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Michael Kurt Sonntag

Der Wein Maroneias war legendär


Maroneia wurde in der 1. Hälfte des 7. Jhs. v. Chr. von Chios an den südwestlichen Hängen des Ismaros gegründet. Ob der Name Maroneia auf den homerischen Maron, den Apollonpriester der thrakischen Stadt Ismaros, zurückgeht oder umgekehrt jener den seinen der Stadt verdankt, ist bis heute umstritten. Die bedeutendsten Erwerbszweige Maroneias waren Weinbau und Schafzucht und die wichtigsten Stadtgötter Apollon, Dionysos und Zeus. Vergegenwärtigt man sich, dass es der griechischen Mythologie zufolge der Gott Dionysos war, der die Menschen den Anbau und das Keltern von Wein lehrte, dann wird zum einen verständlich, weshalb die maroneiischen Thraker diesen Gott so sehr verehrten, und zum anderen nachvollziehbar, warum sie ausgerechnet Dionysos oder Trauben und Weinstock auf ihre Münzen setzten.

Maroneia: Stater im persischen Münzfuß (um 386–347 v. Chr.) mit Rebstock und vier prächtigen Weintrauben auf der Rs., Silber, 11,33 g, Ø (Höhe Vs.) 22,4 mm. Quelle: F. R. Künker, Auktion 71 (12. März 2002), Los 134

Maroneia: Tetradrachmon (um 148/46–80/79 v. Chr.) mit dem Kopf des Dionysos auf der Vs. und Dionysos mit großer Weintraube auf der Rs., Silber, 16,60 g, Ø (Höhe Vs.) 31,14 mm. Quelle: F. R. Künker, Auktion 101 (22. Juni 2005), Los 1020

Wie kostbar und hochgeschätzt der Wein aus Maroneia war, belegt die nachfolgende Stelle aus der Odyssee Homers besonders eindringlich: „Und einen Ziegenschlauch nahm ich [die Rede ist von Odysseus] voll schwarzen Weines, süßen, den mir Maron gegeben hatte, des Euanthes Sohn, der Priester des Apollon, der Ismaros schützend umwandelt, weil wir ihn beschirmt hatten mit seinem Sohne und seinem Weibe, ... Der [gemeint ist Maron] gab mir glänzende Gaben: gab mir sieben Pfunde gutgearbeiteten Goldes und gab mir einen Mischkrug ganz aus Silber und sodann einen Wein, den er einfüllte in zwölf Krüge insgesamt, süß, ungemischt, einen göttlichen Trank; und es wusste keiner von ihm unter den Knechten und Mägden im Hause, sondern nur er selbst und seine Gattin und die eine Beschließerin allein. Und wenn sie ihn trinken wollten, den honigsüßen roten Wein, so füllte er einen Becher auf zwanzig Maße Wasser und goss ein, und ein süßer Duft duftete von dem Mischkrug auf, ein göttlicher: da wäre dir, dich zu enthalten, nicht lieb gewesen.“ (Homer: Die Odyssee [übersetzt von Wolfgang Schadewaldt], Düsseldorf/Zürich 2001, IX 177 u. IX 238).

Übrigens, es war dieser schwere, unverdünnte, honigsüße, rote Wein aus Maroneia, von dem Odysseus und seine Gefährten dem einäugigen Kyklopen Polyphem in der Odyssee zu trinken gaben, um ihn total besoffen zu machen und ihn anschließend zu blenden.

Es war also letztlich kein Geringerer als Homer, der den Wein aus Maroneia bereits in der Antike zur Legende machte.


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