Unter den Bedingungen der Münzgeldwirtschaft permanente Erscheinung der Verringerung des Münzfußes. Die Münzverschlechterung ist die mit Abstand markanteste Erscheinung in der Geschichte des Münzgeldes. Sie beginnt in der Antike und setzt sich bis in das 19. Jahrhundert fort. Die wesentlichen Merkmale dieses Prozesses waren jedoch in allen Fällen die gleichen. Als die wichtigsten Ursachen der Münzverschlechterung können gelten:
Die Differenz zwischen dem Tauschwert (Metallwert, Eigenwert) einer Münze und ihrem Nominalwert; der Tauschwert eines Stück Edelmetalls wird durch dessen Umwandlung in eine Münze nicht erhöht. Die entstandenen Münzkosten wurden unter den Bedingungen der Münzgeldwirtschaft von den Münzherren einschließlich des Schlagschatzes (Münzgewinn) auf die Bevölkerung des eigenen und der angrenzenden Länder durch Verschlechterung des Münzfußes abgewälzt.
Das Seigern der schweren Stücke eines Nominals, wenn almaro justiert wurde.
Die in der Zirkulation erfolgende natürlich Abnutzung der Münzen.
Die Gewinnsucht zahlreicher Münzherren, die den Münzfuß oft in betrügerischer Absicht herabsetze.
Die Münzverschlechterung setzte sich stets nach dem Gresham-Kopernikanischen Gesetz durch, nachdem schlechte Münze immer die gute Münze vertreibt. Der Prozess der Münzverschlechterung wurde besonders begünstigt, wenn infolge einer schwachen Zentralgewalt ein zersplittertes Münzwesen entstanden war, wie z. B. im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Die einzige Münze, deren Edelmetallgehalt seit dem Mittelalter annähernd konstant blieb, war der Dukat. Der Taler, seit Anfang des 16. Jahrhunderts das wichtigste Kurant, verminderte sein Feingewicht bis 1838 auf etwa 60%, der Groschen vom Anfang des 14. Jahrhunderts bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts auf 12%, der Pfennig vom 13. Jahrhundert bis Ende des 17. Jahrhunderts auf 5%. Der Prozess verlief in der Geschichte der einzelnen Länder nicht immer mit der gleichen Kontinuität. Konzentrationsphasen der Münzverschlechterung waren u. a.:
Die Münzwirren im römischen Kaiserreich unter Diocletianus (284-305), die Zeit der mittelalterlichen Münzverrufungen, die Schinderlingszeit (1457-1460) in Bayern und Österreich, die Kipper- und Wipperzeit (1618-1622) in den deutschen Territorien, die Zeit des preußischen Kriegsgelds (1755-1763) in den während des Siebenjährigen Krieges von Preußen beherrschten Gebieten.
Abbildung der Praxis der Münzverschlechterung zur sogenannten „Kipper- und Wipperzeit“. Darstellung vermutlich aus dem 17. Jahrhundert. Bildquelle: Wikipedia.
Zahlreiche Münzherren, Münzmeister, Pächter und private Betrüger nutzten diese Münzwirren, um sich zu bereichern. Der Wirtschaft der betreffenden Länder und deren Bevölkerung wurde großer Schaden zugefügt. Der Unwille der Menschen äußerte sich in zahlreichen Flugschriften, Spottversen und Spottnamen für Münzen, z. B. Schinderling, Strohtaler, Seufzer, Rote Sechser.
Die Münzgeldwirtschaft wurde abgelöst durch die Kreditwirtschaft. Die Münzkosten wurden vom Staat übernommen, zuerst in England (1666), wesentlich später in anderen Ländern. An die Stelle der Münzverrufung trat die Inflation.
aus "Das große Münzlexikon“