige Kids okkupieren die Disco Top Hill.

Schon einmal wähnte sich Montenegro auf der Überholspur. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich die abgelegene Provinz im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung auf dem Balkan von ihren alten Vormächten zu befreien – zuletzt vom Osmanischen Reich und Österreich-Ungarn. Das Fürstentum wurde unabhängig. Den Großmacht-Fantasien von Fürst Nikola I. (1841-1921) schob der Berliner Kongress von 1878 jedoch einen Riegel vor. Der Fürst ließ sich davon nicht beirren. Im Jahr 1910 rief er sich zum König von Montenegro aus. Den Aufbau eines eigenen Währungssystems konnte er in jenem Jahr mit der Ausgabe einer Serie von Goldmünzen erfolgreich abschließen.

Bis zu dieser Zeit verfügte Montenegro nicht über eigene Zahlungsmittel. In Umlauf waren Zahlungsmittel der benachbarten Staaten. Drei Nachbarn hatte das Land: Serbien im Nordosten, Österreich-Ungarn im Westen und das türkisch besetzte Albanien im Südosten. Das Fürstentum Serbien hatte nach seiner Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich wie die übrigen neu gegründeten Balkanstaaten das vom Grundsatz her bimetallische Währungssystem der Lateinischen Münzunion eingeführt. Der serbische Dinar zu 100 Para entsprach in seinem Wert dem französischen Franc. Österreich-Ungarn war 1892 zum Goldstandard übergegangen. Währungseinheit war die Krone zu 100 Heller. Im Osmanischen Reich galt ein bimetallisches Währungssystem auf der Basis des türkischen Pfundes zu 100 Kurush.

Perpera, Nikola I., 1914, 835er Silber, 10 g. Bildquelle: Allegro Archiwum, Niemczyk.

Fürst Nikola I. entschied sich für das System der Österreicher: „Montenegro begann 1906 mit der Prägung der ersten Münzserien. Sie basierten auf dem 1892 von Österreich reformierten System und waren dem Standard der Lateinischen Münzunion ähnlich, mit ihm letztlich aber nicht kompatibel. So isolierte sich das Land vom Rest des Balkans.“ (Luca Einaudi, Monetary Separation an European Convergence in the Balkans in the 19th Century, in: ÖNB-Workshops, Heft 13/2008, S. 39).

100 Perpera, Nikola I., 1910, 50. Regierungsjubiläum, Auflagenhöhe: 500 Exemplare, 900er Gold, 33,9 g. Bildquelle: Künker, Berlin Auktion 2015, Lot 637, Zuschlag: 28.000 Euro.

Der Wert der Währungseinheit Perper zu 100 Para entsprach jenem der Krone. Der Entwurf für die Münzen stammt von dem Österreicher Stephan Schwartz. Geprägt wurden sie von der Münze Wien. In einem älteren Fachbeitrag heißt es über den Umlauf der Zahlungsmittel: „Vermutlich waren nur die Para-Münzen für den allgemeinen Zahlungsverkehr innerhalb des Königreiches bestimmt. Die Silbermünzen dienten wohl vorrangig dem Außenhandel. Ebenso trifft dieses für die Goldmünzen zu, die darüber hinaus das Königreich repräsentierten.“ (Willy Dangers, Das Geldwesen des Königreichs Montenegro, MünzenRevue 9/1995, S. 85). Diese Annahme dürfte angesichts der Prägezahlen nicht ganz korrekt sein. Nicht nur von den Para-Münzen wurden große Stückzahlen ausgegeben, auch von den Silberstücken zu einem Perper und zwei Perpera. Das Gewicht und die Legierung der zuletzt genannten Scheidemünzen entsprachen einem bzw. zwei Dinar im benachbarten Serbien. Lediglich die höheren Wertstufen sind rar.


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