Seit April 2015 zeigt das Museum August Kestner in Hannover „Die Jahrhundertmünze“. Die Präsentationsreihe konzentriert sich – alle drei Monate wechselnd – immer auf eine Münze und beleuchtet ihren historischen Hintergrund. Verantwortliche Kuratorin ist Dr. Simone Vogt, der wir auch die Texte verdanken.
Nach vierzehn Jahrhunderten Münzgeschichte ist man in Hannover inzwischen im 8. Jahrhundert nach Chr. und bei Karl dem Großen (768–814) angekommen. Somit ist die erste Hälfte der Münzgeschichte seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. bis in unsere heutige Zeit durchlaufen. Das hat man im Museum August Kestner zum Anlass genommen, alle bisherigen Jahrhundertmünzen gleichzeitig bis 28. Oktober 2018 erneut zu zeigen und so Geschichte(n) anhand von Münzen zu erzählen.
Wir durften wöchentlich voranschreitend die bisher gezeigten „Jahrhundertmünzen“ aus Hannover präsentieren. Noch schöner sind sie nur im Museum August Kestner, Trammplatz 3, 30159 Hannover; Öffnungszeiten: Di-So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr, Mo geschlossen.
Die 14. Jahrhundertmünze:
8. Jahrhundert nach Christus
Pfennig, Silber, Fränkisches Reich, Lyon, Karl der Große, 771–790, Inv.-Nr. 1930.10
Die Pfennige Karls des Großen sind die ersten Münzen in unserer Münzgeschichte, die kein Bildmotiv zeigen, sondern lediglich beschriftet sind. Die Vorderseite nennt den König CAROLVS und die Rückseite die Prägestätte LUGDUN[UM], also Lyon.
Die Beschriftung ist ungewöhnlich und wirkt geradezu modern, indem die Buchstabengröße variiert, damit die Schrift über zwei Zeilen das Münzrund optimal ausfüllt: Das C auf der Vorderseite ist sehr klein, AR sind größer und miteinander verbunden (ligiert), während das O wiederum sehr klein danebensteht. LVS in der zweiten Zeile ist großgeschrieben und gut zu lesen. Auf der Rückseite wurde auf ähnliche Weise LUG/DUN in zwei Zeilen geschrieben.
Der Name Pfennig ist die deutsche Übersetzung des lateinischen Denars, also der altrömischen Silbermünze. Die Denare/Pfennige wurden im 8. Jahrhundert wieder verstärkt geprägt, nachdem in der Spätantike lange Zeit Gold als wichtigstes Münzmetall vorgeherrscht hat.
Zu den vielen Reformen Karls, die ihm den Beinamen „der Große“ und den Ruf eines idealen Herrschers einbrachten, gehörte auch eine Münzreform: Die Münzen sahen folglich immer gleich aus und waren einem einheitlichen Gewichtssystem unterworfen.
Karl und das Geld
Die besondere Beschriftung unserer Münze ist als frühe Stufe dieser in mehreren Schritten vollzogenen Münzreform zu betrachten. Ein Ziel der Maßnahme war offenbar die Vereinheitlichung der Geldstücke: Sie wurden in vielen Städten des Reiches geprägt und alle trugen in ähnlicher Schriftart den Namen CAROLVS auf der Vorderseite und den Namen der Prägestätte auf der Rückseite.
Auf ein Porträt Karls wurde zunächst verzichtet. Wohl erst nach der Kaiserkrönung im Jahr 800 erscheint ein Bildnis des Kaisers auf Münzen, die als „Sondermünzen“ ausgegeben wurden und nicht dem Zahlungsverkehr dienten.
Offenbar ließ Karl Höchstpreise auf bestimmte Waren festlegen. Diese sind überliefert und für uns heute eine wichtige Quelle zu Kaufkraft und Werten. Wir wissen daher, dass der Tageslohn eines Feldarbeiters bis zu einem Pfennig betrug und ein Huhn einen halben Pfennig kostete.
Trotz der Maßnahmen Karls zur Ordnung der Geldwirtschaft deckten die meisten Menschen im Fränkischen Reich ihre Bedarfe weiterhin durch Tauschwirtschaft.
Die hohe historische Wertschätzung Karls des Großen bis in die Neuzeit hinein verdeutlicht auch das Osnabrücker Domherrenkreuz aus dem 18. Jahrhundert in der Sammlung des Museum August Kestner. Es zeigt in der Mitte den fränkischen König als Heiligen mit Nimbus.
Anhänger „Domherrenkreuz“, Osnabrück, 1725–1735, Inv.-Nr. 3546))