Peter H. Wilson, Der Dreißigjährige Krieg. Eine europäische Tragödie.
1160 Seiten, 40 farbige Abbildungen, 27 schwarz-weiß Karten, 8 Tabellen, Format 16,1 cm x 23,6 cm, Hardcover mit Schutzumschlag, Theiss Verlag (Imprint der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft), Darmstadt 2017, Preis 49,95 Euro.
ISBN: 978-3-8062-3628-6.
In diesem Jahr jährt sich der Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) zum 400. Mal. Zahlreiche Buch-Publikationen erscheinen aus diesem Anlass. Das große Werk des britischen Historikers Peter H. Wilson, Professor an der Universität Oxford, sticht hier – nicht nur aufgrund der großen Seitenzahl – erfreulich hervor. Ganz in der Tradition der angelsächsischen Geschichts-Erzählung stehend, bietet der Autor eine Gesamtdarstellung des Kriegsgeschehens an. Im Vorwort weist Wilson darauf hin, dass es über den Dreißigjährigen Krieg zwar zahlreiche Detail-Untersuchungen und Studien, sowie auch einige Gesamtdarstellungen gibt. Letztere konzentrieren sich jedoch auf den Beginn des Krieges (Prager Fenstersturz), berühmte Persönlichkeiten wie Wallenstein und schließlich den Westfälischen Frieden. So kommt es oftmals dazu, dass gerade die letzten 10–13 Jahre des Krieges etwas gerafft dargestellt werden. Diesen Umstand bemängelt Wilson zu recht und versucht dies durch eine ausgewogene Darstellung des gesamten Kriegsgeschehens auszugleichen, was ihm gelungen ist. Erfrischend ist die chronologische und weitgehend unvoreingenommen-ideologiefreie Herangehensweise des britischen Historikers. Etwa 340 Seiten werden auf die Vorgeschichte des Krieges verwandt, was gut die historischen Zusammenhänge im Vorfeld der "europäischen Tragödie" verstehen lässt. Hierbei wird insbesondere auf die verschiedenen Interessen der internationalen Staaten (Heiliges Römisches Reich deutscher Nation, Spanien, Frankreich, Schweden, Polen, Dänemark) angespielt und diese werden erläutert. Wilson entwickelt dabei eine dreiteilige Prämisse über das Verständnis des Dreißigjährigen Krieges: a) es genügt nicht, die Ursachen des Krieges auf ein oder zwei Punkte zu reduzieren; vielmehr muss man sich der Komplexität der Gründe, Ursachen und Wirkungen im Vorfeld gewahr werden; b) der Dreißigjährige Krieg war nicht in erster Linie ein Religionskrieg, er war nur insofern ein Religionskrieg, als der Glaube in der frühen Neuzeit das leitende Prinzip in allen Bereichen öffentlichen oder privaten Handelns lieferte. Um den tatsächlichen Zusammenhang zwischen dem militärischen Konflikt und den theologischen Streitigkeiten innerhalb des Christentums zu verstehen, müssen wir zwischen militanten und gemäßigten Gläubigen unterscheiden und c) der Dreißigjährige Krieg war nicht unvermeidlich. Auf Basis dieser Thesen entwirft Wilson dann auf den folgenden 500 Seiten ein Panorama der Kriegshandlungen, welches sich durch zahlreiche Detailkenntnisse und Informationen zu den einzelnen Heeren auszeichnet. Wilson hat ein überzeugendes und im besten Sinne lehrreiches Geschichtswerk vorgelegt, welches dazu anregt, über die Komplexität der europäischen Geschichte nachzudenken und dem viele Leser zu wünschen sind.