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Das Jagdvergnügen des Landgrafen von Hessen-Darmstadt


Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt ging als der Jagdlandgraf in die Geschichte ein. Münzen, die von seiner Liebe zum Weidwerk sprechen, werden in der Auktion Künker 327 am 9. Oktober 2019 versteigert.

Er war ein aufgeklärter Fürst, der weit über die Grenzen seines Reichs hinaus wirkte: Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt wurde am 5. April 1691 als ältester Sohn des Landgrafen Ernst Ludwig geboren. Er machte Karriere im Dienste der Habsburger als einer ihrer engsten Vertrauten und Mitarbeiter.

Hessen-Darmstadt. Ludwig VIII., 1739-1768. Silbermedaille 1745 von M. Donner. Gepanzerte Büste mit Feldherrnmantel n. r. Rv. PRO PATRIA (= Für das Vaterland) Ludwig VIII. in Feldherrnpose mit Marschallstab auf einem sich aufbäumenden Pferd. Im Hintergrund die von ihm kommandierte Kavallerie. Aus Auktion Künker 327 (9./10. Oktober 2019), Nr. 3338.

Ein erfolgreicher Feldherr und aufgeklärter Fürst

Noch als Kronprinz trat der 31jährige Ludwig VIII. im Jahr 1722 in den Dienst des kaiserlichen Militärs. Dies sollte der Beginn einer langjährigen, loyalen Zusammenarbeit mit den Habsburgern sein. 1735 ernannte ihn Kaiser Karl VI. zum Kommandanten seiner Kavallerie. In dieser Funktion verteidigte Ludwig VIII. die Rechte von Maria Theresia im Ersten Schlesischen Krieg und im Österreichischen Erbfolgekrieg.

Das österreichische Herrscherpaar wusste, was es an ihm hatte. 1745 gewährte Franz Stephan von Lothringen, Gemahl von Maria Theresia, Ludwig VIII. die Gunst, ihm das Wahldekret zum Kaiser überreichen zu dürfen. Die Medaille, die am 9. Oktober 2019 bei Künker angeboten wird und den Offizier hoch zu Pferde in Feldherrnpose zeigt, dürfte an diese Ehrung erinnern.

Porträt des Landgrafen Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt aus dem Jahr 1740. Kupferstich von Johann Martin Bernigeroth nach Johann Nicolaus Reuling.

Ludwig VIII. übte hohe und höchste Kommandostellen im Heer der Kaiserin und des Reichs aus. Im Siebenjährigen Krieg diente er im Rang eines Generalfeldmarschalls als Oberkommandierender der Kaiserlichen Truppen – und war damit der direkte Gegner Friedrichs II. von Preußen.

Eine große Karriere also. Und auch für seine Herrschaft erreichte Ludwig VIII. viel. Er vermehrte sein Gebiet um die Grafschaft Hanau-Lichtenberg und große Teile des Amtes Babenhausen. Er ließ zahlreiche soziale Einrichtungen erbauen und galt als Förderer der Künste, betätigte sich gar selbst als Komponist. Dazu passt, dass er am 17. Oktober 1768 während einer Opernaufführung in seiner Loge starb.

Und trotzdem, wann immer man irgendetwas über diesen Fürsten liest, dann steht seine Jagdleidenschaft im Mittelpunkt, als hätte er keine anderen Interessen gehabt...

Hessen-Darmstadt. Ludwig VIII., 1739-1765. Silbermedaille 1765 auf den Battenberger Hirsch. Darstellung einer Parforcejagd vor dem Jagdschloss „Dianaburg“. Rv. Der Battenberger Hirsch. Schätzung: 5.000 Euro. Aus Auktion Künker 327 (9./10. Oktober 2019), Nr. 3341.

Warum die Jagd im Barock eine so große Rolle spielte

Dabei war Ludwig VIII. sicher nicht der einzige barocke Herrscher, der auf die Jagd ging. Im Gegenteil, die Jagd gehörte in seinen Kreisen zum typischen Zeitvertreib jedes Fürsten und war durch das höfische Protokoll genauestens geregelt.

Schon seit dem Mittelalter war die Jagd in die hohe und die niedere Jagd geteilt, wobei der Adel erstere für sich reservierte. Die hohe Jagd beschäftigte sich mit der Jagd auf Rot-, Dam- und Schwarzwild (Wildscheine), auf gefährliche Tiere wie Bär, Wolf und Luchs, aber auch auf Federwild, für dessen Jagd Falken eingesetzt wurden. Das einfache Volk mochte seine Beute mit der Falle fangen, die hohen Herren pflegten die Illusion, es sei allein ihre Tapferkeit und Kunstfertigkeit, mit der das wilde Tier zur Strecke gebracht wurde.

Wobei der edle Gegner durchaus ihr Mitgefühl genoss, jedenfalls in der Theorie: Als sich am 11. November 1763 während einer Parforcejagd ein 32-Ender zeigte, wurde dieser nicht geschossen, sondern gefangen und in der Menagerie des Landgrafen bei Kranichstein gezeigt. An dieses Ereignis erinnert eine Medaille, die demnächst bei Künker versteigert wird.

