Seit April 2015 zeigt das Museum August Kestner in Hannover „Die Jahrhundertmünze“. Die Präsentationsreihe konzentriert sich – alle drei Monate wechselnd – immer auf eine Münze und beleuchtet ihren historischen Hintergrund. Verantwortliche Kuratorin ist Dr. Simone Vogt, der wir auch die Texte verdanken.
Nach vierzehn Jahrhunderten Münzgeschichte ist man in Hannover inzwischen im 8. Jahrhundert nach Chr. und bei Karl dem Großen (768–814) angekommen. Somit ist die erste Hälfte der Münzgeschichte seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. bis in unsere heutige Zeit durchlaufen. Das hat man im Museum August Kestner zum Anlass genommen, alle bisherigen Jahrhundertmünzen gleichzeitig bis 28. Oktober 2018 erneut zu zeigen und so Geschichte(n) anhand von Münzen zu erzählen.
Wir dürfen nun wöchentlich voranschreitend die bisher gezeigten „Jahrhundertmünzen“ aus Hannover hier präsentieren. Noch schöner sind sie nur im Museum August Kestner, Trammplatz 3, 30159 Hannover; Öffnungszeiten: Di-So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr, Mo geschlossen.
Die 2. Jahrhundertmünze:
5. Jahrhundert v. Chr.
Die so genannte attische „Eule“ ist der berühmteste Münztyp der Antike und dient als Vorbild für die Rückseite der heutigen griechischen 1-Euromünze (Abb. 2). Das 4-Drachmenstück aus Silber wurde in dem Stadtstaat Athen geprägt und bildet auf der Vorderseite den Kopf der Göttin Athena und auf der Rückseite ihr Begleittier, die Eule, ab.
Der Ausdruck „Eulen nach Athen tragen“ ist allgemein bekannt. Er stammt aus einer Komödie des Aristophanes (ca. 450–380 v. Chr.) und meint „etwas Überflüssiges tun“, nämlich Münzen in das reiche Athen tragen.
Athena galt als kluge, aber auch kriegerische Göttin, daher trägt sie einen Helm. Die Olivenblätter am Helm und auf der Rückseite verweisen zudem auf ihr Geschenk an die Stadt Athen: Laut griechischem Mythos stritt sie sich mit dem Meeresgott Poseidon um das attische Land. Während Poseidon der Stadt eine (Salzwasser-) Quelle schenkte, gab Athena den Ölbaum und somit das Holz, die Früchte und das Öl, was den Athenern Reichtum verschaffte. Athena wurde dadurch namengebende Schutzgöttin der Stadt.
Die Eule auf der Rückseite galt den Griechen als besonders weises Tier, das die ebenso weise Athena stets begleitete. In der Ilias des Homer wird Athena zudem als eulenäugig beschrieben.
Die griechischen Buchstaben ΑΘΕ sind die Abkürzung für „(Münze der) Athener“. Daran lässt sich erkennen, dass die Griechen ihre Stadtstaaten
Tetradrachme der Stadt Athen, Silber, 479-393 v. Chr.
Av.: Kopf der Athena mit attischem Helm, welcher mit drei Olivenblättern verziert ist.
Rv.: Eule, Olivenblätter oben links, ΑΘΕ.
Museum August Kestner, Inv.-Nr. 1911.197
Die erste Weltwährung
In den etwa 100 Jahren seit Prägung der ersten Münzen bis zur Einführung der attischen Tetradrachme hatte sich das Münzprägewesen nahezu in der gesamten Mittelmeerwelt verbreitet. Vermutlich prägten die Athener die ersten „Eulen“, als sie ab 511/10 v. Chr. die Demokratie einführten, und behielten diesen Münztyp über 300 Jahre lang bei.
Im 5. Jahrhundert v. Chr. spielten Münzen eine herausragende Rolle in machtpolitischen Auseinandersetzungen: Athen war zu dieser Zeit Handels- und unangefochtene Großmacht. Dies verdankte die Stadt dem endgültigen Sieg der griechischen Stadtstaaten gegen die Perser in den Kriegen 480/479 v. Chr. und der Gründung eines militärischen Schutzbündnisses unter der Leitung Athens. Zudem verfügte die Stadt über große Silbervorkommen im südlichen Attika (Laurion).
Die attischen Münzen fanden daher als Leitwährung sehr weite Verbreitung im Mittelmeerraum und wurden von vielen Städten imitiert. Athen zwang gegen Ende des 5. Jahrhunderts sogar seine Bündnispartner, nur noch die attische Währung zu verwenden.
Über Wert und Kaufkraft der Münzen sind vereinzelte Aussagen überliefert. Eine attische Tetradrachme entsprach ungefähr einem Wochenlohn. Man konnte etwa einen Scheffel Getreide (ca. 52 Liter) oder ein Paar Schuhe davon kaufen. Für kleinere Ausgaben standen 1-Drachmenstücke oder Obolen (1 Drachme = 6 Obolen) zur Verfügung. Sie stehen in einem festen Gewichtsverhältnis zueinander: Eine Tetradrachme wiegt etwa 17 g, eine Drachme ein Viertel davon, also ungefähr 4,3 g, und ein Obol 0,73 g.
Rückseite der griechischen 1-Euromünze