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Michael Kurt Sonntag

Lamia und der Hauptgott Dionysos


Bei Lamia handelt es sich um eine thessalische Stadt „am Südhang der Othrys, über die alle wichtigen Verbindungen von Thessalia nach Mittelgriechenland liefen.“ (Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. 6, Sp. 1080). Einer antiken Mythographie zufolge wurde Lamia von Malos, dem eponymen Helden der Malieier gegründet und nach der Lokalnymphe Lamia benannt. Andere Quellen interpretieren Lamia allerdings nicht als Nymphe, sondern als „eine Königin der Trachinier, von welcher die malische Stadt Lamia ihren Namen hatte.“ (W. H. Roscher [Hrsg.], Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, 3. Nachdruckauflage, 1993, Bd. 2, Sp. 1819).

Panoramablick auf Lamia mit der Burg Kostas Kaltsas – rechts auf dem Hügel. Bildquelle: Eolos aus der englischen Wikipedia.

Obwohl die frühe Geschichte Lamias etwas im Dunkeln liegt, wissen wir dennoch, dass die Stadt von polygonalem Mauerwerk umgeben und auch ihre Akropolis befestigt war. Im 5. Jh. v. Chr. avancierte sie zum Hauptort der Malieis. 426 v. Chr. richtete ein Erdbeben schwere Schäden in der Stadt an, doch wurde sie bald darauf wiederaufgebaut. Eine gewisse politische Bedeutung erreichte Lamia dadurch, dass es während des 4. Jahrhunderts v. Chr. die Malieier bei der Delphischen Amphiktyonie vertrat.

Da die Hauptgottheit Lamias Dionysos war, hatte dieser nicht nur einen Tempel auf der Akropolis, sondern schmückte zwischen 390 und 352 v. Chr. auch die Vorderseiten der

städtischen Silbermünzen – Hemidrachmen (Triobole) und Obole. Von 390-370 v. Chr. finden wir seinen mit Efeu bekränzten Kopf nach rechts und von 370-352 v. Chr. nach links gewandt.

Lamia (Thessalien). Hemidrachme bzw. Triobol (um 370-352 v. Chr.), Silber, 2,52 g, Ø (Höhe Vs.) 15,75 mm, Münzstätte Lamia. Bildquelle: MA-Shops, Gorny & Mosch (Februar 2012).

Doch auch die Rückseiten der Hemidrachmen und Obole nehmen Bezug auf diesen Gott des Weines, zumal sie eine Amphore mit einem Efeublatt darüber und eine Weinkanne (Prochous) rechts von der Amphore zeigen (die Legende lautet übersetzt [Münze] der Lamieier). 353/52 v. Chr. gelangte die Stadt in den Herrschaftsbereich des makedonischen Königs Philippos II. und büßte in der Folge ihre eigenständige Münzprägung ein. Erst nach dem Tode Alexanders des Großen 323 v. Chr. prägte sie kurzfristig 1/24-Goldstatere mit den bereits erwähnten Bildmotiven. Eine städtische Silberprägung gab es dann übrigens nur noch einmal und zwar um 300 v. Chr. Doch prägte man zu dem Zeitpunkt nur noch Drachmen und keine Hemidrachmen oder Obole mehr. Ebenso hatte man den efeubekränzten Kopf des Dionysos auf diesen Drachmen durch das nach rechts gewandte Porträt der Lamia mit Tainia (Haarband) und Ohrring ersetzt und die Rückseite zeigte nun den sitzenden Helden Philoktetes und nicht mehr die Amphore und die Weinkanne.


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