Parforcejagd bei der Dianaburg. Gemälde von 1765 von Georg Adam Eger. Jagdschloss Kranichstein.

Sie zeigt auf der Vorderseite eine Parforcejagd, die bei der Dianaburg, einem von Ludwig VIII. erbauten Jagdschloss durchgeführt wurde. Parforcejagden beruhten darauf, dass der Hirsch zwar schneller ist als der Hund, Hunde aber über eine größere Ausdauer verfügen, so dass das Jagdgefolge eine völlig unvorhersehbare Strecke nachreiten muss.

Detail aus Abbildung 4.

Und so sehen wir vorne den Hirsch und die Jagdhunde. Wo sie sich aufhalten, übermitteln die beiden ihnen direkt folgenden Reiter durch ihre in der Darstellung deutlich zu erkennenden Parforcehörner. Diese eigens zu diesem Zweck entwickelten Instrumente erlaubten es mit ihren großen Windungen, über der Schulter getragen zu werden, damit die Hände beim Reiten frei blieben. Zwischen den Bläsern reitet ein Pikör, deutlich erkennbar an seiner Peitsche. Seine Aufgabe war es, die Hunde anzutreiben. Ein vierter Reiter kommt aus dem Wald und wendet sein Pferd.

Aus dem Jagdtagebuch des Landgrafen Ludwig VIII. von Georg Adam Eger, Blatt vom 10. November 1756.

Ob dies der Landgraf war? Ihm stand es als Ranghöchstem zu, den Hirschen zu töten oder eben auch wie im Fall des Battenberg-Hirsches zu begnadigen.

Die Kosten einer Parforcejagd

Die Parforcejagd war teuer. Als sie der Vater von Ludwig VIII., Ernst Ludwig, 1708 von Frankreich nach Hessen brachte, musste er dafür rund 10.000 Gulden aufwenden. Schon eine einfache Livree für einen Jagdhelfer kostete 579 Reichstaler! Ernst Ludwig war der erste, der eine eigene Anlage dafür baute. Wegen der hohen Kosten ahmten ihn lediglich zehn deutsche Fürsten nach.

Hessen-Darmstadt. Ludwig VIII., 1739-1765. Taler 1751. Hirsch von Hunden gehetzt. Rv. Zwei Reiter mit Parforcehörner und Pikör an der Spitze einer Parforcejagd. Schätzung: 6.000 Euro. Aus Auktion Künker 327 (9./10. Oktober 2019), Nr. 3339.

Ludwig VIII. scheint die Parforcejagd während seiner Militärkarriere nicht ausgeübt zu haben. Wir kennen erst aus dem Jahr 1751eine Medaille, deren Randumschrift darauf hinweist, dass die Tierhetze zu diesem Zeitpunkt „von den Toten wieder auferstanden“ ist.

Was dieses Vergnügen Ludwig kostete, dafür haben wir aus dem Jahr 1760 ein genaues Zeugnis: 12.461 Gulden. Davon erhielt der Jägermeister 300 Gulden im Jahr, die drei Piköre, die für das Antreiben der Hundemeute verantwortlich waren, zusammen 460 Gulden, das Heu der 18 Pferde, die vom Jagdpersonal geritten wurden, schlug mit 923 Gulden zu Buche, das Stroh mit 126 Gulden. Allein für die Fütterung der Hundemeute gab Ludwig VIII. 1.705 Gulden aus.

Die Literatur des 19. Jahrhunderts will wissen, dass die Jäger hervorragend bezahlt waren und zusätzlich noch aus der Privatscple etwas bekamen, wenn der Fürst einen Hirsch erlegte. Derjenige, der diesen Hirsch aufgespürt hatte, erhielt einen Hirsch-Dukaten, für eine Sau einen Sau-Dukaten.

Hessen-Darmstadt. Ludwig VIII., 1739-1765. Halbtaler o. J. (um 1760). Hirsch. Rv. Hirschdecke mit Inschrift . Schätzung: 500 Euro. Aus Auktion Künker 327 (9./10. Oktober 2019), Nr. 3340.

Der erotische Aspekt der Parforcejagd

Welche Funktion der Halbtaler hatte, der bei Künker angeboten wird, wissen wir nicht. Es ist durchaus möglich, dass solche Erinnerungsstücke an alle Teilnehmer der Jagd ausgegeben wurden. Dazu passen würde die Inschrift: „O wir armen Hörnerträger haben wider willen Schwäger“. Durch die Unwägbarkeiten, mit denen der Hirsch sein Entkommen suchte, verstreuten sich nämlich die oft mehr als 100 Teilnehmer einer Jagdgesellschaft in der gesamten Gegend, was durchaus Raum und Zeit für ein Schäferstündchen bot, das in diesem erotischen Zeitalter geradezu zum höfischen Protokoll gehörte.

Die bei Künker angebotenen Medaillen und Schautaler erinnern an diese Zeit – und an einen Fürsten, dem durchaus Unrecht getan wird, wenn man ihn ein wenig abwertend nur als den Jagdlandgrafen bezeichnet.

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